Im Herbst des Jahres 1884 und im Winter bis in das Frühjahr 1885 herein, sooft die Witterung das Arbeiten in der Erde zuließ, deckte der Antiquar Jakob Schmitz in Andernach ein Leichenfeld bei Mertloch, unweit Polch auf dem Maifeld in der preußischen Rheinprovinz, auf und brachte eine große Zahl höchst interessanter Fundstücke zutage, aus denen hervorging, dass das Leichenfeld, wenn auch einige wenige ältere Grabbeigaben sich dort befanden, der karolingischen Zeit angehörte. Es gelang so ziemlich, die ganze Ausbeute des Grabfeldes, wie sie nach und nach zutage kam, insbesondere herrliche Schmuckstücke, Arbeiten aus Gold und Silber, für das Germanische Museum zu erwerben. Neben diesen Arbeiten aus edlen Metallen befanden sich dabei eine Anzahl eiserner Gürtelschnallen und sonstiger Schmuckstücke, die mit Silber und Gold tauschiert waren, sowie einige Bronzen von diesen Schmuckstücken soll hier die Rede sein.
Die schönsten Stücke sind Fibeln; sie seien hier deshalb zunächst beschrieben. Die größte von allen ist die, deren Scheibe in Fig. 1 abgebildet ist. Sie besteht aus einer Unterlegplatte in Gestalt eines Sechzehnpasses aus etwa 1 mm starkem Bronzeblech, auf welche ringsum ein Bronzerand von gegen 1 cm Höhe aus ähnlich starkem Blech aufgestellt ist, sodass eine Art flacher Schachtel sich bildet, die mit einer wachsartigen Masse ausgefüllt und oben mit einer sehr dünnen Goldplatte belegt ist. Diese hat einen Durchmesser von 7,5 cm und trägt reichen Schmuck. In der Mitte befindet sich in breiter Goldfassung ein ovaler, flachrund geschliffener, großer Schalengranat, um welchen 16 Steine von verschiedener Farbe einen Kranz bildeten, von denen vier rundgeschliffen, die übrigen flach waren.
Es sind jedoch nur mehr zwei Smaragde1 sowie ein Almandin erhalten geblieben. Von diesem hoch heraustretenden ovalen Mittelstücke gehen, ein Kreuz bildend, vier nur ganz wenig flach herausgetriebene, vorn gerundete Strahlen aus, während vier andere, ein über Diagonale gestelltes Kreuz bildend, in eigentümlich gegliederter, an die Puppe eines Nachtschmetterlings erinnernder Gestalt hochrund aus dem dünnen Goldbleche herausgetrieben sind. Diese acht Strahlen entsprechen acht Rundungen des Sechzehnpasses. In den übrigen acht dazwischen liegenden Flächen sind je zwei Steine eingesetzt, und zwar, wechselnd in vier Feldern, je ein quadratischer, ganz flach geschliffener Smaragd und ein runder, etwas kugelig geschliffener Saphir in breiter, kapselartiger Goldfassung, in den andern vier Feldern je ein größerer, runder Stein, die jetzt sämtlich fehlen2, darunter ein dreiseitiger, flachgeschliffener Rubin oder Almandin. Die Form der vier erstgenannten flachen Strahlen, sowie der gesamte Goldbezug der Fläche, sind mit gewundenen starken Goldfäden umzogen; auf den vier Strahlen selbst, sowie auf der ganzen Fläche des Grundes sind aus etwas schwächerem Goldfaden ring- und S förmige Einzelfiguren aufgelötet. Obwohl nicht ganz regelmäßig ausgeführt, ist das Stück insbesondere durch die kräftig herausstehenden Kapseln und die leuchtenden Farben der Edelsteine von vorzüglicher Wirkung.
