· 

Aus den hinterlassenen Notizen des Postdirectors Josef von Scheiger Teil 2

 

Aus den hinterlassenen Notizen des Postdirektors Josef von Scheiger.

 

1599. Die Türken, wie alle orientalischen Völker trugen nur leichte Schutzwaffen, welche in der Regel außer Panzerhemden in Helmen und Unterarmschienen (letztere nur am rechten Arm) bestanden. Eine seltene Ausnahme machte der im August 1599 von Adolf von Schwarzenberg gefangene Pascha von Ofen, dessen Harnisch ein Gewicht von siebenzig Pfund besaß.

 

Um 1690—1700. Dass von den Husaren am Ende des 17. Jahrhunderts Panzerstecher und Säbel zugleich, auch wenn sie zu Fuß erschienen, getragen wurden, beweisen viele alte Abbildungen. Ein französischer Husar erscheint in «Ozanom’s nouvelle pratique de la Geometrie» samt der deutschen Übersetzung, Bern 1699, 8°, so ausgestattet. Übrigens schleppten sich mit dieser doppelten Waffe nicht nur berittene und abgesessene Reiter, sondern auch Emerich Tököly’s Labanczen (eine Art Infanterie) hatten außer dem rechts getragenen Säbel und der Flinte auch an der Linken einen «Pallasch». Dass mit letzterem Ausdruck nur ein Stoßdegen gemeint sein kann, unterliegt keinem Zweifel, denn wozu zwei Hiebwaffen so gleicher Art? (Siehe S. W. Schmitt, Die Stammburg der Hunyaden. Hermannstadt 1865, 8, S. 50.) Um 1790. Noch am Ende des 18. Jahrhunderts führten einzelne Husaren neben dem Säbel auch den Czäkäny.

 

1580. In einer Rechnung des landschaftlichen Zeughauses von Graz vom Jahre 1580 wird der Preis eines Husaren-Harnisches mit Messing zu 7 fl., eines gleichen «mit Haube und Handschuh» zu 9 fl. angesetzt. Da das Grazer Zeughaus wohl schwerlich je eigentliche Husaren auszurüsten hatte, dürfte die Benennung «Husarenharnische » wohl nur eine allgemeine für eine Gattung leichterer Harnische gewesen sein.1

 

Wenn der Husar Säbel und Panzerstecher trug, so hatte er letzteren rechts horizontal am Sattel befestigt oder trug ihn an einem Überschwungriemen, während der Säbel links am Leibgurt hing. In letzterer Weise finden wir die Husaren abgebildet, die in Frankreich zuerst aus Überläufern gebildet wurden.

 

1730. Im Lager von Mühlberg erschienen sächsische Husaren mit Bogen und Pfeilen gerüstet. Es müsste aus der sächsischen Heeresgeschichte entschieden werden, ob dies vielleicht ein aus Tartaren geworbenes Corps oder eine bloße Komödie war?

 

1598—1688. Wie lange brauchte es nach der Erfindung des Kleingewehres, bis man sich nur einigermaßen über das Kaliber der Gewehr- und Pistolenkugeln einigen konnte! Ein merkwürdiges Beispiel des Schwankens der Ansichten bieten drei bei Meteren abgedruckte Reglements der niederländischen Staaten. Am 2. Januar 1598 werden Musketen von acht Kugeln auf das Pfund gebohrt; für die Schützen aber Haken auf fünfzehn Kugeln pro Pfund vorgeschrieben. Berücksichtigt man auch den Spielraum der Kugeln, so waren diese doch immer nahe an vier und rücksichtlich zwei Lot schwer. -—Schon mit 9. Februar 1599 wurde die Bohrung der Musketen auf zehn Kugeln, jene der Schützen auf zwanzig pro Pfund verringert, wobei auch bezüglich der letzteren bemerkt wird «wiewol schiessend ein lauffende kugel von vier und zwanzig das Pfund».

 

Am 17. August 1623 tritt eine neue Verminderung ein; bei den Musketieren auf zwölf per Pfund, bei den Schützen auf vierundzwanzig, der für die Pistolen das überraschend kleine Kaliber von zweiundvierzig Kugeln auf das Pfund.

