Das Wurfkreuz

Das Wurfkreuz - Mittelalter und Neuzeit

Das Wurfkreuz (Throwing cross)

In einigen deutschen historischen Schriftstücken wird auch von "cruces" gesprochen. Das hier abgebildete Exemplar stammt aus dem 15. bis 17. Jhd. wohl aus Deutschland.

Wurfkreuze gehörten damals in Teilen des deutschsprachigen Raums zur gängigen Waffe eines Bauern oder Bürgers, sodass auf sie manche Verbote lasteten. Aufgrund von übermäßigem Weinhandel und alltäglichen Streitereien, durften in einigen Städten keine Waffen, auch nicht versteckt unter Röcken und Plunderhosen, mit sich geführt werden.

 

1568 wurde in Iglau in Mähren das Tragen von "Gewehren, Schwertern, Dolchen, Flegeln, Hämmern, Büchsen, bleierne oder eiserne Kugeln, Wurfkreuz, Hacken u.a." verboten.1 Auch in der "Monumenta Germaniae paedagogica" von 1889 wird ein studentisches Verbot veröffentlicht, das das Tragen von "Schwert, Messer, Tysäcken, Hessen(?), Dolchen, Bleykugel, Wurfkreuz, Barten, Flegel (...)" den Studierenden verbot. Die Strafen waren nicht unerheblich, da Todesfälle durch Morde unter Alkoholeinwirkung und alltägliche Blutrachen im Mittelalter und in der beginnenden Neuzeit sehr häufig vorkamen. "Bei gefährlicher Widersetzung und zwar durch Drohen mit Waffen (Büchse, Wurfkreuz, Wurfkugeln, Beil), erfolgte peinliche Auflagen, Stellung ins Halseisen und - bei geladener Büchse - Streichen mit Ruthen [das Auspeitschen mit langen Stöcken]", laut der württembergischen Landesordnung von 1588.2

Im Buch von Natalie Krentz "Ritualwandel und Deutungshoheit: Die frühe Reformation in der Residenzstadt Wittenberg (1500-1533)" wird ein Mord am Rektor der Universität zu Wittenberg berichtet. Demnach soll ein Balthasar Fabri aus Gleichanderwyssen am 3. Oktober 1521 nach seinem Ausschluss heimlich nach Wittenberg zurückgekehrt sein, "um sich an Ulrich Erbar, dem Rektor der Universität zu rächen, und erschlug diesen mit einem eisernen Wurfkreuz. Der Stadtrichter konnte den geflüchteten Fabri einholen und so wurde dieser am 21. Oktober auf dem Wittenberger Marktplatz hingerichtet."3 Er wurde öffentlich enthauptet.

 

1. Quelle:
Geschichte und Beschreibung der (königlichen Kreis-) und Bergstadt Iglau in Mähren von Christian d' Elvert 1850.

2. Quelle:
Das Jagdwesen in Württemberg unter den Herzogen von Rudolph Franz Joseph Fidel Frh. von Wagner 1876.

3. Quelle:
Ritualwandel und Deutungshoheit: Die frühe Reformation in der Residenzstadt Wittenberg (1500-1533) von Natalie Krentz, 2014 Mohr Siebeck Tübingen

 

Die Bilder wurden uns vom Sammler Stephen Müller aus München zur Verfügung gestellt. Hierfür unseren besonderen Dank und liebe Grüße nach München!

Wurfkreuz Detailansicht mit Gravuren
Detailansicht Wurfkreuz untere Längsachse mit Verzierungen in Zackenlinien - typisch für Wurfkreuze.
Zweite Detailansicht der Querachse Wurfkreuz
An jeder Seite der Achse sind diese Verzierungen in Zackenlinien zu erkennen.

Das Wurfkreuz wurde allerdings nicht nur als Wurfwaffe verwendet, sondern auch als Schlagwaffe (wie der Fall Balthasar Fabri zeigt) benutzt. So versuchte der Täter, indem er das Kreuz mit einer Hand in der Mitte festhielt, mit einer Kreuzspitze den Kopf des Opfers einzuschlagen oder den Hals zu durchbohren (siehe Bilder nachfolgend).

 

Wir von Barbarusbooks vermuten, dass das Wurfkreuz, auch wenn dieser Name seine Bestimmung schon verrät, nicht häufiger geworfen als im Nahkampf benutzt wurde. Denn im Nahkampf kann es größere und schwerwiegendere Wunden erzeugen, als wenn es nur geworfen und im schlimmsten Fall für den Nutzer, vom Gegner abgefangen und wiederverwendet wurde. Viele Fallberichte bezeugen unsere Vermutung, dass es mehr als Schlagwaffe verwendet wurde.

 

In anderen Büchern wird es aber klar als Wurfwaffe bezeichnet. Das Wurfkreuz ist dem "englischen Pfeil", dem kurzen Wurfspeer, und dem Wurfbeil in der Funktion ähnlich. Es sollte den Gegner treffen und tiefe, stark blutende Wunden zufügen. Auch Knochen- und Schädelbrüche können damit verursacht werden.

Wurfkreuz als Schlagwaffe denn als Distanzwaffe
Wurfkreuz als Schlagwaffe. Dabei umklammert der Täter die Achsen des Kreuzes, um mit den überragenden Enden zuzustechen oder in Weichstellen des Gegners zu rammen.
Wurfkreuz - eine Hand umfasst die Achse zum Hauen und Stechen
Andere Haltung der Hand. Dabei können die kurzen wie auch das lange Ende des Kreuzes zum Stechen und Schlagen verwendet werden.

 

 

 

Buchtipp: Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses - Waffensammlung, ISBN: 978-3-746750-60-6,  16,95 Euro