Ähnlich, vorzüglich in der Wirkung, sind zwei andere Fibeln, von denen die Schmuckseite der einen in Fig. 2 abgebildet ist. Sie haben die Form eines Quadrates mit vier angesetzten Halbkreisen (sog. Ostereiern); auch bei ihnen bildet eine starke Bronzeplatte die Grundlage, von der sich, leicht konisch verjüngt, der gegen 1 cm starke Körper erhebt; die Randumfassung des Körpers ist jedoch bei beiden aus Goldblech, das wohl die herabgebogene Fortsetzung des dünnen Bleches der Schmuckseite bildet. Wie bei der vorigen die Mitte von einem eigenen, stark hervortretenden Schmuckstück eingenommen ist, so auch hier. Ein flachrund geschliffener Schalengranat bildet, kreisrund, die Mitte; um ihn legt sich eine schräg nach außen geneigte Fläche, auf welche acht S-förmige Figuren aus Filigrandraht aufgelötet sind, um diese sodann ein Kreis von kleinen, kreisrunden Kapseln, in denen kleine Steinchen oder wahrscheinlich eine Email-Füllung sich befanden. Die vier Ecken des Quadrates sind mit quadratischen Smaragden besetzt, die nicht eben, sondern flach zylindrisch geschliffen sind. Es macht den Eindruck, als ob sie früher andere Verwendung gehabt und trotz ihres zylindrischen Schliffes hier Verwendung gefunden haben. Zwischen diesen und dem Mittelschild stehen runde, halbkugelig geschliffene Saphire. In den vier Halbkreisen sind kreisrunde Kapseln, die mit opaker, weißer, jetzt teilweise stark beschädigter Email-Füllung versehen sind. In der Mitte jeder weißen Email-Fläche befand sich ehemals, von dünner Goldfassung umsäumt, ein kleiner runder Almandin. Je drei dreieckige Almandine umgeben die weiße Email-Fläche. Hinter jeder solchen sind noch zwei kleine runde Käpselchen vorhanden meist stark zerdrückt, deren Stein- oder Emailfüllung fehlt.
Ein stärkerer, gewundener Golddraht umzieht die ganze Schildfläche; der Grund ist durch aufgelötete Verzierungen von schwächeren Filigranfäden belebt. Die Wirkung des Goldes, der Steine und des Emailrestes, sodann der mit Filigran belebten Flächen ist heute trotz mancher Beschädigungen noch eine vorzügliche und muss ehedem überaus glänzend gewesen sein. Die karolingischen Goldschmiede kannten, wie hier ersichtlich, alle jene Elemente, aus denen sich die so glänzende Goldschmiedekunst des 12. und 13. Jahrhunderts aufbaute. Die obere Fläche der Zierscheibe dieser beiden Fibeln hat 6,5 cm, die Unterlegplatte 7 cm Durchmesser.
Die nicht abgebildete dritte Fibel ist die er zweiten fast gleich; nur ist die Ausführung etwas weniger zierlich, dagegen sind die Steine in Form eines Kreuzes angeordnet, woraus wieder eine ganz eigene Wirkung sich ergibt.
Die vierte Fibel hat dieselbe Grundform wie diese beiden letztgenannten, ist jedoch wesentlich kleiner. Ihre Zierscheibe hat nur 3,75 cm Durchmesser; sie ist in Fig. 3 abgebildet. Ein runder Saphir in der Mitte, quadratische Smaragde, von denen jedoch einer ausgebrochen ist, in den Ecken, vier runde Kapseln in den Halbkreisen, die wohl mit Email ausgefüllt waren, kommen, stark hervortretend, allein zur Geltung, während der Grund zwischen denselben zwar mit einzelnen Filigranzügen bedeckt ist, die jedoch kaum zur Erscheinung und jedenfalls nicht zur Wirkung kommen.
1 Anmerkung. Eine nähere Untersuchung wird vielleicht zeigen, dass die Steine nur zum Teil Edelsteine, d. h. seltene harte Steine sind, teilweise aber Glasflüsse, die man ja damals ebenso hoch schätzte. Jedenfalls war nicht die Seltenheit noch der materielle Wert damals für die Auswahl bei Schmuckstücken maßgebend, sondern nur die Farbe und das Verhältnis der verschiedenen Steine zueinander in Bezug auf Form und Größe. Da diese bei Glasflüssen im Belieben des Herstellers lagen, so ist es natürlich, dass man Glasflüsse mit Vorliebe verwendete, und wir wollen nicht ausschließen, dass Gläser verwendet sind, wo wir von Steinen sprechen.
2Spuren mattgrüner Masse machen es wahrscheinlich, dass hier keine Steine sich befanden, sondern eine opake, grüne Emailmasse eingeschmolzen war, die in trefflichem Kontrast zum Glanz der Smaragde gestanden.