 

Das merkwürdigste Beispiel von übermäßiger Größe des Kleingewehrkalibers finden wir in den Stralsunder Verordnungen für das Vogelschießen vom 30. Juni 1681 und 13. August 1688. In der ersteren wird das Verbot, größere Kugeln als sieben auf das Pfund ausgesprochen und in der zweiten erneuert. Es lässt sich an diese Angabe eine auch für die Kriegsgeschichte interessante Betrachtung knüpfen. Zweifelsohne bedienten sich die Stralsunder Bürgerschützen ihrer Gewehre auch bei der Verteidigung ihrer Wälle. Mit solchem Kaliber mit entsprechender Lauflänge und, wie man annehmen muss, mit aller Genauigkeit eines Scheibengewehres gearbeitet und von geübten Schützen bedient, mussten diese Waffen noch auf bedeutende Entfernung eine furchtbare Wirkung haben, die bei größerer Annäherung des Feindes durch Ladung mit mehreren kleinen Kugeln nicht weniger mörderisch wurde.

 

1623. Zu den bei verschiedenen Waffen oft eingetretenen Extremen gehört die ungeheure Länge der Piken. Das niederländische Staatenreglement vom 17. August 1623 verlangt eine Länge derselben von «wenigstens» achtzehn Fuß, scheint daher nichts dagegen zu haben, wenn einzelne Leute oder ganze Fähnlein noch längere führen.

 

Sehr auffallend ist in vielen alten Exerzierreglements der Abgang jeder Bestimmung über die auf die Ladung des Kleingewehres zu setzenden Pfropfen. Dass solche, und zwar nicht auf das Pulver, sondern auf die Kugel gesetzt, schon in den ältesten Zeiten nach der Erfindung des Kleingewehres angewendet wurden, ergibt sich aus Erzählungen und Abbildungen alter Belagerungen, bei welchen aus Türmen, von Mauern usw. herabgeschossen wurde, was ohne Propfen unmöglich gewesen wäre, da die Kugel bei der Senkung des Laufes aus demselben hätte herausrollen müssen.

 

Im freien Feld scheint man sich diese Mühe erspart zu haben und noch in Reglements des 17. Jahrhunderts findet man Propfen in den Ladungstempos gar nicht erwähnt. — In Wallhausens Kriegskunst zu Fuß (Oppenheim 1615, folio) kommen zuerst die beiden Tempos: «Steck ein Propff darauf» (nämlich auf die Kugel) und «stoss die Kugel und Propff auffs Pulver vor». Er bemerkt auch, dass auf die Kugel «ein Proppen von Werk oder Reehar oder Papyr oder was du hast» kommen müsse, weil sonst die Kugel, besonders wenn man vom Walle abwärts schießt, herauslaufen kann. Wo aber diese «Pfroppen» aufbewahrt werden sollen, sagt er nichts, obwohl er von dem ledernen Säcklein spricht, um Kugeln, Fettlappen und Wischzeug aufzubewahren. Überhaupt scheint man sich an diesen Gebrauch schon gewöhnt und überdies die vielen Ladungstempos nicht gar pedantisch beobachtet zu haben, da schon Lavater (1651) ein Kapitel hat: «Kurttzer Befelch, wann die Musquetierer allbereits die Handgriff erlernt haben». Die Gewohnheit geübter Schützen beim Schargieren schildert er folgendermaßen. Die Gabeln warfen sie weg, den Mund nahmen sie voll Kugeln und den Hosensack voll Pulver, — «so mich umb etwas gefährlich dunket», meint er. Und was für richtige Schüsse waren von der so lose geladenen Kugel zu erwarten? Und keinesfalls konnte abwärts gefeuert werden ohne Gefahr, die Kugel ganz zu verlieren.

 

Aus dem Anhang zum Württembergischen Artikelbrief vom 11. Dezember 1652 ergibt sich, dass der Musketier (der damals eine Patronentasche mit 12 Patronen hatte) die Kugel unmittelbar auf das Pulver lud und mit zwei bis drei Stößen ansetzte.

