Von M. V. Ehrenthal in Dresden
Es sei von vorn herein bemerkt, dass es sich hier nicht um eine erschöpfende Bearbeitung des Themas handeln soll, noch kann — eine solche würde einerseits über den Rahmen dieses Blattes weit hinausgehen, andererseits auch gründliche historische Studien erfordern, für die es dem Verfasser an Zeit gebricht. Die Publikation des seit einigen Jahren gesammelten Materials erfolgte lediglich in der Absicht, dem Leser unserer Zeitschrift einen Hinweis im Sinne des Themas zu geben, es ihm selbst überlassend, an die kurzen Andeutungen weitere Forschungen zu knüpfen. Für den Waffenhistoriker aber sind den geschichtlichen Notizen auch einige Ergebnisse neuerer Forschungen auf dem Gebiet der Waffenkunde angefügt worden, die ihm für sein Spezialstudium nicht unwillkommen sein dürften. Die zum Teil wörtlich wiedergegebenen Archivalien sind zumeist den älteren Inventaren der kurfürstlichen Rüst- und Harnischkammer entnommen, in einigen Fällen ist auf Urkunden im königl. sächs. Hauptstaatsarchiv Bezug genommen worden. Auch Merkmale an den Gegenständen selbst, wie Portraits, Wappen etc. geben hier und da Aufschluss über deren einstige Besitzer oder Geschenkgeber.
Wohl lassen sich diese bei einzelnen der in der Sammlung: bewahrten Waffen bis ins Mittelalter hinein nachweisen, im Allgemeinen jedoch erstreckt sich unsere Kenntnis der historischen Beziehungen nur bis in die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts, und mit diesem Zeitabschnitt beginnen daher auch die folgenden Aufzeichnungen.
1. E, 566.1 Silberne Scheide eines nicht mehr vorhandenen Schwertes; zwischen graviertem Blattornament im Stil Aldegrevers sind Medaillons mit getriebenen Figuren und Köpfen angebracht. Auf dem Schleppeisen befindet sich das Reliefbildnis des Kaisers Karl V. (1500—1558) mit der Umschrift: Imp. Caes. Carolus V. P. P. August. An. Aet. XXX. Das Schwert war wohl ein Geschenk des Kaisers an den Herzog Georg den Bärtigen (1471—1539), während oder kurz nach dem bekannten Reichstag zu Augsburg, auf welchem die politischen und freundschaftlichen Beziehungen beider Fürsten in Folge der Haltung des sächsischen Herzogs in den strittigen kirchlichen Fragen erneuert und gefestigt worden waren.
2. E, 65. Panzerstecher mit dreischneidiger, 1,08 m langer Klinge, welche in Messingtausia ein doppeltes Kreuz als Marke führt. Das Gefäß ist verhältnismäßig einfach im Gegensatz zu der silberbeschlagenen Lederscheide, welche in getriebener Arbeit Kinderfiguren, Turnier- und Jagdszenen im besten deutschen Renaissancestil zeigt. Auf die Herkunft der Waffe deuten das Medaillon Porträt des Kaisers Karl V. mit der Jahreszahl 1532, sowie der Reichsadler am Ortband der Scheide. Es dürfte sonach der Panzerstecher gleichfalls ein Geschenk des Kaisers an den Herzog Georg gewesen sein, dessen jüngerer Bruder Heinrich wegen seiner geringen politischen Bedeutung und wegen seines Hinneigens zum Luthertum dem Kaiser sicherlich nicht sympathisch war und daher unseres Erachtens nicht in Betracht kommt.
3. G, 137. Panzerstecher mit dreikantiger Klinge, welche als Marke ein Kleeblatt in Messingtausia führt. Das messingene Gefäß mit abgesetztem Griff und wenig nach abwärts gebogenen Parierstangen zeigt am Knauf den gekrönten kaiserlichen Doppeladler in gotisierender Form, unterhalb des Knaufes graviertes Blattornament im Stil der Frührenaissance. Das durchbrochen in Messing gearbeitete Mundblech lässt in seinen Ornamenten gleichfalls noch die ausgehende Gotik erkennen. Die Waffe, welche aus dem 3. oder 4. Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts stammt, dürfte dem Kaiseradler zufolge ebenfalls ein Geschenk Kaiser Karls V. an den sächsischen Herzog Georg gewesen sein.
4. E, 563. Kurzes Schwert mit der eingeätzten Figur der Judit und dem Bibelspruch «Alle Weisheit ist vonn Got dem herrnn vnnd ist bey Im ewiglich. Anno 1544» auf der italienischen Gratklinge. Das silberplattierte Gefäß ist seiner Form und Ausschmückung nach um 1590 erneuert worden. Eigentümlich kontrastieren die obszönen Bilder am Knauf mit dem frommen Spruch auf der Klinge. Am Ortband der Scheide, die noch das alte Beschläge aufweist, befindet sich ein in Silber getriebenes Bildnis des Kaisers Karl V. in Medaillon Form. Hiernach dürfte auch dieses Schwert ein Geschenk des Kaisers an einen sächsischen Fürsten gewesen sein. In Frage käme nur Herzog Moritz, der alsbald nach dem Tod seines Vaters, des Herzogs Heinrich (gest. 1541) die guten Beziehungen zum Hause Habsburg wieder hergestellt und dem Kaiser 1541 in Ungarn gegen die Türken, 1543 und 1544 gegen Frankreichs König Franz I. (gest. 1547) Hilfe geleistet hatte.
5. E, 562. Kurschwert des Kurfürsten Moritz (1521 — 1553). Geschenk des Kaisers Karl V. an den Herzog Moritz, als dieser am 24. Februar 1548, am Geburtstag des Kaisers, auf dem Weinmarkt zu Augsburg feierlich mit der Kurwürde belehnt wurde. Die Schwertklinge mit Inschriften zwischen geätztem und vergoldetem Blattornament, führt als Marke ein S. Das Gefäß und die Scheide sind in Silber getrieben und teilweise vergoldet. Die allegorischen Darstellungen und Ornamente auf der letzteren erinnern lebhaft an Vorbilder deutscher Kleinmeister; so der Kampf des Herkules mit Cacus (der Krieg) an Aldegrever; an denselben auch darunter die weibliche Figur mit Palmenzweig und Füllhorn (der Friede); die folgende weibliche Figur mit Palmenzweig und Glücksrad (das Glück) weist auf Sebald Beham; das in Silber getriebene Blattornament in Verbindung mit Arabesken auf Virgil Solis.2
Komposition und Technik der Goldschmiedearbeit verraten die Hand eines ganz hervorragenden Meisters. Als solcher ist mit großer Wahrscheinlichkeit der Nürnberger Gold- und Silberarbeiter Lorenz Trunck anzunehmen, dessen Marke, das gegeneinandergestellte Monogramm LT hier in doppelter natürlicher Größe beigefügt ist. Dasselbe Zeichen, allerdings ohne die hier erkennbaren vier Punkte, wird nämlich in einer Handschrift vom Jahre 1629 gedachtem Meister mit Sicherheit zugeschrieben.
