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Schild von G. Ghisi, aus der Sammlung des Freiherrn Ans. v. Rothschild

In der österreichischen Abteilung der Exposition des Amateurs, wie bemerkt, der reichsten von allen, präsentierte sich gleich beim Eintritt ein Teil der Kollektion des inzwischen in Wien verstorbenen Baron Anselm von Rothschild, des einzigen Sammlers, der in hervorragender Weise ausgestellt hatte. Die Sammlung Rothschild ist ohne Frage die reichste Privatsammlung von eigentlichen Antiquitäten — Gegenständen des Kunstgewerbes im weiteren Sinn, — die Österreich und Deutschland aufzuweisen hat, und ihre sonst nur von wenigen gekannten Schätze waren da zum großen Teil zu sehen, freilich leider mit Ausnahme der überaus herrlichen Holz- und Elfenbeinschnitzereien, die man wohl mit gutem Grund den feuchten Niederschlägen der Praterauen in den frisch aufgeführten Gebäuden nicht aussetzen wollte. Vor allem zogen die Blicke zwei herrliche Rüststücke an sich: das eine, eine prächtige italienische getriebene Rüstung, aus Sturmhaube, Brustharnisch und rundem Schild bestehend, das andere, ein runder Schild, reich getrieben, mit überaus vollendeten Goldtauschierungen vom Meister Giorgio Ghisi geziert, von dem wir eine Abbildung beigeben.

 

Schild von G. Ghisi, aus der Sammlung des Freiherrn Ans. v. Rothschild.
Schild von G. Ghisi, aus der Sammlung des Freiherrn Ans. v. Rothschild.

 

Die Kunst, das Eisen mit einer Art Inkrustation von edlem Metall, Gold und Silber zu verzieren, gelangte wahrscheinlich vom Orient aus nach Italien, oder kam wenigstens durch Anregung orientalischer Vorbilder zu neuer Aufnahme, denn schon aus dem Altertum her — aus dem wir ja viele Beispiele von Silber- und Goldinkrustation auf Bronze besitzen — mochte eine ähnliche technische Tradition flammen. Die Behandlung der Bronze ist übrigens von der des Eisens doch teilweise verschieden. Lavoro della tausia, alla damaschina oder all' azzemina nannte man diese Arbeit, die im Wesentlichen darin besteht, dass die Oberfläche des zu verzierenden Metalls (Eisens) durch ein spitziges Instrument in engen Strichlagen feilenartig rau gemacht, hierauf das Gold oder Silber in Fäden und Plättchen auf dieser rauen Fläche mitteilt des Schlages eines leichten Hammers befestigt, und schließlich mit einem Polierstahl oder ähnlichem Instrument niedergedrückt und geglättet wird.

 

So einfach diese Prozedur ihrem Wesen nach ist, so erfordert sie doch zur vollendeten Leistung eine große Übung und Geschicklichkeit. Unter den italienischen Künstlern werden uns als hervorragende Meister dieses Faches genannt: Filippo Negroli, Antonio Biancardi, Bernardo Civo, u. a.; nur von einem von ihnen, von dem Venezianer Paulus, dem nach seiner großen Geschicklichkeit in dieser Kunst der Beiname Ageminius beigelegt wurde, ist bisher ein authentisches Werk nachweislich (Gazette des Beaux-Arts, IX, S. 64) eine Kassette, die seine Namensbezeichnung trägt. Das Gegenstück hierzu bildet der oben erwähnte Schild des Giorgio Ghisi von Mantua. Unser Künstler ist identisch mit dem berühmten Kupferstecher, der im Verein mit den übrigen Genossen der Familie, der er angehört, die einfach-edle und strenge Weise des Kupferstiches die Markanton ausgebildet hatte, noch beinahe bis gegen das Ende des 16. Jahrhunderts fortführte. Er wird uns auch als hervorragend durch seine Arbeiten in der Tauschierkunst gepriesen. Der Maler und Architekt Giovanni Batt. Bertano gedenkt in seinem Werk über die dunklen und schwierigen Partien des Vitruv1 des Giorgio Ghisi als eines „heutzutage sehr seltenen Mannes im Kupferstechen und in der Kunst des Tauschierens in den verschiedensten Arten"2.

 

Unser Schild nun trägt die volle Namensbezeichnung: Georgius de Ghisys Mantuanus MDLIV. Sie befindet sich in winzigen, aber vollkommen deutlichen Buchstaben auf den Pfeilern einer Brücke, auf der ein Kampf vor sich geht, innerhalb des kleinen Figurenfrieses, der sich bandartig um das in der Mitte befindliche Medusenhaupt schlingt. Es ist wunderbar, welchen Grad technischer Vollendung hier Giorgio erreicht hat, wenn auch der Stil der Ornamente, und namentlich die Zeichnung und Ausführung der getriebenen Figuren und Verzierungen nicht den Reiz der feinen Grazie besitzt, der den Werken aus der früheren Blütezeit der italienischen Renaissance eigen ist.