 

Aus dem Anfang zum Artikelbrief der Reichsvölker de dato Regensburg 6. November 1672 erfahren wir endlich, wo (wenigstens in einzelnen Truppen) die Pfropfen getragen wurden, da unter den Handgriffen des Musketiers als Nr. 28 vorkommt: «Pfropff von Hut». Man sieht diese Tragart häufig an gleichzeitigen Abbildungen, auf denen das Hutband des Musketiers rundum mit solchen kugelförmigen Pfropfen besteckt ist.

 

Selbst mit der Einführung der Papierpatronen war die langweilige Prozedur mit den Pfropfen noch lange nicht beseitigt, da die Kugeln nicht mit den Patronen verbunden waren, sondern zum Gefecht aus dem Kugelbeutel laut mehreren Reglements von 1672 und 1673 noch immer in den Mund genommen wurden. Und nachdem endlich diese Vereinigung stattfand und man das Patronenpapier selbst als Pfropf zu verwenden gelernt hatte, brauchte es noch bis zum ersten Viertel des 18. Jahrhunderts, bis man das kleine Pulverhörnchen für das Zündpulver abschaffte und die Pfanne aus der Patrone selbst beschüttete.

 

1741 langten in Wien fünf Kompagnien berittener Raizen,2 «brave Leute mit guter Montur und schönen Pferden, per Compagnie mit einem Pfeifer und die Herren Oberoffiziers mit langen Panzerstechern» ein. Es waren dies ungeachtet des anderen Namens doch Husaren nur illyrischer Nationalität. 1741 paradierten «die von dem Fürsten Esterhazy zum Dienste Ihrer Majestät der Königin geworbene und unter das Gyhlanische Regiment geschenkten hundert Husaren, auserlösenste Leut, alle schön montiert und wohl beritten, dabei auch drei Panzerreiter (mit Panzerhemden bekleidet). Die vier kleinen Standarten waren nach des Herrn Fürsten Wappen, wie auch die Trompeter nach besagtem Fürsten Liverey, gelb und blau mit Silber kostbar bekleidet gewesen ».

 

Um 1600. Wohl kaum ist eine außer Gebrauch gesetzte Waffe so selten in den Zeughäusern und Rüstkammern geworden, als Bogen und Pfeile in Deutschland und namentlich in Österreich. Während bei den Armbrüsten, die sich freilich untermischt mit dem Feuergewehr noch im Anfang des 16. Jahrhunderts erhalten hatten, tausende von Exemplaren vorkommen, finden wir kaum hier und da einige Bogen und Pfeile, und zwar bloß türkische, oft ziemlich neuerer Zeit angehörend. Und doch waren noch im Jahre 1616 in den Kämpfen zwischen den Venetianern und Österreichern Bogenschützen in Tätigkeit. In dem Treffen bei Gradisca starb der tapfere Hauptmann Daniel Francol durch einen Schuss eines venezianischen Bogenschützen, wahrscheinlich eines albanesischen leichten Reiters.

 

Während die gewöhnlichen Fußangeln in allen Zeughäusern und Rüstkammern sehr häufig und oft fässer- und kistenweise vorkommen, sind jene, deren Spitzen mit Widerhaken, versehen sind3 ziemlich selten. Beide Gattungen werden schon sehr frühe mit dem passenden Namen «Lähmeisen» bezeichnet. Um sich gegen dieses gefährliche Annäherungshindernis zu schützen, gab man bisweilen beim Sturm von Breschen usw. den Stürmenden hölzerne Sohlen, die unter die Schuhe gebunden wurden oder auch Schuhe mit Blech beschlagen.4

 