1 Die Buchstaben A—M mit einer Zahl bedeuten den Saal und die Nummer des Gegenstandes im «Führer durch das königl. Historische Museum» von M. v. Ehrenthal.
2 Vergleiche A. Bartsch 8, 104; 8, 170; 9,473—498.
Bekannt ist von Lorenz Trunck, dass er 1528 in Nürnberg das Meistergeld bezahlte, sonach um 1500 geboren sein dürfte; in den -Aufzeichnungen des Christoph Kress wird er zwischen 1531 und 1535 mehrfach als Goldschmied erwähnt; 1538 wird er als Geschworener des Amtes genannt, woraus hervorgeht, dass er ein angesehener Bürger war; in demselben Jahr erscheint er als Zeuge für seinen ehemaligen Lehrjungen Jacob Hofmann. Von letzterem sagt Neudörfer, dass er in allen Goldschmiedearbeiten hocherfahren und darum bei Königen, Kur- und anderen Fürsten beliebt gewesen sei, woraus auch auf die Tüchtigkeit seines Lehrmeisters geschlossen werden darf. 1564 wird Trunck in Nürnberg erwähnt; zwei Jahre vorher war ihm seine Ehefrau, mit Namen Barbara, gestorben; er selbst schied am 5. Dezember 1574 aus dem Leben.1
6. Inventar 1606, S 722. „Schwert mit flachem Silbern eckichten knöpf, gebogenen Stangen, mit Silberbeschlagen, schwartz sammetener befranster griff,.in schwartz sammetener Schaide mit Silbern beschlege und Ortband, ganz Silbern geheng und schwartz ledern mit Silbernen beschlagenen Gürttel gefast, einem Messer und Pfriemb, mit silbern Hauben, hatt Churfürst Augustus zu Sachssen Hochlöblichster gedechtnus an König Ferdinand zu Oesterreich Hoff geführt“.
Das Schwert befindet sich im Saal E unter Nr. 18 und ist sonach im «Führer» um einige Jahre zu früh datiert. Die Klinge zeigt in Messingtausia den «Passauer Wolf», das Wort «Dienst» und die Zahl 47, die wohl 1547 zu lesen sein dürfte, da Herzog August nach der Schlacht bei Mühlberg den König nach Böhmen begleitet hatte und mehrere Monate am Prager Hof verblieb. An dem gravierten Blattornament der silbernen Montierung des besonders schön geformten Gefäßes und der Scheide treten charakteristische Merkmale nicht hervor.
7. E, 3. Ganzer geriffelter, geätzter und getriebener Harnisch; der Burgunderhelm mit niederem Grat, am linken Vorderfluge ein hoher Stoßkragen, rechts eine kleeblattförmige Schwebescheibe, starke Armkacheln, die Eisenschuhe in Form der Kuhmäuler. Auf der Brust mit schwach vorstrebendem Gansbauch das herzoglich sächsische Wappen. Der Harnisch gelangte 1558 als Geschenk des Erzherzogs Ferdinand von Tirol an Kurfürst August nach Dresden.2
Bei Betrachtung des Stückes springt zweierlei ins Auge: erstens das darauf angebrachte herzoglich sächsische Wappen, was mit der Tatsache in Widerspruch steht, dass August doch seit 1553 schon Kurfürst war; zweitens der Aufbau des Harnisches, der gleichfalls auf eine frühere Zeit der Anfertigung hindeutet, als 1558 —etwa auf 1545—1550. Einigen Aufschluss darüber gibt das erwähnte Schreiben des Erzherzogs. Es heißt darin, in modernes Deutsch übertragen: «Er, der Erzherzog, habe einem früheren Versprechen zufolge den Küriss für den Kurfürsten schlagen lassen und sei immer Willens gewesen, ihn persönlich zu präsentieren, dazu sei jedoch bisher keine Gelegenheit gewesen. Weil nun aber der Küriss schon lange fertig sei, der Erzherzog auch nicht wissen könne, wann sich die Gelegenheit, den Kurfürsten zu besuchen, bieten werde, so wolle er (der Erzherzog) den Küriss nicht länger aufheben und übersende demnach denselben durch seinen Plattner, der auch Anweisung geben könne, wie die zugehörigen Doppelstücke zu gebrauchen seien».
Der Zusammenhang dürfte etwa folgender sein: Kurfürst August (1526—1586), der zweite Sohn des Herzogs Heinrich von Sachsen, war am Hof des Königs Ferdinand von Böhmen zu Prag erzogen worden. Auch als Jüngling bis zu seiner Vermählung mit Anna von Dänemark 1548 weilte er oft am Hofe des Königs, dessen Söhne Maximilian (geb., 1527) und Ferdinand (geb. 1529) ihm eng befreundet waren. Nun arbeitete damals für den Hof zu Prag der Plattner Jörg Seusenhofer von Innsbruck3, mit dessen bekannten Werken der Dresdener Harnisch, sowohl was Aufbau, als auch Ausstattung betrifft, mancherlei Ähnlichkeit aufweist,4 sodass wir trotz mangelnder Marke ihn als eine Arbeit des genannten Meisters bezeichnen können. Die Entstehung des Harnisches dürfte dem Wunsch des Erzherzogs zu verdanken sein, seinem Freund Herzog August mit einem Küriss von der Hand des berühmten Plattners, der für Kaiser und Könige arbeitete, zu erfreuen. Infolge der Entfremdung, welche später zwischen dem sächsischen Kurfürsten Moritz, dem älteren Bruder Herzog Augusts, und dem Kaiser Karl V., dem Oheim unsers Erzherzogs, eintrat, ferner wegen der Pflichten, welche die Statthalterschaft in Böhmen letzterem auferlegte, und vielleicht auch wegen seines Liebesromans mit der schönen Philippine Welser, der bekanntlich erst 1557 mit der Vermählung des Paares und 1559 durch die Aussöhnung mit seinem Vater, Kaiser Ferdinand, einen Abschluss fand, mangelten wohl Zeit und Gelegenheit, das Geschenk persönlich dem Freund zu überbringen. Auch Herzog (später Kurfürst) August war seit 1547 nicht wieder am Hofe zu Prag gewesen, ebenso wenig an einem anderen Ort mit dem Erzherzog zusammengetroffen, sodass dieser sich endlich entschloss, den schon seit Jahren fertiggestellten Küriss durch seinen Plattner, vermutlich jenen Jörg Seusenhofer, nach Dresden zu senden.
