Der abgebildete, der um des edlen Ebenmaßes der Verhältnisse willen, sowie wegen der Feinheit und Schönheit der Ornamentik zu den besten Werken der Möbelschreinerei gehört, die um die Wende des 16. und 17. Jahrhunderts in den Rheinlanden und Westfalen, dem Sitz einer so ausgebildeten Schreinerkunst, entstanden sind. Aus Eichenholz gearbeitet, hat er eine Höhe von 1,555 m bei einer Frontlänge von 1,20 m (am Fuß gemessen) und einer Tiefe von 58 cm. Scharf und reich ist die Gliederung. Neben einer pilasterartig verzierten, feststehenden Mittelfüllung befinden sich zwei Türchen, darunter zwei Schubladen. Wie bei allen ähnlichen Werken jener Gegend, haben die Beschläge noch den spätgotischen Stil in seiner letzten Ausbildung festgehalten, während die Ornamentik des Schrankes selbst den Renaissancestil in seiner vollen Entfaltung zeigt. Dass die Hauptform und Konstruktion des Schrankes noch jener ganz ähnlich ist, wie sie im 15. Jahrhundert üblich war, fällt von selbst in die Augen.
Das schöne Möbelstück befand sich, stark beschädigt, in der Nähe von Wanne bei einem Bauern, wo Bildhauer Möst in Köln es entdeckte und kaufte. Bei Gelegenheit eines Besuches in Köln im Jahre 1883 sah es der Unterzeichnete und knüpfte Kaufverhandlungen an, die zum Ziel führten, nachdem unsere tätige Berliner Pflegschaft, der wir schon mehrere interessante Stücke danken, sich bereit erklärt hatte, für die Kosten aufzukommen. Das einige Teile gänzlich vermorscht waren, bedurfte es einer verständnisvollen Arbeit, um das schöne Möbelstück wieder haltbar zu machen; Bildhauer Möst unterzog ich dieser Arbeit, ebenso wie der Ergänzung der Ornamente an den Stellen, wo sie stark beschädigt waren. Heute ist das Stück eines der schönsten Möbel unserer Sammlung.
Quelle: Mitteilungen aus dem Germanischen Nationalmuseum. Bd. 1 (1884-1886).