Die Kürze so vieler Schwertgriffe5 wird dadurch umso auffallender, wenn man bedenkt, dass sie einer Zeit angehören, in welcher Panzerhandschuhe getragen wurden. Unter mehreren Hunderten solcher Handschuhe, welche ich (durchaus nicht im Besitz sehr kleiner Hände) anzuziehen Gelegenheit hatte, fand ich (jene für Knabenharnische ausgenommen) nicht einen einzigen, der mir zu klein oder nur einigermaßen zu eng gewesen wäre. Welches Missverhältnis daher zu den kurzen Griffen und oft so engen Körben? Nicht nur bei Schwertern und Säbeln finden wir die kurzen Griffe, sondern auch bei den Reiterstreithämmern mit eisernen Stielen. Schon die römischen und anderen antiken Schwerter und Dolche hatten so unbegreiflich kurze Griffe. Mit dieser Unbequemlichkeit vereinigte sich in neuerer und bis auf die neuesten Zeiten die geringe Entfernung der Bügel vom Griff und die Enge der Handkörbe bei vielen Hieb- und Stichwaffen, welche namentlich bei den ersteren sehr empfindlich sein musste.

 

Einen Beleg liefern die einst im Venetianer-Arsenal so häufigen, auch bei den Bochesen so beliebt gewesenen «Spadalupas», bei denen teilweise die Körbe gegen das obere Ende des Griffes zu sehr eng sind. Aber auch moderne Infanterie- und Artillerie-Kommisssäbel aus dem ersten Viertel unseres Jahrhunderts habe ich gesehen, bei denen der Bügel so nahe am Griff lag, dass die Waffe eben nur bestimmt schien, in Paradestellung an der rechten Seite gehalten zu werden. Eine sehr sonderbare Bewaffnung, über deren Details Auskunft zu finden mir leider nicht gelang, führten die im Jahre 1676 aus Kopenhagen zur Armee nach Schonen abgesendeten Matrosen: «Ein jedweder Bothsmann führete ein Pistohl, womit man in einer Ladung dreymal Feuer geben kunte, auff der Seite einen Säbel und in der Hand einen Morgenstern.» (Siehe Valkeniers verwirrtes Europa.)

 

In Kaiser Friedrichs III. Artikelbrief, Wien, 12. Oktober 1462, sowie in jenem Maximilians I. vom Jahre 1508 wird gefordert: «Es sollen auch alle knechte, so spiess oder kurtzgewehr tragen, sowohl auch die schützen mit guten starken seiten wehren; nehmlich zu beiden händen oder tauglichen rappiren — — gefasst und auff der Musterung zu erscheinen schuldig seyn.» Wie konnte nur ein Mann, der einen Spieß oder eine Büchse trug, zugleich mit einem Bidenhänder sich befassen?6

 

1665. Ein Beispiel, wie lange und stark man sich oft gegen die Einführung der nützlichsten Erfindungen in den Heeren wehrte, zeigen die königlich französischen Kriegsartikel, gegeben in S. Germain am 25. Juli 1665, in welchen folgender Punkt vorkommt: «Nachdem Ihre königliche Majestät erfahren haben, dass ihre Offiziere die Soldaten nicht mit Piken versehen und entgegen den oft ergangenen Verordnungen «fusils» anstatt der Musketen den meisten geben, so wollen Ihre Majestät künftig die Infanterie so gewaffnet haben, dass zwei Drittteile Musketen, ein Drittteil Piken, kein Mann aber eine Flinte führe, daher auch Ihre Majestät Kriegskommissarien befohlen wird, dass sie bei der Besichtigung oder Musterung keinen Soldaten, der eine Flinte führt, passieren, sondern diese auf der Stelle zerbrechen lassen und bei der ersten Zahlung dem Capitain, unter dessen Kompagnie sich ein Soldat mit einer Flinte befindet, den Wert einer Muskete von seiner Gage abziehen und eine solche dem Soldaten statt der Flinte geben sollen.» An diese Anordnung, die unbegreiflich erscheint,7 wenn man die Vorteile des Flintenschlosses mit den Nachteilen des Luntenschlosses vergleicht, kann nur ein Vorurteil gegen das erstere schuld sein, welches sich in Frankreich auch durch die von Vauban gemachte Erfindung des beide Zündungsarten vereinigenden, sehr komplizierten fusil-mousquets betätigte.