8. Es sei hier eines Rennzeuges gedacht, welches Kurfürst August in demselben Jahr am 25. Juli bei «seinem Plattner» als Gegengeschenk für Erzherzog Ferdinand bestellte.5 Das Zeug führt heute in der kaiserl. Waffensammlung die Nr. 996. Es fragt sich, welcher sächsische Plattner wohl die Arbeit ausgeführt hat. Vergleiche ergeben, dass das Rennzeug in Aufbau und Ausschmückung dem im «Führer durch das historische Museum» unter C, 3 beschriebenen Rennharnisch des Kurfürsten August, sowie den unter Nr. 11 in diesem Aufsatz genannten Rennzeugen des Kaisers Maximilian II., die jetzt im Musée d’Artillerie zu Paris sich befinden, völlig gleicht. Als Verfertiger dieser drei Zeuge ist aber, wie später dargelegt werden wird, der kurfürstliche Hofplattner Hans Rosenberger zu Dresden ermittelt worden, und sonach ist dieser auch als Erzeuger des Rennzeuges Nr. 996 anzusehen. Hans Rosenberger (Hans von Rosenberg), wahrscheinlich aus Rosenberg bei Sulzbach in Bayern gebürtig, wurde 1522 «von Nürnberg» kommend, als städtischer Plattner in Leipzig bestallt und arbeitete dort sicher bis 1532. Im Jahre 1543 wird er bereits als Dresdner Bürger aufgeführt, die Nachrichten über ihn verlieren sich aber vor 1570. Seine Beziehungen zum kurfürstlich sächsischen Hofe lassen sich durch eines seiner Werke (C, 3), sowie urkundlich zwischen 1550 und 1564 verfolgen. Er war jedenfalls der eigentliche Hofplattner des Kurfürsten und hatte seine Werkstatt in einem Häuschen nahe der Rennbahn, etwa dort, wo heute die Gewehrgalerie steht.
Mit Siegmund Rockenberger ist jedoch Hans Rosenberger nicht identisch, wie W. Boeheim in seinem vortrefflichen Werk «Meister der Waffenschmiedekunst vom 14. bis 18. Jahrhundert» vermutet. Siegmund Rockenberger, höchstwahrscheinlich der Sohn Andreas Rockenbergers, war Hausbesitzer und Bürger in Wittenberg, seine Werkstatt dort lag ganz in der Nähe des kurfürstlichen Schlosses. Er starb erst um 1577 und hinterließ eine Witwe und mehrere Kinder. Aus den Aufzeichnungen in den Akten der Stadt Wittenberg ist durchaus nichts zu entnehmen, was darauf schließen ließe, dass Meister Siegmund den Ort auf längere Jahre verlassen und etwa in Leipzig und Dresden gearbeitet hätte. Abgesehen davon ergibt aber ein Vergleich des von Siegmund Rockenberger für August gefertigten Rennzeuges (C, 4) mit den anderen sächsischen Rennharnischen (C, 3; Wien, Nr. 996 Paris G, 114 u. 116), dass diese 4 ohne Zweifel von anderer Hand gefertigt sind, als das erstgenannte Zeug.
9. Inventar 1606, S. 428. „Rapier und Dolch mit ganz güldenen Knöpfen, Creutzen und Hefften, durchbrochener und geschmelzter schlangenarbeit gemacht, auf der Klinge De Tomas, die Schaiden schwarzer Sammet, das Ortband von gleicher Arbeit. Der leib und hengegürtel schwartzer sammet, das beschlege goldt von erhabener durchbrochener Arbeit, Welches Kaiser Maximilian Churfürst Augusten zu Sachsen, beider hochlöblichster seligster gedechtnus, zue Frankfurt am Mayn, im wehrend Wahltag verehret“.
Die Wahl des Erzherzogs Maximilian zum römischen König fand am 24. November 1562 statt. Unter durchbrochener und geschmelzter Schlangenarbeit ist der auf einer rau gemachten Fläche in feinen gewundenen Linien aufgetragene Goldschmelz zu verstehen, eine Technik, die sich zuerst bei den spanischen Wehrvergoldern findet. Die Garnitur ist nicht mehr vorhanden.
10. Inventar 1606, S. 427. „Ein Rappir, knöpf, Creutz mit zweien rundsbogen (doppelten Faustschutzbügeln), ganz gülden, mit schmelzwergk undt erhobener durchbrochener arbeit, und stehet auf der Klingen Forgass, in einer schwarz sammetenen schaide, durchbrochenen güldenen Ortbanden. Darbei ein Dolch, daran knöpf, hefft, Creutz, gefes undt Ortbandt ganz gol(den) und schmelzwergk, auch durchbrochen in einer schwartzsammetenen schaiden, Der leib und henggürtell, schwarzer sammet mit golt beschlagen, und Vorgemelte arbeit gleich, welches oberzehltes alles Kaiser Maximilian Churfürst Augusten zu Sachsen, beyder hochlöblichster seligster gedechtnus zu Dresden verehrt.“
Kaiser Maximilian II. war zweimal in Dresden, das erste Mal noch als römischer König mit seinem Bruder Erzherzog Ferdinand vom 4. bis 14. Januar 1564, das andermal mit seinen ältesten Söhnen (Ernst, Maximilian, Wenzel und Rudolf) und zwei Prinzessinnen, vom 12. bis 19. April 1575. Als Zeitpunkt für das im Inventar angeführte Geschenk würde sonach das Jahr 1564 oder 1575 in Frage kommen. Wir glauben jedoch aus der Beschreibung des Rapiers entnehmen zu müssen, dass es sich um ein Gefäß in einfacher Kreuzform mit zwei Faustschutzbügeln, also um eine frühe Form handelt und dass sonach die Wahrscheinlichkeit vorliegt, dass das Geschenk schon 1564 gemacht worden ist. In Frage käme das Rapier E, 103, dessen Gefäß obigen Angaben vollständig entspricht, dessen Klinge jedoch keinerlei Bezeichnung führt. Das Rapier ist italienisch.
11. Noch in demselben Jahre erfolgte eine Gegengabe des Kurfürsten an seinen kaiserlichen Freund. Es war «Zeug und Rüstung», welche er von seinem Plattner für die «Römische königl. Majestät» anfertigen ließ und die Anfang August in «drei Schlagfässer eingemacht» mit einem Geleitschreiben6 des Kurfürsten von Dresden (sic) nach Wien geschickt wurden. Die Rennzeuge, denn um solche handelt es sich, befinden sich nicht mehr im Besitz des Allerhöchsten Kaiserhauses, sondern im Musée d’Artillerie zu Paris (s. Cat. par L. Robert, G, 114 und G, 116). Wie sie dahin gekommen, ob 1809 durch Napoleon Bonaparte oder, wie in Paris behauptet wird, 1839 durch Ankauf von einem Händler, möge dahingestellt bleiben. Dass es die fraglichen Zeuge sind, dafür sprechen die folgenden Merkmale: Zunächst deren allgemeine Form, die mit anderen sächsischen Rennharnischen völlig übereinstimmt; weiter die Ätzmalerei, die ganz den Charakter der Dresdener Arbeiten jener Zeit repräsentiert, und endlich der kaiserliche Adler und — darüber — zwei in sich verschlungene M, welche bekanntlich als Maximilian II. und seine Gemahlin Maria von Spanien, eine Tochter Karls V., zu lesen sind. Dass dieses Monogramm keine Anwendung auf Kaiser Maximilian I. und dessen Gemahlin Maria von Burgund finden kann, ist schon von C. Gurlitt in seinem bereits zitierten Werk «Deutsche Turniere etc.» festgestellt worden. In derselben Schrift ist auch dargelegt worden, dass der Verfertiger der Zeuge der kurfürstliche Hofplattner Hans Rosenberger zu Dresden war, eine Annahme, der wir uns unbedingt anschließen müssen.