 

Erstaunlich ist auch der Reichtum der Komposition, die die letzten Details belebt und für die ein kaum zollbreiter Raum noch immer genügend ist, um figurenreiche Darstellungen darauf anzubringen: Alles in der beschriebenen Weise der Tauschierung ausgeführt, so exakt und genau, dass bei den kaum 6—8 Linien großen Figürchen die Physiognomie und Modellierung noch völlig klar angedeutet erscheint. Es ist eines jener Werke der alten Zeit, an dem die Freude so recht sichtbar wird, die der Künstler bei seinem Schaffen gehabt. — An den Harnischen und Waffen, welche Spanien in seinem Pavillon ausgestellt hatte zum Teil waren es italienische, zum Teil deutsche Arbeiten, — konnte man ebenfalls ganz vorzügliche Tauschierungen sehen, wenn dieselben auch nirgendwo die Vollkommenheit der Arbeit des Mantuaners aufwiesen. Die Tauschierung war überhaupt das edelste und wohl auch kostspieligste Verzierungsmittel des Eisens. Die vielfach im Gebrauch gewesene Ätzung und Vergoldung aus geätztem Grund erscheint dagegen doch nur wie ein billiges Surrogat.

 

Das Anbringen von Gold und Silber in Plättchen und Fäden auf Metall kann noch in einer anderen als der beschriebenen Weise, die man aber ebenfalls Tauschieren oder Damaszinieren nennt, ausgeübt werden. Diese zweite Manier besteht darin, dass die Zeichnung der beabsichtigten Verzierung vorerst in dem Metall mit leicht unterschnittenen Rändern ausgraviert und hierauf das Gold in diese so entstandenen Kanäle eingedrückt, und das Ganze schließlich poliert wird.

 

Ornament und Grundfläche liegen dann hier in einer Ebene, während bei der ersteren Manier das aufgelegte Edelmetall immer ein klein wenig erhöht ist. Dies ist das Prinzip, nach dem z. B. die antik-römischen Inkrustationen der Bronze gefertigt sind, und so arbeiten die Chinesen und Japaner heute noch, wie ehemals, ihre Bronzevasen und Geräte.

 

In Vorderasien war das Tauschieren mittelst Ausfegen auf eiserne Exzipienten das allein gebräuchliche, während auf weicheren Metallen die zweit beschriebene Gattung vielfach angewendet wurde. Der Helm Boabdils, des letzten Maurenkönigs, der als stolze Trophäe in der erwähnten spanischen Waffenausstellung prangte, ist ebenfalls so geziert. Er ist von gelbem messingartigem Metall und in vielen Partien mit einem feinen Ornament von Bandverschlingungen bedeckt. Innerhalb dieser Bänder befindet sich das eingelegte Metall, ähnlich wie wir es an gewissen alten kleinasiatischen und inselgriechischen messingenen Schüsseln und Kannen angebracht finden. Im Schatz des Sultans, der im türkischen Hof in einem wohlverwahrten eisernen Gehäuse gezeigt wurde, sah man auch eine Anzahl flaschen- und becherartiger Gefäße von sehr einfacher, sogar plumper Form, gefertigt aus Zinn (oder vielleicht einer Zinnlegierung) und mit Gold eingelegt. Es ist schwer, diesen Arbeiten, die keinen scharf ausgesprochenen Stilcharakter besitzen, Zeit und Art der Entstehung anzuweisen. Indessen dürfen wir sie kaum für Hervorbringungen einer sehr entlegenen Epoche halten, — wie denn überhaupt die Objekte im türkischen Schatz meistens verhältnismäßig neueren Datums sind, — wenigstens von den in Wien ausgestellt gewesenen Stücken schien nichts über das 17. Jahrhundert hinauszugehen.

 

Die reichste und, wenn man so will, die vollständigste Repräsentation ihrer verschiedenen Epochen hatte auf der Exposition des Amateurs jedenfalls die Goldschmiedekunst gefunden, eine Repräsentation, die aber keineswegs durch eine bequeme oder übersichtliche Anordnung unterstützt ward. Die Plan- und Systemlosigkeit der Leitung hatte hier wie anderwärts ein an sich vortreffliches und lehrreiches Material zu einer bloßen Augenweide der blöden Schaulust herabgewürdigt.

 

Das größte Kontingent an kirchlichen Geräten des Mittelalters lieferten in der österreichischen Abteilung die Stifte von Klosterneuburg, Melk, St. Paul in Kärnten, Kremsmünster, St. Peter in Salzburg u. a. Die Freunde mittelalterlicher Kunst vermochten hier so manches berühmte Werk zu finden, das ihnen durch Publikation und Beschreibung längst bekannt und vertraut war. Auch für das Studium namentlich der gotischen kirchlichen Goldschmiedekunst gab es da gar lehrreiche Beispiele an Kelchen, Monstranzen und Reliquiarien.

 

1 Gli oscuri e difficili passi dell' opera di Vitruvio da Giov. Batt. Bertano. Mantova 1558. Fol.

2 Meiler Giorgio Mantuano, uomo veramente oggidi raro al modo per intaliar rami e lavorar all' azamina di piu varie Sorte.

 

Quelle: Lützow, Carl Friedrich Adolf von [Hrsg.] Kunst und Kunstgewerbe auf der Wiener Weltausstellung 1873 — Leipzig, 1875.