 

1675. Bei dem Überfall der französischen Postierungen an der oberen Rench am 23. und 24. Juli 1675 durch Montecucoli befahl dieser den Offizieren, sich mit Helm und Kürass auszurüsten, eine Maßregel, die auch noch im 18. Jahrhundert bisweilen z. B. in den Laufgräben, bei Stürmen, Breschverteidigung usw. für Offiziere und Mannschaft angeordnet wurde, und zwar mit der bei ähnlichen Gelegenheiten doppelt wünschenswerten Beweglichkeit im Widerspruch steht, aber manches kostbare Leben gerettet hat.

 

Man ist gewohnt, mit dem Begriff von Pistolen stets auch jenen des Paares zu verbinden. Aber so wie in neuester Zeit wieder, waren bald nach der Einführung dieses Feuergewehres die Reiter oft nur mit einem Exemplar desselben versehen, und wo z. B. in Oberitalien am Ende des 17. Jahrhunderts die Pikeniere dann diese und alle Unteroffiziere bei den Brandenburgern (laut Ordonnanz des Kurfürsten Friedrich Wilhelm, Köln a. d. Spree, 24. April 1681) Pistolen führten, hatten sie auch nur eine im Gürtel. Oft findet man aber Pistolenpaare, deren eines Exemplar einen bedeutend längeren Lauf hat. Letzteres war für den Gebrauch auf etwas größere Entfernungen, die kürzere Pistole aber für die unmittelbare Nähe bestimmt.8

 

In der in den ersten Jahrzehnten unseres Jahrhunderts vandalisch zerstreuten Rüstkammer des Schlosses Krumbach in Niederösterreich befand sich ein gut erhaltener Reitersattel mit zwei daran hängenden, ersichtlich zusammengehörigen, und zwar gleichartig gearbeiteten Pistolenhalftern, deren eine, rechtsseitige, eine ungewöhnliche Länge besaß, während die Linke sehr kurz war. Ungleiche Handschuhe in einem Paar kommen oft vor, und zwar nicht nur bei solchen, die zu Turnierharnischen gehörten, sondern auch bei eigentlichen Feldharnischen. Es ist nämlich oft der rechtsseitige feiner gegliedert und dieser beweglicher als der linke, letzterer bisweilen eine sogenannte Hentze (miton), das ist ein Handschuh ohne Fingerabteilung im Innern, während diese aber zumeist von außen angedeutet ist.9 Übrigens finden wir mehr linke Handschuhe als rechte, da es bei den Kürassieren mehrerer Heere eingeführt, ja sogar Reglement war, nur die linke Hand so geschützt zu haben. So bei den Niederländern. (Siehe Meteren zum Jahre 1623.) Die rechte Hand wollte man beweglicher für den Gebrauch des Schwertes und der Pistole. Ohnehin war sie oft durch den Korb des Schwertgriffes geschützt. Dagegen hatten die orientalischen Reiter und nach ihnen ein Teil der kaiserlichen Husaren bis ins 18. Jahrhundert am rechten Arm eine von der Handwurzel bis an den Ellenbogen reichende Armschiene und einen Panzerhandschuh.

 

1651. Es ist bekannt, wie langsam und schwer man sich von den Armbrüsten als Kriegswaffe trennte, welche namentlich bei Überfällen und ähnlichen heimlichen Expeditionen vorzüglich brauchbar waren. Noch 1651 empfiehlt Lavater in seinem Kriegsbüchlein diese und die (weit handlicheren) Pfeilbögen zu solchen Zwecken und will sie daher unter den Zeughausvorräten vertreten wissen.