12. Im Jahre 1570 war Kurfürst August in Prag zu Besuch bei Kaiser Maximilian II. Hieran erinnern folgende Aufzeichnungen: Inventar 1606, S. 869. „Ein türkischer Sebell mit einer silbern, gewirkten (aus Silberdraht geflochtenen) schaiden, eisern vergüld beschlege und Silbern Zindelten Band, hat Churfürst August zu Sachsen etc. zu Prag bekommen.“
Es fehlt hier zwar der Vermerk, dass der Kurfürst den Säbel vom Kaiser bekommen habe — dies ist jedoch sehr wahrscheinlich. Handelte es sich doch um ein kostbares Stück, dessen Scheide eine neue Technik zeigte, ein Gewebe aus Silberdraht, das erst zu Anfang des folgenden Jahrhunderts allgemein bekannt wird. — Der Säbel ist nicht mehr in der Sammlung vorhanden.
13. Inventar 1606, S. 1437, „Kleidung zu Prag bey Röm. kay. Maytt. Ao. 70 gebraucht. Ein leibrock mit einem schürz und Mandell von silber und gülden Stück (Brockat) Dabey mit gülden Posamentborten und schnüren belegt. Ein bahr leibfarbene sammethosen mit seiden Strumpf. Ein Huet mit silbern und gülden stück überzogen und einen rot und gelb weiss federbusch. Ein bahr stiefeln von silbern stück mit gülden Posamentborten verbremet.“ Von dem Kostüm sind nur noch die Stiefel in der Sammlung vorhanden, s. Saal L, Pult I.
14. Inventar 1606, S. 429. Ein „Rappier und Dolch mit einem Bogen (Faustschutzbügel), daran die knöpf, hefft, Creutz, ganz golt und erhobener schmelzwergkarbeit, die klingen kurz, darauf Andreos, in schwarz sammetener schaiden u. s. w. Welches Kaiser Maximilian hochlöblicher seligster gedechtnus Herrn Christian, Herzogen zu Sachssen verehrt.“
Die Garnitur, um die es sich hier handelt, befindet sich nicht mehr in der Sammlung. Wie bei 9 und 10, so waren auch hier die Gefäße von Rapier und Dolch, sowie die Beschläge an der Scheide und dem Behänge mit Goldschmelz verziert. Das Wort «Andreos» auf der Rapierklinge weist vielleicht auf die Werkstatt des berühmten Belluneser Klingenschmiedes Andrea Ferrara. Dass die Klinge ausdrücklich als «kurz» bezeichnet wird, deutet darauf hin, dass das Rapier wohl einem Knaben verehrt wurde, und es dürfte der junge Herzog Christian (1560—1591) der Empfänger desselben gewesen sein, als Kaiser Maximilian 1575 zu Besuch am kursächsischen Hofe in Dresden weilte.
1 Die biographischen Notizen über Lorenz Trunck verdanke ich der schon mehrfach bewährten Kollegialität des Professor Dr. Marc Rosenberg in Karlsruhe, welcher auch Besitzer der angeführten Handschrift ist.
2 Vergl. H. St. A. Loc. 8505, Erzherzog Ferdinands Schreiben, 1550—1585.
3 Wendelin Boeheim, Meister der Waffenschmiedekunst.
4 C. Gurlitt, Deutsche Turniere. Rüstungen und Plattner.
5 H. St. A.,Kop. 277 Bl. 199.
6 H. St. a. 326, Bl. 59.
15. Inventar 1606, S. 428. „Ein Rappier und Dolch mit ganz güldenen knöpfen, hefften, Creutzen Und einem runden bogen, durchbrochener und geschmelzter Schlangenarbeit gemacht, auf der Klingen eine kleine geschlagene Krohne, darunter ein S, schwarz, sammetener schaide, Ortbänder und Gefess ganz golt und gleicher arbeit (wie die Gefäße) die heng und leibgürtell gleichfalls mit goldt beschlagen, welches dem alten in Gott ruhenden Churfürst Augustus Zue Sachssen hochlöblichsten gedechtnus von Erzherzogk Ferdinandt zu Oesterreich verehrt worden.“
Das Rapier dieser Garnitur befindet sich im Saal E unter Nr. 203. Es bietet für den Waffenhistoriker einige interessante Momente. An dem spanischen Gefäß mit besonders zartem Goldschmelz sind als Künstlerzeichen je zwei verschlungene D und C sichtbar, die auf den spanischen Wehrvergolder Didacus oder Diego de Qajas hinweisen. Die vorzügliche, mit einem Hohlschliff versehene Klinge führt als Marke ein gekröntes S, K nebst einem zweiten Zeichen, einem Pfeil, der als Beschau anzusehen sein dürfte. Die S-Marke, welche von derjenigen der Toledaner Klingenschmiedfamilie de Sahagun abweicht, findet sich genauso auf einem Rapier in der Spitzerschen Sammlung (Kat. Nr. 165) vor, auch hier mit dem Spruch, In te Domine speravi, non confundar, der dort irrtümlich Rodriguez de Domingo gelesen ist. Diesseits war im «Führer» als Verfertiger der Klinge bisher der ältere Juan Martinez angesehen worden, der bekanntlich seine Klingen häufig mit obigem Wahlspruch versah; es kann jedoch diese Annahme nicht aufrecht erhalten werden, da Martinez erst gegen Ende des 16. Jahrhunderts arbeitete und die Garnitur dem Kurfürsten schon 1574 oder 1575 von dem in diesen beiden Jahren in Dresden zu Besuch weilenden Erzherzog zum Geschenk gemacht worden ist —, abgesehen davon, dass auch die Meistermarke hiergegen spricht.
16. Inventar 1606, S. 430. „Ein Rappier an welchem Knopf und Creutz ganz goldt mit schlechter (schlichter) arbeit, das hefft mit güldenen Draht bewunden die klingen mit halben Rücken, der Dolch darzu gehet durch des Rappieres Knopf, in schwarz sammetener schaiden etc., welches Churfürsten Augustus zu Sachssen hochlöblichster gedechtnus von Erzherzogk Ferdinand zu Oesterreich verehrt worden.“
Die Waffe befindet sich im Saal G, Pult II. Die Rapierklinge trägt mehrere bekannte Mailänder Schmiedezeichen, so das «gekrönte M», die «Brille», den «ganzen Reichsapfel» und die Marke wie bei G, I im „Führer“ von M. v. Ehrenthal. Die Struktur des Gefäßes weist auf die Zeit um 1570 hin. Vermutlich beschenkte der Erzherzog den Kurfürsten mit dem Rapier 1574 oder 1575, als er zu Besuch in Dresden weilte. Um jene Zeit begann auch der Erzherzog sich auf das Sammeln historisch denkwürdiger Waffen zu verlegen. Er schrieb deshalb wiederholt an Kurfürst August, um sich von ihm Harnische zu erbitten, welche dieser selbst, sein Bruder Herzog Moritz und dessen Gegner, der Kurfürst Johann Friedrich «im letzten Reichskriege», also im Kampf gegen den Schmalkaldischen Bund, getragen hatten.1 Aus der Korrespondenz beider Fürsten geht hervor, dass der Erzherzog im Jahre 1576 die gewünschten Harnische erhielt; namhaft gemacht wird jedoch nur «der Leibharnisch des Churfürsten Moritz», der heute in der kaiserl. Waffensammlung die Nr. 202 führt. Bemerkt sei, dass dieser Harnisch im Aufbau sowohl als auch in einigen charakteristischen Details an die Arbeiten des älteren Peter von Speyer erinnert, der sich, von Nürnberg kommend, um 1540 als Plattner zu Annaberg in Sachsen niedergelassen hatte; eine Meistermarke findet sich an dem Stück nicht. Wahrscheinlich ist auch ein Harnisch des Kurfürsten Johann Friedrich (Kat. 196) als Geschenk von Dresden nach Innsbruck gekommen. Später blieben ähnliche Wünsche des Erzherzogs unberücksichtigt, da der Kurfürst selbst Sammler war, dagegen übernahm es August bei anderen Fürsten, für den Erzherzog Harnische zu erbitten, und so erhielt Ferdinand durch dessen Vermittlung 1585 den auf den Markgrafen Albrecht Achilles von Brandenburg getauften Leibharnisch, Kat. NR. 61.