Die fünfte bis achte dieser Fibeln haben runde Zierscheiben, in deren Mitte ein halbkugelförmig geschliffener Saphir oder Granat in breiter Goldfassung sich befindet, um welchen sehr stark aus dem Grund herausgetriebene, perlenartige Buckeln aus Gold einen Kranz bilden. Dieses energische Heraustreten des Goldes neben der geringen Verwendung der Farbe in den kleinen Saphiren, die von breitem Goldrand umgeben sind, gibt wieder einen eigentümlichen Charakter. Auch sind die Körper der Fibeln niedriger, als die der bisher genannten.
Wir haben in Fig. 4 die Zierscheibe einer dieser Fibeln abgebildet. Die Gestalt eines sechseckigen Sternes, mit Filigranschmuck besetzt, hat die neunte Fibel, deren Gold, wohl durch starke Legierung mit Silber, fast weiß ist und nur noch einen leicht gelblichen Schimmer hat. Eine Bronzeplatte bildet auch hier die Grundlage; die Seitenwände, nach oben verjüngt, scheinen mit der Zierplatte aus einem Stück Blech zu bestehen. Der so hergestellte hohle Körper ist wohl mit Wachs ausgegossen und mit sechs Nägeln, die goldene Perlen als Köpfe haben, auf die Basis befestigt (Fig. 5).
Sehr schön lässt die zehnte Fibel, deren Zierscheibe in Fig. 6 abgebildet ist, die Technik dieser karolingischen Goldschmiedearbeiten ersehen. Mit der Scheibe zusammen ist der konische Körperrand aus einem Stück gearbeitet. Es ist auch hier das Goldblech so dünn, dass es mit der fortgeschrittensten modernen Fabrikarbeit konkurrieren kann. Man kann deutlich sehen, dass es über einen harten, wohl hölzernen, Kern geschlagen ist. Die Falten, die sich durch das Herunterbiegen des Randes ergeben haben, sind nicht einmal vollständig ausgeglättet. Offenbar so lange das Stück noch auf dem Kern saß, sind die Filigran-Fäden sowie die hoch heraustretende Kapsel für den kleinen, halbkugelförmig geschliffenen Granatstein in der Mitte aufgelötet. Dann erst kann das Stück vom Kern losgelöst worden sein, wurde mit Wachs ausgegossen und mit vier Nägeln auf die Bronzeplatte befestigt. Die Köpfchen der Nägel, wohl auch perlrund, sind indessen sämtlich abgesprungen, und so hat sich das goldene Zierstück wieder von der Bronzeplatte gelöst. Die Füllmasse war auch verlorengegangen und das dünne Zierstück von der Unterlegplatte getrennt zu uns gekommen, wodurch sich die Möglichkeit genauer Untersuchung bietet, da wir natürlich dasselbe nur leicht und provisorisch wieder befestigt haben. Der Durchmesser beträgt 2,9 cm.
Die kleine Fibel, die elfte, deren Zierplatte in Fig. 7 abgebildet ist, unterscheidet sich von allen vorhergehenden dadurch, dass auf der bronzenen Unterlegplatte kein kastenförmiger Körper aufgesetzt ist, sondern das dünne Goldplättchen wie ein Überzug unmittelbar auf derselben liegt. Die Verzierung ist ausschließlich durch Filigran bewirkt. In dem Rand, wo kugelförmige Körnchen von gedrehten Goldfäden umgeben sind, können wir wohl den Vorläufer des Körnerfiligran finden, dessen Verwendung im 18. Jahrhundert den Goldschmiedearbeiten jener Zeit solch hohen Reiz verleiht.
Fig. 8 gibt die Zierscheibe einer zwölften Fibel wieder, die aus dünnem Gold gepresst und ringsum durch einen Reif aus dünnem Silberblech, aus welchem Perlen herausgetrieben sind, auf die Bronzeplatte befestigt ist.