 

Die Zahl der an den Musketierbandelieren hängenden Patronen war ungleich. Sehr oft und eigentlich in der Regel kommen zehn Stücke solcher Pulverbüchschen vor und ein elftes mit feinerem, gewöhnlich gedrücktem Pulver gefüllt zum Beschütten der Pfanne, zu welchem Behuf es statt des glatten Deckels der übrigen einen in der Mitte etwas erhöhten und durchbohrten hatte. Bisweilen war aber die Zahl der Patronen größer. So finden sich in der höchst interessanten und wertvollen Rüstkammer im Rathaus zu Emden an manchen Bandelieren zwölf bis sechzehn Stücke. Auch Stoff und Gestalt dieser Patronenbüchschen war verschieden. Wir finden sie aus Holz gedreht und dieses bisweilen mit Leder überzogen oder aus Blech. Letztere verschwanden bald nach ihrer Einführung, da sie bei der Bewegung der Musketiere noch mehr als die hölzernen ein sehr weit hörbares Geklapper verursachten, übrigens auch leicht die Feuchtigkeit auf das Pulver zurückschlugen, endlich leicht verbogen wurden. Ihre Gestalt ist entweder die eines abgestutzten Kegels oder die zierliche einer sehr in die Länge gezogenen Birne.

 

Langweilig, kompliziert und gefährlich im hohen Grad war die Handhabung der Feuergewehre mit Luntenschlössern (Musketen). Vorerst das Anzünden der Lunte mit Stein, Stahl, Zünder und Schwefel (wenn nicht gerade eine andere brennende Lunte oder ein Lagerfeuer zu Gebot stand), dann die Vorsicht, welche notwendig war, die Lunte vor dem Auslöschen vor Feuchtigkeit, sich selbst, seine Kleider und die Munition vor ihrer Glut zu bewahren. Hierauf die langweilige Ladung aus der kleinen Pulverbüchse und dem Kugelbeutel, endlich das Aufschütten auf die Pfanne, wobei ein guter Atem dazu gehörte, das überflüssige Pulver, nachdem diese geschlossen war, aus allen Fugen des Schlosses wegen Gefahr zufälliger Entzündung wegzublasen. Sollte nun nicht unmittelbar oder bald nach der Ladung abgefeuert werden, so war es meist notwendig, den Pfannendeckel zu besserem Schutz des Zündpulvers mit Unschlitt zu verkleben — eine etwas schmutzige Operation. Dann das Einpassen der Lunte in das Hahnenmaul; nicht zu weit vorstehend, wo sie die Pfanne nicht getroffen hätte, nicht zu weit zurück, wo sie leicht erstickt wäre -— nicht zu fest, weil man sie ja bei dem Kürzerbrennen sehr oft weiterschieben musste, nicht zu locker, weil sie sonst leicht durchrutschen und erlöschen konnte und dabei immer die ängstliche Aufmerksamkeit, um nicht mit einem der beiden brennenden Luntenspitzen oder der von ihnen abgewehten Funken der offenen Pulverbüchse oder dem Gewand nahe zu kommen. Und vollends ein so armer Luntengewehrmann, den man als Dragoner auf ein Pferd setzte und der alle diese verwickelten Manipulationen noch mit der Leitung seines Gauls vereinigen sollte!

 

1 Der Verfasser urteilt hier ganz richtig. Ungarische oder Husarische Harnische heißen solche Brust- und Rückenstücke, welche durchaus geschoben waren, somit aus querlaufenden Schienen zusammengesetzt waren. Bei diesen bildete der Kragen keinen getrennten Teil, sondern stand mit Brust und Rücken in Verbindung. (Vergl. Boeheim, Waffenkunde S. 93, Fig. 100.) Das Zeughaus in Graz hatte allerdings kaum je Husaren, aber leichte Reiterfähnlein genug ausgerüstet, deren Harnische und Waffen ganz gleich mit den Husaren waren. Das beweist auch die ziemliche Zahl ungarischer Sturmhauben (Zischäggen) und geschobener Bruststücke (ganze Krebse), welche dort noch vorhanden sind. (Vergl. F. G. M., Das landschaftliche Zeughaus zu Graz.)

2 Raitzen werden die im ungarischen Banat wohnenden katholischen Serben benannt.

3 Von solchen etliche in der kaiserl. Waffensammlung zu Wien; sie stammen aus dem Schloss Ambras und datieren spätestens von 1580.