17. Inventar 1606, S. 1216. „Zwo kurze kaiserische Pirschbüchsen mit halben anschlegen, Und Silbern blatten.“ Was für kaiserliche Büchsen hierunter gemeint waren, konnte nicht ermittelt werden. Vielleicht war die eine davon die Bürschbüchse des Kaisers Maximilian I. die Kaiser Rudolf II. (reg. 1576—1612) dem Kurfürsten August 1579 verehrt hatte.2 Das Stück, dessen historische Beziehungen im Laufe der Zeiten wohl in Vergessenheit gerieten, ist leider nicht mehr vorhanden.
1 H. St. A. Erzh. Ferdinands Schreiben 1550—1584, Bl. 84.87,88.
2 Vergl. Hirn, Erzherzog Ferdinand II. von Tirol, S. 428.
Während der Regierungszeit des Kurfürsten Christian I. (1586—1591) fehlt ein Nachweis in unseren Akten über Geschenke des Habsburgischen Fürstenhauses. Bei der Sorgfältigkeit, mit welcher die Inventare von 1606 und 1680 angelegt sind, kann man annehmen, dass in der Tat auch keine Geschenke des Kaiserl. Hofes an den Kurfürsten gemacht worden sind. Hieran war ohne Zweifel die Entfremdung schuld, die infolge der politischen Haltung des durch Kanzler Crell beeinflussten Kurfürsten schon bald nach dessen Regierungsantritt zwischen beiden Höfen eingetreten war. Nach des Kurfürsten frühem Tod und Crell’s Sturz stellte der Administrator, Herzog Friedrich Wilhelm von Weimar, der Vormund des noch minorennen Kurfürsten Christian II. (1583—1611), alsbald die guten Beziehungen zum Hause Habsburg wieder her und wir finden die Bestätigung dieser Tatsache auch in dem zweiten der oben angeführten Inventare.
18. Inventar 1680, II. Tl. S. 486. «Eine gezogene Kugelbichsse, der Schafft mit bein ausgelegt und verädert, dass Schlossblech und Rohr gestochen, auf dem Rehre stehet Rudolphus II. Rom. imperat. 1594 und die Buchstaben L. FI.“
Die Büchse war sonach ein Geschenk des Kaisers an den jungen Herzog Christian (II.). Sie befindet sich heute nicht mehr in der Sammlung.
Am 23. Februar 1602, bald nach dem Regierungsantritt des Kurfürsten Christian II., überbrachte ihm eine besondere Gesandtschaft die nachbenannten Geschenke des Kaisers Rudolf II.
19. Inventar 1680, II. Tl. S. 39. „Zwei lange türkische Copi“, das sind lange Reiterspieße mit dreikantigen, hohl ausgezogenen Klingen, die im Orient unter dieser Benennung schon längst bekannt waren. Die Schäfte der Spieße waren mit Malerei und silbernem, vergoldetem Beschläg geziert; unter den Klingen war je ein seidenes Fähnlein angebracht.
20. Inventar 1680, II. Tl. S. 128. Ein Paar Panzerärmel von eisernen und messingenen Ringen, oben mit rotem Riemen. Ohne dass es besonders ausgesprochen wird, darf angenommen werden, dass wohl auch hier die Arbeit orientalisch war.
21. Inventar 1680, II. Tl. S. 193 —196. Ein tatarisches Habit, bestehend aus einem Rock von rotem Tuch mit seidenen Schleifen und Knöpfen, einem Unterrock von gelbem Atlas mit goldenen Knöpfen und Schleifen, einem Paar Hosen von braunem Tuch, einer karmesin-rot seidenen gestickten Leibbinde, endlich einem Paar rot-lederner türkischer Stiefeln. Dabei war ein «lebendiger Tartar» und ein «rotschimmligtes geschecktes Ross». An Waffen gehörten hierzu:
22 a—d. a) Eine kupferne, vergoldete, mit rotem Samt gefütterte tatarische Armschiene mit Lederhandschuh daran. Saal J (türkisches Zelt), Schrank II. b) Ein tatarischer Säbel, J, 102; c) Bogen und Pfeile nebst dazu gehörigen Köchern; endlich d) eine braunlederne Karbatsche.
23. Inventar 1680, II. Tl. S. 196—199. Ein anderes Habit, von einem Mohren überbracht nebst drei Rossen «von denen der Mohr einen Schweißfuchs geritten». Es gehörte dazu ein «türkischer Bundt von braun wollenem Schleier gewunden» (das war ein Turban), ferner ein scharlachroter türkischer Rock; ein Unterrock von weißem Atlas, an den Fäusten ein Paar eiserne Panzerhandschuhe; eine lange Leibbinde von Karmesin-roter Seide; endlich ein Paar gelblederne türkische Schuhe. An Waffen waren dabei:
24 a—d. a) Ein türkischer Säbel, dessen Montierung aus vergoldetem Silberblech bestand, während sich auf den beiden Bundringen der Scheide türkische Inschriften befanden — J, 166 —. Ferner (b) ein türkischer Dolch mit damaszierter wohlriechender Klinge, hölzernem, mit silbernen Rosetten beschlagenem Griff und massiv silberner, reich ornamentierter, auch mit Niello geschmückter Scheide. — J, —. Für diejenigen Leser, denen eine «wohlriechende Klinge» etwas Unbekanntes sein sollte, sei bemerkt, dass es der Duft des den Kern der Scheide bildenden Sandelholzes war, der sich auf die Klinge übertrug und so die Täuschung hervorbrachte, als sei der Stahl wohlriechend gemacht worden. Weiter (c) eine türkische Placke mit einem Hammer, etwas ausgefeilt und vergoldet, an einem braunhölzernen Stiel; endlich (d) ein türkischer Bogen mit Pfeilen in silberbeschlagenem Köcher. — J, 230 bez. 198 a und b.