Von der dreizehnten Fibel ist nur das Schmuckplättchen erhalten geblieben. Fig. 9 gibt die Abbildung des dünnen Goldplättchens, dessen Verzierung ebenfalls durch Prägung hergestellt ist, die in ähnlicher Weise bewirkt worden ein muss, wie jene der Brakteaten des 12. und 13. Jahrhunderts; die Prägung ist nur flach. Höher tritt ein Perlenkranz heraus, der, aus einem schmalen Streifen dünnen Silberblech geprägt, auf dem Rand des Plättchens aufgelötet (?) ist. Ein ähnliches goldenes Plättchen, einer vierzehnten Fibel angehörig, lässt kaum die Pressung mehr erkennen; wir haben daher von der Abbildung desselben abgesehen, ebenso von der des Plättchens einer fünfzehnten Fibel, das, noch auf die Bronzeplatte mit dem silbernen Perlenrand befestigt, einen sehr barbarisch gebildeten Kopf mit Umschrift zeigt. Bei dem großen Interesse, welche diese Goldbrakteaten haben, wird demselben - hoffentlich gelingt es, die Inschrift festzustellen - eine eigene Besprechung gewidmet werden.
Ähnlich hergestellt ist eine sechzehnte Fibel, deren gepresste oder geprägte Belegplättchen aus Silber besteht und vergoldet ist; nur der ebenfalls, wie bei den beiden goldenen, besonders aufgelegte silberne Perlenring ist nicht vergoldet (Fig. 10).
Bei einer siebzehnten ähnlichen Fibel ist auch das silberne, gepresste Belegplättchen nicht vergoldet, dagegen an derselben noch ein bronzenes Kettchen erhalten, an welchem in ovaler in Silber gefasster Stein, den sogenannten Pazeln der Renaissance Periode ähnlich, herabhängt.
Wir haben sodann etwa ein Dutzend silberne Fibeln erhalten, deren Silber freilich sehr stark legiert sein muss, da sie fast wie Bronze oxidiert sind. Wir bilden nur eine derselben in Fig. 11 ab. Sie sind von 4 cm bis 1,5 cm lang, also teilweise von ganz auffälliger Kleinheit, alle aber nur Varianten. Teilweise ist der die beiden Kreise verbindende Bügel stärker, teilweise dünner, teilweise rund, kantig oder breit gebildet; in die Plättchen sind teilweise Ringchen mit einer Bunze eingeschlagen, teilweise sind die Plättchen trapezförmig.
Dann befindet sich eine Anzahl bronzener Fibeln dabei. Eine kreisrunde, ziemlich kleine, ist ganz ähnlich wie die goldenen gebildet, indem aus dünnem Bronzeblech ein Zierplättchen gepresst und auf eine Unterlage aus stärkerem Bronzeblech befestigt ist. Wir bilden diese in Fig. 12 ab. Dagegen sehen wir von Abbildung mehrerer anderer ab, die ähnlich gebildet sind, bei denen teilweise das bronzene Zierplättchen so dünn ist, dass man die Sparsamkeit, mit welcher das so wenig wertvolle Metall verwendet ist, nur damit erklären kann, dass die Prägetechnik leichter dünnes als starkes Metall behandelte. Zwei andere der bronzenen Fibeln seien jedoch hier erwähnt und abgebildet. Eine gegossene, mit Liniengravierung verzierte hat die Gestalt eine Kreuzes (Fig. 13).
Die Abbildung· Fig. 14 gibt eine sehr eigentümlich gebildete, aus Bronze gegossene Fibel, welche die Gestalt einer Gürtelzunge hat, jedoch tatsächlich querliegend als Fibel Verwendung gefunden hatte, wie die Reste der eisernen Nadel und die bronzenen Öhre auf der Rückseite deutlich ersehen lassen. Ist nun auch noch eine andere Fibel aus Bronze gegossen da, welche die Gestalt einer Riemenzunge hat, so zeigt die gegenwärtige doch in den Formen der Ornamentik keinerlei Verwandtschaft mit irgendwelchen karolingischen Arbeiten. Ornamentzüge, die an römische Arbeiten, sowie an spätorientalische erinnern, sind schmal in der Oberfläche stehen geblieben, die von jeder Ornamentlinie aus schräge, kastenartige Vertiefungen hat, ähnlich den Kerbschnittornamenten an Holzgeräten, die sich im Norden von der germanischen Periode bis in das 19. Jahrhundert erhalten haben. Die kleinen runden Vertiefungen sind mit Almandinen und anderen Steinen oder Glasflüssen besetzt.