4 In der Milleniums-Ausstellung 1896 kam ein derlei Paar Sturmschuhe von Eisenblech noch vor Augen. Es fand sich unter Kat.-Nr. 524, 525 und wird in dem Werk Szendrei, Ungarische kriegsgeschichtliche Denkmäler, Budapest 1896, Deutsche Ausgabe, S. 181 beschrieben. Der Verfasser bezeichnet den Gegenstand als «Erste Form des eisernen Turnierschuhes» und reiht ihn ins 16. Jahrhundert. Beides ist irrig. Es ist ein Sturmschuhpaar und stammt aus den Türkenkriegen vom Ende des 17. Jahrhunderts. Immerhin ist dieses in dem Besitz der Gräfin Witwe Coloman Csáky befindliche Schuhpaar eine große Seltenheit.

5 Alle derlei Waffen mit auffällig kurzen Handgriffen sind italienisch oder doch unter italienischem Einfluss gefertigt. Die Form der letzteren ist nur auf eine unbehandschuhte Hand berechnet, denn der Italiener war nie ein Freund eines Panzerhandschuhes und liebte es, seine Hieb- oder Stichwaffe fest in der Faust zu fühlen. Wie der Verfasser sehr richtig bemerkt, schreiben sich die kurzen Handgriffe schon aus Römerzeit her und der Italiener, in vielen Dingen konservativ, lebte bis in die Renaissancezeit herein unter dem lebhaften Einfluss der Antike. Besonders scharf sprechen sich die kurzen Griffe bei den Venetianern aus. Diese Waffen stammen fast ausschließlich aus friaulschen Werkstätten. Die Griffe sind allerdings sehr kurz, aber nie noch fand ich eine derlei Waffe, deren Griff für eine unbedeckte Hand zu klein gewesen wäre, wenn sie auch aufs knappste gehalten war. Welcher Gegensatz zu den gleichzeitigen ritterlichen Schwertern in Deutschland mit den überlangen Handgriffen?

6 Der Sinn dieses in der ungelenkten Schreibart des 15. Jahrhunderts verfassten Satzes ist, dass niemand, sei er Spießknecht oder Schütze, ohne ein brauchbares Seitengewehr zur Musterung erscheinen solle, das beträfe auch die Doppelsöldner bezüglich ihrer Bidenhänder. Im Originaltext ist letzteres durch das Wort «nehmlich» ausgedrückt.

7 Die Verordnung sieht sich allerdings an, um Staunen zu erregen, blickt man aber auf das Jahr ihrer Herausgabe, in welchem das Flintenschloss noch sehr unausgebildet war und nur bei Jagdgewehren ein einigermaßen sicheres Funktionieren versprach, so findet man das Verbot von Flinten einigermaßen begreiflicher. Wir dürfen nämlich nicht vergessen, dass die älteste Abbildung eines Flintenschlosses von Philippe Daubigny in Paris von 1635 datiert. Die in der Masse erzeugten Flintenschlösser waren um 1665 noch sehr wenig brauchbar, wie sich aus den noch vorhandenen Schlössern der Übergangsperiode erkennen lässt. Das älteste korrekt konstruierte Flintenschloss von Felix Werder in Zürich datiert von 1652. Vauban bewaffnete aber das Regiment Royalfuseliers erst 1671 mit Flinten, deren Schlösser zugleich auch Luntenhähne besaßen.

8 Bei der Ausrüstung mit zwei Pistolen findet man schon seit 1550 die rechtsseits geführte: das Faustrohr, mit längerem Lauf, das linksseits geführte, Fäustling oder Puffer genannt, mit kürzerem. Der Gebrauch stammt aus Oberitalien.

9 Nicht selten und häufig in Italien bediente man sich für die linke (Zügel-) Hand eines geschobenen, für die rechte aber eines aus Panzergeflecht und kleinen Stahlplättchen gebildeten Panzerhandschuhes. Der niederländische Feldharnisch des Lazarus Schwendi in der kaiserlichen Waffensammlung zu Wien (Kat.-Nr. 331) besitzt geschobene Handschuhe, der Zeige- und der Mittelfinger des rechten ist nicht geschoben, sondern ist mit Panzerzeug gedeckt, offenbar um den Schwertgriff besser anfassen zu können.

Quelle: Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde. Band 1, Heft 12.