25. Inventar 1680, I. Tl. S. 556 Der Kaiser verehrte 1607 dem Kurfürsten ein Reitzeug, mit schwarzem Samt bezogen und mit vergoldetem Messingbeschlag und mit Perlen besetzt, das aber nicht mehr in der Sammlung vorhanden ist. Im Jahre 1610 besuchte der Kurfürst den Kaiser in Prag. Der Zweck der Reise dahin war ein politischer, denn außer mancherlei Reichsangelegenheiten, die zu Prag zwischen ihm und dem Kaiser, sowie einigen katholischen Reichsfürsten beraten werden sollten, begehrte Christian II. vom Kaiser die Belehnung mit den Herzogtümern Jülich und Cleve, die auch am 7. Juli 1610 zu Prag erfolgte. An dieses Ereignis erinnert das noch in der Sammlung (Saal L, Schrank III) bewahrte Kostüm von rotbraunem Atlas, welches der Kurfürst zu dem feierlichen Akt getragen hatte.
Dem damaligen Brauch entsprechend, wurden unter den beiden Fürsten Geschenke ausgetauscht, und so erhielt der Kurfürst vom Kaiser unter anderen die nachgenannten Waffen verehrt:
26. Inventar 1680, I. Tl. S. 728. Rapier mit stilvoll in Eisen geschnittenem Gefäß, dessen en relief hervortretendes Ornament mit der Pomona am Knauf, Tritonen und Nereiden an den Bügeln, sich von vergoldetem Grund wirksam abhebt. Die Technik des Eisenschnittes ist derjenigen Othmar Wetters verwandt, sodass auf einen süddeutschen, vielleicht Münchener Gefäßschmied geschlossen werden darf. Diese Vermutung gewinnt noch dadurch an Wahrscheinlichkeit, als eine in der Sammlung bewahrte Jagdwaffengarnitur — M, 310 a, b —, eine Arbeit aus dem ersten Viertel des 17. Jahrhunderts, die augenscheinlich von der Hand desselben Meisters stammt, dem Kurfürsten Johann Georg II. (1612 —1680) von dem Herzog Albert in Bayern (1584—1666) zum Geschenk gemacht worden ist. Vielleicht trägt die beigefügte Abbildung des Gefäßes (Tafel IV) dazu bei, auf die Spur des bis jetzt noch unbekannten Künstlers zu führen. Auf der Klinge unseres Rapiers — E, 687 — finden sich der Name und die Marken des ausgezeichneten Toledaner Klingenschmiedes Pedro Hernandez.
27. Inventar 1680, I. Tl. S. 1365. Ein Pallasch mit damaszierter Klinge und einem Gefäß von polnischer Form. Die Montierung von vergoldetem Silber, die Scheide aus einem Gewebe von Silberdraht — E, 735 —. Fast alle Verzierungen weisen auf orientalische Vorbilder, wie sie an Arbeiten des Wiener Goldschmiedes Nicolaus Groß häufig vorkommen. Dessen Signum trägt jedoch nur eine seiner Arbeiten in der Sammlung, der Panzerstecher E 737.
28. Inventar 1680, I. Tl. S. 1363. Ein Reitzeug mit aufgeheftetem silbernen und vergoldeten Beschlag im Ohrmuschelstil, in das Türkisen, Rubinen und Granaten eingelassen sind. Das Zeug befand sich dem Inventar nach auf einem geschnitzten hölzernen Pferd, der Schleicher genannt, wohl eine Nachbildung des Pferdes, das der Kaiser dem Kurfürsten einst zu Prag mit dem Reitzeug zum Geschenk gemacht hatte. Saal K, Schrank XI.
29 a —e. Die Vorliebe des Kurfürsten für kostbare Waffen betätigt sich durch einen Auftrag, den er gelegentlich seiner Anwesenheit dem dortigen berühmten Goldschmied Johann Michael erteilte. Es war eine mit böhmischen Granaten und Amethysten reich geschmückte Waffengarnitur, bestehend aus Pallasch, Säbel, Pusikan und einem Paar Sporen (E, 728—731), sowie einem Reitzeug (K, 4), deren Ablieferung jedoch erst 1612, also nach seinem Tode, erfolgte. Der Nachfolger des Kaisers Rudolf II. war Kaiser Matthias (1557—1619). Seine freundschaftlichen Beziehungen zum sächsischen Hofe lassen sich aus unseren Akten bereits gegen Ende des 16. Jahrhunderts nachweisen.
30. Inventar 1606, S. 634. „Ein eisenfarb Rapier mit ausgefeiltem knöpf und Creutz, einer gebogenen Kreutzstangen mit kleinen Knöpflein. Die Klinge mit einem hohlen Reiff in schwarz lederner Schaiden ist Erzherzogk Matthias zu Oesterreich gewest.“
Das Rapier, welches jetzt die Nr. 198 in Saal E führt, stammt noch aus dem letzten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts. Die Einfachheit der Waffe deutet darauf hin, dass sie wohl mehr zum täglichen Gebrauch, denn als Gala- oder Prunkwaffe gedient hat. Die vorzügliche Klinge mit fast bis zur Spitze reichendem Hohlschliff trägt die Marken des älteren Juan Martinez.
31. Inventar 1606, S. 855. „Ein türkischer Pflitschbogen sambt einem gelb gemachten Türkischen köcher und Futter mit zugehörig Sehnen und pfeilen, hat Erzherzogk Matthias zu Oesterreich verehrt, Seind aus der Kunstkammer hierher gegeben worden.“
Der türkische Bogen, von dem nicht gesagt ist, welcher sächsische Fürst ihn erhalten hat, wird nicht mehr in der Sammlung bewahrt.
32. Inventar 1606, S. 1125. „Erzherzog Matthias schenkt am 8. September 1602 dem jungen Kurfürsten Christian II. einen Schimmel nebst einer Rossdecke, die auf der Stirn das kurfürstliche Wappen trägt.“
Auch vom Erzherzog Albrecht (1559—1621), dem jüngsten Sohn des Kaisers Maximilian II., werden Gegenstände angeführt, die er dem Kurfürsten Christian II. verehrt hatte:
33. Inventar 1606, I. Tl. S. 1177. «Am 28. Januar 1604 Drey blausammetene Pferdedecken mit Kappen und Vorgebügen, mit weiss und rothem Atlas und Silbern Schnuren eingefasst. Darauf das österreichische Wappen mit dem goldenen Vlies ...“
34. Inventar 1680, I. Tl. S. 1319. „Zwei blausammetene Pferdedecken“, welche der Erzherzog dem Kurfürsten 1611 zum Geschenk machte. Das Ansehen, welches der Kurfürst genoss und die Bedeutung, die seinem politischen Einfluss und seiner Macht beigelegt wurde, geht weiter daraus hervor, dass ihm eine besondere Gesandtschaft des Königs Philipp III. von Spanien (1578—1621) am 21. Mai 1603 die nachbenannten kostbaren Geschenke überbrachte:
35. Inventar 1606, S. 972 — 974. «Zwei Sehmische“ (vom sämischen Leder gefertigte) Sättel von grauem Leder, mit gelber Seide gesteppt und mit messingenen Nägeln beschlagen; „zwei sehmische“ Sättel, mit grüner Seide gesteppt und mit vergoldeten Spangen beschlagen; ein dergleichen Sattel mit feilbrauner (violett-brauner) Seide gesteppt. Sechs welsche schwarzlederne Zeuge und Vorgebüge (Vorderzeuge), jedes mit einem vergoldeten Rücken, bei dem die zugehörigen Gurt und Bügel; sechs schwarzlederne Satteldecken, mit grauem Tuch gefüttert; sechs weißlederne Holftern, mit gelbem Tuch gefüttert; sechs weißlederne Trensen (gestehe) mit Löffelgebissen; sechs weißlederne Schweifriemen; vier paar bloße Stangen (Kandarenstangen) mit Messingbuckeln; zwei schwarz-samtene Schweif (Schweifhülsen) mit messingenen Heften.
