Greifenstein (Blankenburger Schloss)
Die Ruine ist vom Tal aus kaum zu bemerken, indem die sie umragenden Bäume das niedrige Gemäuer größtenteils verdecken. Durch eine Seitenstraße aber, die vom Markt des Städtchens ausläuft, führt
in Stufenpfad auf ein Plateau ("Esplanade"), wo im Sommer Einheimische und Fremde an schönen Abenden sich zusammenfinden. Von da am neuerbauten Hause des Badearztes Dr. Sigismund vorbei, in
welchem Sommerwohnungen für Fremde (mit herrlicher Aussicht) eingerichtet sind. Hinter demselben führt ein naher, aber beschwerlicher Weg geradeaus zum steilen Berg hinauf (20 min). Bequemer,
aber nicht fahrbar, ist der Burgweg (30 min), der im Halbkreis um die Süd- und Westseite des Berges, teilweise durch schönen Buchenwald, sich emporwindet. Der 500 Fuß über die Talsohle und 1247
Fuß über die Meereshöhe ragende Kalkberg, teils mit Buchenwaldung, teils mit Obstpflanzungen, Feldfrüchten und wildem Gestrüpp (sonst mit Rebenpflanzungen und Lavendelsaaten) bedeckt, ist für
Botaniker und Geognosten von hohem Interesse, indem hier viele seltene
Pflanzen wachsen und im nahen Steingraben (hinter der Burgruine) schöne Versteinerungen und Inkrustate zu finden sind. An der Westseite des Hochplateaus tritt man durch das verfallene, rundbogige
Haupttor auf den Hof der stattlichen Veste, die Frau v. Maltitz mit den Worten schildert:
"Hoch schwindelnd, gleich trotzigem Adlerhorst
Aus düsterm Forst,
So dräut, aus wildem Gestrüppe,
Vom schroffen Rand
Der Felsenwand
Die Blankenburg jäh ins Geklippe."
Die großartigen, obwohl aus der Ferne wenig imponierenden Trümmer der stolzen Veste, die als eine der ältesten und schönsten des Thüringer Waldes gilt, bedecken, von malerischem Gebüsch
durchwuchert, den ganzen Scheitel des umfangreichen Bergkopfes, sodass man von einer Umfassungsmauer bis zur anderen 400 Schritte zählt. Obgleich jetzt nur ein gewaltiger Trümmerhaufen, nachdem
auch die schönste Zier, ein kolossaler Turm, 1800 zusammenstürzte, unterscheidet man doch noch die doppelten Ringmauern und die tiefen Gräben, womit die Burg befestigt war. Sie scheint aus drei
Abteilungen bestanden zu haben, die terrassenförmig übereinander sich erhoben, sodass, wenn die eine Abteilung erobert war, die Besatzung in eine andere sich zurückziehen konnte. Daher steigt man
auch jetzt noch auf verfallenen Treppenstufen zwischen den Ruinen auf und nieder. Zuerst der Gottesacker, dann erster Wall mit ehemaliger Zugbrücke, Vorhof, Stallungen, Turnierplatz; hierauf
zweiter Wall mit Zugbrücke zur Hauptburg. Der schönste Rest des Schlosses ist der gotische Chorbogen der Kapelle, neben dem ein Erkerfenster ein prächtiges Landschaftsbild umrahmt. Nahe dem
eingestürzten Bergfried, im östlichen Winkel der ehemaligen Kemnate, ein restauriertes Zimmer, worin einfache Erfrischungen geboten werden. Interessanter, als die Bilder, welche das Gemach
schmücken, ist die lachende Aussicht auf Blankenburg und in die reizenden Täler der Saale und Schwarza, ja bis zu den fernen Häuptern des Thüringer Waldes (Kickelhahn und Schneekopf).
Unvergleichlich schön ein Mondscheinabend auf der Ruine.
Geschichtliches: Im Jahr 1137 wird der Burg zum ersten Male, als einer Besatzung des Grafen Sizzo von Schwarzenburg urkundlich gedacht und damals "Greifenstein" genannt, obwohl später dieser Name
in "Blankenburg" überging. Als sich bald darauf die Grafen von Schwarzenburg in zwei Linien teilten, wählte die eine ("Herren zu Blankenburg") den Greifenstein zum Wohnsitz. Aus dieser Linie
stammte der ritterliche Graf Günter XXI. (geboren auf Schloss Blankenburg 1304), dessen Bildnis im restaurierten Schlossgemach zu sehen ist. Zum deutschen Kaiser erwählt (1349), konnte er sich
gegen die Ränke Karl IV. nicht behaupten und starb noch in demselben Jahr zu Frankfurt am Main, vielleicht durch Gift. Bis 1407 ward die Burg von einzelnen Gliedern der gräflichen Linie
abwechselnd bewohnt und dann mit Amtsleuten besetzt, bis 1560 der stolze Bau allmählich verfiel.
Quelle: "Thüringen" von Heinrich Schwerdt, Alexander Ziegler, Hildburghausen, 1871.