Aus Eisen ist die sehr schöne Zierscheibe einer runden Fibel gebildet, die gleich den aus edlen Metallen hergestellten auf eine Grundlage von Bronze befestigt ist. Sie ist durch eingeschlagene Silberfäden verziert, hat in der Mitte einen jetzt rohen Knopf, der ohne Zweifel ehedem von einer Masse umgeben und von einem Silberplättchen überzogen war. Um den Knopf legt sich ein Kränzchen von Perlfiligran (Fig. 15).
Als überaus selten und besonders merkwürdig dürfen wir auf eine Fibel aus Glas, eine Kameenimitation, hinweisen, die auch noch gesonderte Besprechung finden soll.
So groß die Zahl der Fibeln war - im Ganzen sind etwa 30 in das Germanische Museum gekommen - so gering die Zahl der Armringe, die also wohl schon in karolingischer Zeit außer Gebrauch gekommen waren. Nur drei massiv bronzene sind zu uns gekommen, sowie ein aus flachem Silber- oder Bronzeblech getriebener, mit Scharnieren und gereifter Verzierung. Kleinere Bronzeringe von 4 bis 1,5 cm Durchmesser fanden sich mehrere. Dagegen fand sich eine große Zahl von Ketten, teils einfach bronzene, teils aus Perlen aus Glas, Edelsteinimitationen, Bernstein u. a. vor; ebenso fanden sich Nadeln aus Bronze und Silber (Fig. 16 und 17), zum Teil mit kugeligen Knöpfen, die aus Goldblech gepresst und aus zwei Hälften sorgfältig verbunden sind.
Eine Reihe silberner Ohrringe, meist einfache Ringe verschiedener Größe, von Draht, teilweise dünn, teilweise stärker, teilweise mit Knöpfen verziert, fand sich vor. Die größten haben einen Durchmesser von 6 cm. Besonders schön sind einzelne mit Silberfiligrankörperchen geschmückte.
Auch an Fingerringen ergab sich eine beträchtliche Ausbeute. Goldene sind uns indessen nicht zu Gesicht gekommen, wohl aber silberne. Der in Fig. 18 abgebildete besteht aus einer einfachen runden Platte, die ohne Verzierung, bloß von drei Perlenreihen aus Silber umrahmt ist, welche wieder für die Entwicklung der Filigranverzierung von Bedeutung sind. Der Reifen aus starkem Silber endet, beiderseits plattgeschlagen, in zwei Schnörkel, die an die Platte angelötet sind. Der in Fig. 19 abgebildete Ring ist sehr stark abgetragen. Ein kleines Plättchen lässt eine eingravierte Vogelgestalt erkennen.
Der in Fig. 20 abgebildete ist ein flacher Reif, der mit Gravierungen geschmückt ist. Der zierlichste der Ringe, Fig. 21, hat eine quadratische Platte, deren Mitte von einem opaken, licht meergrünen Stein eingenommen wird, um welchen 16 kleine kugelförmige Saphire sich reihen. Der Reif selbst ist durch Filigran gebildet. Neben silbernen finden sich auch Bronzeringe vor, welche den silbernen ganz ähnlich sind.
Unter den übrigen Schmuckgegenständen finden sich Gürtelschnallen und Belegplatten, sowie Gürtelzungen aus Bronze, Silber und aus Eisen, die mit reichen, tauschierten Verzierungen aus Gold und Silber bedeckt sind, während die silbernen und bronzenen sehr klein sind und Gürteln angehören, die von 0,5 bis höchstens 1,5 cm Breite hatten, sind die tauschierten, eisernen groß. Die Gürtel dürften bis 6 und 7 cm Breite gehabt haben. Ein eiserner Gürtelbeschlag aus einem Frauengrab hat die ganz außergewöhnliche Länge von 0,39 cm und ein Gewicht von 0,74 kg.