Diese sechs Reitzeuge, von denen sich keines mehr in der Sammlung befindet, gehörten zu sechs edlen spanischen Pferden. In Folge des frühes Todes des kinderlosen Kurfürsten Christian II. gelangte dessen jüngerer Bruder, Herzog Johann Georg I., im Jahre 1611 zur Regierung. Am 3. Juni 1612 war König Matthias zu Frankfurt a. M. zum deutschen Kaiser erwählt worden. Am 18. Juni verehrte er daselbst dem sächsischen Kurfürsten (36.) ein graues türkisches Pferd nebst zwei gelbtuchenen Rossdecken mit aufgenähten schwarz und weißen burgundischen Kreuzen (Inventar 1680, II. Tl. S. 1343). Im August 1617 war der Kaiser in Dresden. Unter den Geschenken, welche der Kurfürst von seinem hohen Gast erhielt, waren:
37. Inventar 1680, I. Tl. S. 948. Ein kostbares türkisches Reitzeug; das Beschläge von vergoldetem Silber mit aufgehefteten Nephritplättchen, in die Türkisen und Rubinen eingelassen sind, — K, 5 —.
38. Inventar 1680, II. Tl. S. 840. Ein Hundehalsband von grünem Samt mit dem Monogramm und dem Wappen des Kaisers. Dieses Hundehalsband war für einen großen englischen Jagdhund bestimmt, eine Rasse, die seit Anfang des 17. Jahrhunderts sich großer Beliebtheit in Deutschland erfreute, — M, 328 —.
Es mögen an dieser Stelle, (39 a, b) zwei grünsamtene Hundehalsbänder mit dem Kaiseradler in der Mitte und zwei silbernen gegossenen und ziselierten Löwenköpfen zu beiden Seiten des Adlers — M, 327 und 333 —, Erwähnung finden, die in den älteren Inventaren nicht aufgenommen sind. Stilistisch stammen sie aus der Zeit um 1620, könnten sonach noch ein Geschenk des Kaisers Matthias (gest. 1619) oder aber seines Nachfolgers auf dem Thron, Kaiser Ferdinand II. (1578 —1637) gewesen sein. Kaiser Ferdinand war dem sächsischen Kurfürsten nicht allein für dessen Haltung bei der Kaiserwahl am 28. August 1619, sondern auch für die bewiesene Treue in der böhmischen Frage (hier war Ferdinand förmlich abgesetzt und als Gegenkönig Kurfürst Friedrich V. von der Pfalz gewählt worden) zu großem Dank verpflichtet. Er betätigte seine dankbare Gesinnung durch einige kostbare Geschenke, welche er dem Kurfürsten am 14. Februar 1620 durch einen besonderen Gesandten, den Herzog Heinrich Julius zu Sachsen-Lauenburg, übergeben ließ.
39 a, b. E, 738, 739. Pallasch nebst Pusikan (Prunkstreitkolben), deren Montierung reiche orientalische Goldschmiedearbeit zeigt. Am Pusikan allein befinden sich 198 Edelsteine, zumeist Rubinen und Türkisen. Auf der silbernen und vergoldeten Scheide des Pallasches sind Nephritplättchen aufgeheftet, in die wiederum Edelsteine eingelassen sind. Der Pallasch stimmt in Form und Ausstattung völlig überein mit Nr. 3030 in der historischen Abteilung der Millenniumsausstellung zu Budapest im Jahre 1896. Letztere Waffe ist Eigentum des Fürsten Paul Esterhazy. Ähnlichkeit mit beiden Stücken hat auch ein Pallasch des Grafen Sermage in derselben Abteilung (Nr. 3045), auf dessen Klinge eine unorthographische Inschrift angebracht ist, die auf persischen Ursprung der Waffe deutet, nämlich: «hunc gladium antiquum persicum praeda in bello contra Turcas.1
Zu den Prunkwaffen gehörte auch 40, ein Reitzeug — K, 6 —, dessen Beschläge dieselbe orientalische Goldschmiedearbeit zeigt, wie 39, a, b. Besonders reich mit Steinen und Perlen geschmückt ist das Beschläge des Sattels. Mit dem Reitzeug verehrte der Kaiser dem Kurfürsten ein Ross, genannt «Der schöne König».
41. a, b. Saal K (ohne Nummer). Zwei rotsamtene Maultierdecken, mit goldenen Borten besetzt, in der Mitte des Monogramms des Königs Philipp IV. von Spanien (1605—1665), welcher die Decken nebst nicht vollständig beschirrten Maultieren, deren Zaumzeuge als Schmuck je drei silberne Scheiben mit dem eingestanzten kursächsischen Wappen trugen, dem Kurfürsten Johann Georg I. im August 1636 durch einen Gesandten, den Oberst Paradeysser, überreichen ließ. Von den Zaumzeugen werden noch vier in der Sammlung bewahrt.
42. Inventar 1680, I. Tl. S. 776. „Rappier mit Christallinen (prismatisch) geschnittenen lenglichten knöpfe und grieffe, (Gefäß) ober und unter sich gebogenen Creutzen, die klinge oben ausgeschliffen und mit Buchstaben MILANA, in einem rothledernen mit rothem Sammet gefütterten Futral. Wozu eine Scheide von schwarzen Sammet mit silbernen und Christallinen geschnittenen Orthbande, auch einen silbernen hacken. Welches Churfürst Johann Georgen dem Ersten am 9. Juny ao. 1641 von Erzherzog Leopold Wilhelm zu Oesterreich als der damaligen Röm. kayserl. Mayst: Generalissimo, allenseits glorwürdigsten andenkens allhier zu Dresden praesentirt worden war.“
Das Rapier, welches in Saal C, Feld IV, bewahrt wird, zeigt uns den Niedergang von Kunst und Handwerk in jener kriegsbewegten Zeit. Weder das einfache Gefäß noch die Klinge stehen in Bezug auf Qualität auf der Höhe der Arbeiten des 16. Jahrhunderts. Das kostbarste an dem Geschenk war vermutlich das Futteral, das sich jedoch nicht bis auf unsere Zeit erhalten hat.
43. Inventar 1680, II. Tl. S. 1351. Sieben Pferdedecken von rotem Tuch, mit grünen burgundischen Kreuzen besetzt, auch zu beiden Seiten mit den Kurschwertern und dem Rautenkranz geziert; nebst ebenso viel Pferden dem Kurfürsten Johann Georg II. (1612 —1680) von dem «Kaiser Leopold I. (1640 —1705) am 31. Dezember 1657 verehrt. Der Inventarvermerk ist insofern nicht ganz zutreffend, als die Wahl Leopolds zum deutschen Kaiser erst am 18. Juli 1658 erfolgte. Von den Decken ist keine mehr vorhanden.
Es sei hier eines Ereignisses in der Geschichte gedacht, das mit einem Gegenstand in der Sammlung im Zusammenhang steht, nämlich der Befreiung Wiens von der türkischen Belagerung am 12. September 1683, und des türkischen Zeltes, das bei dieser Gelegenheit erbeutet wurde. An dem glorreichen Krieg der verbündeten Deutschen und Polen unter dem Oberbefehl des Königs Johann Sobieski nahmen auch 8000 Sachsen teil, geführt von ihrem tapferen Kurfürsten Johann Georg III. (1647—1691). Durchdrungen von dem Geiste ihres Führers waren die Sachsen die ersten, die eine christliche Fahne im türkischen Lager aufpflanzten; die sächsischen Reiter waren die ersten, die vor den Toren Wiens erschienen; die Sachsen waren, wie Augenzeugen bestätigten, die ersten im Kampf, die letzten bei der Plünderung. Ihre Beute war daher nur gering; sie bestand aus 11 Geschützen, einigen Waffen und Trophäen, sowie den beiden vom türkischen Heerführer Kara Mustapha benutzten Zelten (44 a, b). Während eines der Zelte in Verwahrung des Königlichen Hausmarschallamtes sich befindet, ist das andere im historischen Museum (Raum J) aufgeschlagen und als eines der historisch wertvollsten Stücke der Sammlung anzusehen.2 Auch Kürass und Eisenkappe, die der Kurfürst beim Entsatz von Wien trug, befinden sich in der Sammlung (G, 113).
45. Blausamtenes, in Gold gesticktes Reitzeug, „1689 zur Krönung des römischen Königs Joseph angeschafft“ und wohl zum Gebrauch für den Kurfürsten Johann Georg III. selbst bestimmt. Da jedoch der Kurfürst, als die Krönung am 14. Januar 1690 zu Augsburg stattfand, im Feld gegen Ludwig XIV. am Rhein stand, so wurde das Zeug von seinem Vertreter, dem Grafen Georg Ludwig v. Zinzendorf benutzt. Dem Grafen waren als sächsische Mitglieder des Konklaves noch beigegeben: Frhr. Otto Heinrich v. Friesen und Friedrich v. Bose. 46. Gewehr-Galerie, Schrank XV. Ein Paar Pistolen mit messingenem Beschlag und messingenen vergoldeten Läufen, die mit Melchior Wetschgin (nach Boeheim arbeitete ein Büchsenmacher Andreas Wetschgi um die Mitte des 18. Jahrhunderts in Augsburg) gezeichnet sind. Auf den Schäften befindet sich das in Silber getriebene Portrait des Kaisers Leopold I. Geschenk des Kaisers an den Herzog Friedrich August (den Starken), als dieser vom 15. bis 20. April 1689 am Hofe zu Wien weilte.
1719, am 20. August, hatte zu Wien die Vermählung des Kurprinzen Friedrich August (1696— 1763), des Sohnes König Augusts des Starken, mit der Erzherzogin Marie Josepha von Österreich, einer Tochter des Kaisers Joseph I., stattgefunden. An diese Verbindung erinnern eine Anzahl Gegenstände in der Sammlung: 47, 48. Ein rotes und ein blausamtenes Schlittenzeug (Saal K, 15. 16.) nebst zwei gelbsamtenen Schlittendecken, die eine mit dem sächsisch-polnischen Wappen, die andere mit dem gleichen Wappen und dem österreichischen Bindenschild in der Mitte. In Wien auf Bestellung zu einer Schlittenfahrt angefertigt, als die Verlobung stattgefunden hatte.
49. Das Modell einer von Maurot erbauten Prachtgondel, in welcher die Erzherzogin von Pirna nach Dresden eingeholt wurde (Saal K).
50, 51. Zwei Hofkleider des Königs August des Starken, die er am Tage der Vermählung seines Sohnes in Dresden trug (Saal K, Schrank VII). Unter den Festlichkeiten, die fast ohne Unterbrechung einen Monat währten, war auch ein Turnier zu Pferde, ein Stechen, das letzte derartige Ritterspiel am sächsischen Hof. Die dabei beteiligten Edelleute, deren Namen bekannt sind3 erhielten flämische, Lanzen und Pferdezeuge aus der Rüstkammer.
Hiermit beschließen wir unsere Aufzeichnungen, die immerhin einigen Einblick gewähren in das freundschaftliche Verhältnis der beiden erlauchten Fürstenhäuser während eines Zeitabschnittes von zwei Jahrhunderten. Selbstverständlich waren es nicht allein Waffen und Pferdezeuge, welche den Gegenstand von Geschenken bildeten, auch Kunstobjekte anderer Art kamen, wie aus den alten Inventaren der kurfürstlichen Kunstkammer ersichtlich ist, als Gaben der Habsburgischen Fürsten in die Dresdener Sammlungen. Wir werden vielleicht später noch Gelegenheit finden, auch diese Gegenstände in den Kreis unserer Betrachtung zu ziehen, um damit die gegenwärtige Arbeit zu vervollständigen. Anderseits dürfte es nicht uninteressant und für die kunsthistorische Forschung nützlich sein, wenn auch nach den in Wien oder Prag bewahrten Archivalien die Gegengaben der Wettiner an Mitglieder des Hauses Habsburg, insoweit sie in den kaiserl. kunsthistorischen Sammlungen noch vorhanden sind, festgestellt werden könnten. Denn dass auch diesseits Präsente überbracht und überschickt worden sind, steht wohl außer allem und jedem Zweifel.
Endlich sei noch daran erinnert, dass während des Dreißigjährigen Krieges und nach ihm Kunst und Kunstgewerbe im deutschen Reich gänzlich darniederlagen, sodass es erklärlich erscheint, wenn der Austausch von Geschenken in jener Zeit fast unterblieb — bis schließlich im 18. Jahrhundert die Gepflogenheit unter den abendländischen Fürsten, sich mit Waffen, Pferden und Pferdezeugen, sowie Kunstgegenständen aller Art Aufmerksamkeiten zu erweisen, anderen Gebräuchen Platz machte.
1 Yergl. Szendrei, Joh., Ungarische kriegsgeschichtliche Denkmäler in der Millenniumsausstellung 1896.
2 Vergl. S. 166 ff. im Führer von M. v. Ehrenthal.
3 Führer von M. v. Ehrenthal S. 45—47 und S. 54
Quelle: Zeitschrift für Historische Waffenkunde. Organ des Vereins für historische Waffenkunde. I. Band. Heft 5, 6, 7. Dresden, 1897-1899.