Zopfartige Flechten, teils aus Silber-, teils aus Goldfäden gebildet, sind in das Eisen eingeschlagen. Der Maßstab der Zeichnung erlaubt es nicht, beide zu unterscheiden. Wo eine Fläche dazwischen blieb, ist das Eisen durch Strichschläge geraubt und ein dünnes Silberplättchen aufgeschlagen, sodass das Eisen selbst nur noch als Zeichnung stehen geblieben ist. Zu beachten ist, dass die scheinbaren Goldfäden nur vergoldete Kupferfäden sind, sodass, wo der dünne Goldhauch abgewetzt ist, das Kupfer zum Vorschein kommt. Eine Anzahl Nägel, zur Befestigung auf dem Leder des Gürtels, hatten ehemals stark heraustretende Köpfe, die mit Silberblech plattiert und von einem Filigrankranz umgeben waren. Leider ist jedoch nur einer derselben erhalten. Es versteht sich von selbst, dass ein Gürtelbeschlag von solcher Größe nicht platt sein konnte, sondern rund und nach der Körpergestalt gebogen sein muss. Kleiner und deshalb zierlicher in der Einlage sind andere Gürtelbeschläge aus Eisen.
Sehr interessant ist auch eine Schnalle, zu der die zugehörigen Teile gefehlt haben, mindestens nicht zu uns gekommen sind (Fig. 22). Sie ist aus Bronze (Kupfer?), durch stark eingravierte Bandverschlingungen geschmückt und versilbert. Auch diese Versilberung zeigt, wie sehr man das Edelmetall zu sparen gewohnt war, aber auch, dass man jede denkbare Technik kannte.
Neben diesen großen Stücken finden sich ganz kleine vor. Wir haben teils einfache, teils verzierte Gürtelzungen, teilweise mit Resten der Ledergürtel, die bis zu 0,5 cm schmal sind, und Schnällchen von ähnlich geringem Maß. Nach Angabe des Herrn Schmitz fanden sich viele Ledergürtel, scheinbar wohl erhalten, in den Gräbern vor; sie zerfielen jedoch bei der Berührung, sodass wir nur einen armen Rest eines einzigen erhalten konnten. Sie waren mit größeren und kleineren Bronzeknöpfen und Nägeln bedeckt, die teilweise schöne und reich verzierte Kopfflächen hatten, von denen wir in Fig. 23 und 24 zwei wiedergeben. Diese Gürtel fanden sich sämtlich in Frauengräbern, wie alle aufgeführten Schmuckgegenstände.
Es wird wohl noch wiederholt Veranlassung sein, auf die Mertlocher Funde zurückzukommen. Der Goldbrakteat mit entschieden fränkischem Typus de rohen Kopfes und einer jener Inschriften, die so viel zu erraten geben, sowie die Glasfibel, die barbarische Nachbildung antiker Kameen, werden nicht die einzige Veranlassung bieten. Es sind noch Schmuckgegenstände anderer Art, es sind Waffen und Geräte gefunden worden und zu uns gekommen, die zu Besprechungen Anlass bieten werden. Es sei daher gestattet, über das Gräberfeld selbst einige Worte hier anzufügen.
Herr Schmitz ist Antiquar; er hatte die Absicht, Stücke an das Tageslicht zu fördern, die möglichst gut zu verwerten sind. Es ist daher sehr dankbar anzuerkennen, dass er auch Beobachtungen angestellt hat, also auch Mitteilungen machen konnte, die der Beachtung wert sind und Glauben verdienen. Wir waren nicht in der Lage, die Fundstelle selbst zu besichtigen, geben daher ausschließlich die Schmitz'schen Angaben wieder.
Darnach liegt das Feld südöstlich von Mertloch beim Künzerhof, bei ehemal betriebenen Steinbrüchen. Die Zahl der Gräber mag ursprünglich 700-750 gewesen sein, von denen sich, nachdem einzelne bereits in sehr früher Zeit, jedenfalls spätestens im 13.-14. Jahrhundert, zerstört waren, etwa 560 Herrn Schmitz zur Eröffnung boten, die er sämtlich ausgegraben hat. Die Gräber waren unregelmäßig über das Feld verteilt, fast ausnahmslos von S.W. nach N.O. gerichtet und stammten aus zwei Zeitaltern. Es fanden sich außerdem einzelne Leichenbrandgräber, deren Inhalt nach Annahme des Herrn Schmitz auf dem Platz selbst verbrannt und in Urnen gesammelt wurde, die sämtlich bis zur Unkenntlichkeit zerdrückt waren; bei einer Urne fanden sich bronzene Reste, die vielleicht Reste eines Kistenbeschlages sein könnten; eine andere Bestimmung denselben zuzuweisen, sind auch wir außer Stande, nachdem sie bei uns liegen.
Von diesen einzelnen wenigen Brandgräbern abgesehen, dienten die übrigen Gräber bestatteten Leichen aus zwei Perioden. Sämtliche Gräber für die Leichenbestattung waren in den Schieferfels gehauen, rings um das Grab flache Steine aufgestellt, je ein größerer am Kopf und Fußende; die späteren Leichen waren teilweise in erweiterte Gräber der älteren Leichen gelegt, die aus Schiefer mit Lehm gemauert und mit Schieferplatten zugedeckt waren. In diesen gemauerten Gräbern lagen die Leichen, offenbar in Leinwand eingehüllt, ohne Holz- oder Steinsärge. Die Toten der zweiten Periode waren stärkere Leute, als jene der ersten, welche seltener Beigaben hatten, meist nur Tongefäße zu Füßen; auch waren deren Skelette schlecht erhalten. Unter den jüngeren hatten auch die Kindergräber keine Beigaben. Die Mehrzahl der Leute stand im Alter von 18 bis 40, etwa 50 Jahren; nur bei vieren schätzte Herr Schmitz das Alter auf 80-90 Jahre. Sie hatten den Kopf im Südwesten, die Füße gegen Nordosten.
Männer- und Frauengräber waren leicht zu unterscheiden; letztere enthielten stets Schmuckgegenstände, erstere Waffen. In einem Frauengrab fand sich ein Knäuel wohlerhaltener roter Menschenhaare, die wir erhielten. Die Skelettüberreste legte Schmitz sämtlich wieder in die Gräber.
Unter den Fundstücken, die wir erhielten, befanden sich einige Flintmesser, die der ältesten prähistorischen Zeit angehörten, einige sehr zerstörte römische Münzen, so eine von Magnentius, einzelne wohl römische Objekte; doch soll dies alles aus den Gräbern der zweiten Periode herrühren.
Wir dürfen uns nicht rühmen, sämtliche Fundstücke erhalten zu haben. Wohl aber haben wir das wichtigste; eine goldene Scheibenfibel ist in das Museum zu Wiesbaden gekommen, von anderen Dingen, die Schmitz als ausgegraben erwähnte, fand sich unter dem, was wir gesehen und erworben, nichts vor. Waffen haben wir in beträchtlicher Zahl erhalten, einige Dutzend Scramasaxe und Messer in allen Größen, eine Anzahl Speerspitzen, darunter eine merkwürdige, bereits in unseren Mitteilungen abgebildete, sowie eine sensenartige Waffe, einen Sporn u. a.
An Geräten bekamen wir mehrere Spinnwirtel, einen römischen Löffel aus Bronze, eine kleine Waage nebst Löffelchen aus demselben Material, ein zusammengeklapptes Taschenmesser mit Bronzeschalen u. a., endlich eine Anzahl Tongefäße und Gläser. Die Hauptbedeutung des Fundes liegt jedenfalls in den Goldschmiedearbeiten, in welches Wort wir auch die Schmuckgegenstände aus nicht edlen Metallen einbegreifen. Wenn nun auch die Kirchenschätze einzelne hervorragende Geräte aus Edelmetallen aus karolingischer Zeit uns aufbewahrt haben, so ist doch aus dem profanen Leben nur das erhalten, was in unserer Zeit der Erde wieder entrissen wurde. Dies ist noch nicht so viel, dass wir uns daraus ein treues Bild der Zeit machen könnten, und von dem gefundenen Stücken sind wenige so kostbar, als die des Mertlocher Fundes, welche in ihrem Formenkreise und der Technik den kirchlichen Werken vollständig ebenbürtig sind. Sind auch natürlich nicht alle die vielen Stücke des Mertlocher Funde von gleich hoher Bedeutung, so ist doch dadurch ein Schatz von mittelalterlichen Goldschmiedearbeiten zu profanem Zweck in das Museum gekommen, wie ihn eben nur ein günstiger Zufall spenden konnte, und wir sind deshalb allen denen, die uns in den Stand gesetzt haben, die Sachen zu erwerben, insbesondere den Pflegern und den beitragenden Mitgliedern der Pflegschaften zu Berlin und Leipzig zu größtem Dank verbunden.
Quelle: Mitteilungen aus dem Germanischen Nationalmuseum. Bd. 1 (1884-1886).