Von Max von Ehrenthal in Dresden.
Neben den berufsmäßigen Ätzern waren im 16. und 17. Jahrhundert auch Angehörige anderer Berufszweige, z. B. Goldschmiede, Kupferstecher, Holzschneider und endlich die Waffenschmiede selbst, an der Ausschmückung von Schutz- und Angriffswaffen mit Ätzmalerei beteiligt. War doch die Ätzkunst eine freie Kunst, den Beschränkungen zünftiger Gesetze nicht unterworfen, und konnte sonach von jedem ausgeübt werden, der sie verstand. Zu dieser Klasse von Ätzern gehörte vermutlich auch Albrecht Glockendon. Nach «Johann Neudörfers Nachrichten über Künstler und Werkleute zu Nürnberg aus dem Jahre 1547», herausgegeben von Dr. W. K. Lochner, war er der Sohn eines Illuministen, Jörg Glockendon, der 1515 starb. In demselben Jahr wird Albrecht Glockendon gelegentlich der Erb-Auseinandersetzung mit seinen Geschwistern zum ersten Mal urkundlich genannt. 1521 war er verheiratet und kaufte ein Haus, woraus zu schließen ist, dass er inzwischen sich ein eigenes Geschäft gegründet hatte. Über seine Vielseitigkeit erfahren wir aus der angeführten Schrift, dass er nicht nur die Kunstfertigkeiten eines Illuministen verstand, sondern auch als Holzschneider, Formschneider, ja sogar als Glasmaler tätig gewesen ist. Im deutschen Versemachen sei er schier ein halber Poet gewesen und habe mit solchen Versen auch die Historien seiner Gemälde geziert. Die letzte Aufzeichnung über den Meister datiert aus dem Jahre 1556, worin ihm für 500 königliche Wappen, die er für den Reichstag zu Regensburg angefertigt hatte, 31 fl. 45 kr. bezahlt werden. Von seinen bis auf unsere Zeit erhaltenen Werken ist wohl das bekannteste das 1535 für Herzog Wilhelm IV. von Bayern gemalte Gebetbuch, 205 Seiten in 8° enthaltend, welches in der kaiserlichen Bibliothek zu Wien bewahrt wird.
Als eine Arbeit Albrecht Glockendons bezeichnet nun Wendelin Boeheim mit Bestimmtheit die Ätzmalerei auf dem halben Feldharnisch des Conrad von Bemelberg (Boyneburgk) in der kaiserlichen Waffensammlung zu Wien, Kat. Nr. 226, welcher auf dem Bruststücke das geätzte Monogramm (Bild 2) trägt und seine Herkunft aus Nürnberg durch das städtische Beschauzeichen und die bekannten Marken der Plattner Wilhelm von Worms d. Ä. und seines Schwiegersohnes Valentin Siebenbürger ausweist.1
Nun befindet sich auf der geätzten Klinge eines Landsknechtschwertes im königlichen historischen Museum zu Dresden, Saal A, 156, dasselbe Ätzmalermonogramm, und zwar in nebenstehender Ausführung, das wohl gleichfalls auf Albrecht Glockendon Bezug haben dürfte. Zwar weichen die Buchstaben in einigen Details voneinander ab, namentlich die beiden G zeigen Verschiedenheiten, indem das eine mit einer Klammer abschließt, während bei dem anderen eine neben der unteren Hälfte des Buchstabens herlaufende Linie sichtbar ist. Im Ganzen ist jedoch die verwandte Handführung an beiden Monogrammen erkennbar, und auch die G haben das gemein, dass zu ihrer Vollendung der Griffel abgesetzt worden ist. Erwägt man, dass zwischen den Arbeiten wohl mindestens ein Zeitraum von zehn Jahren liegt (der Wiener Harnisch stammt vermutlich aus dem Jahre 1532), und dass bei flotten Zeichnern, wie es die handwerksmäßig arbeitenden Illuministen waren, Varianten an deren Monogrammen nicht selten sind, so finden die kleinen Unterschiede wohl ihre Erklärung. Kommen doch sogar bei Künstlern Signaturen vor, die in Bezug auf Form, Größe und Stellung der Buchstaben oft wesentlich voneinander abweichen. Es sei hier nur auf Albrecht Dürers Chiffre hingewiesen, wie sie in «Naglers Monogrammisten» wiedergegeben sind.
Zur Begründung unserer Annahme, dass die Signatur auf der Dresdener Klinge Albrecht Glockendon zu lesen ist, mag noch angeführt werden, dass die technische Ausführung beider Ätzmalereien manche Übereinstimmung zeigt, dass das Muster auf Nürnberg hinweist, und schließlich, dass für das Monogramm, soweit die bisherigen Forschungen reichen, eine andere Persönlichkeit als Ätzer nicht in Frage kommen kann. Im Übrigen sind an den beiden Ätzmalereien besondere individuelle Merkmale nicht bemerkbar, nach denen auf die gleiche Hand geschlossen werden müsste. Schon die Verschiedenheit der Objekte (Harnisch — Schwertklinge) bedingte eine andere Anordnung der Ornamentation, und auch das zwischen beiden Arbeiten liegende Jahrzehnt hatte stilistisch manche Wandlung mit sich gebracht. Auf der Dresdener Klinge entwickelt sich, wie die vorstehende Abbildung erkennen lässt, ein ziemlich trockenes Blattornament aus füllhornähnlichen Arabesken heraus, der Grund ist punktiert (Schrotgrund) und war wohl ehedem mit Schwarzlot ausgefüllt. Die Arbeit gehört der Frührenaissance an und mag um 1520 entstanden sein. Vielleicht tragen diese Zeilen dazu bei, nach der Ätzermarke A G in anderen Waffensammlungen Umschau zu halten.
1 S. Abbildungen: «Album hervorragender Gegenstände aus der kais. Waffensammlung», sowie «Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen des Allerh. Kaiserhauses, Jahrgang 1895», unter «Nürnberger Waffenschmiede und ihre Werke», Text zu beiden von Wendelin Boeheim.
Quelle: Zeitschrift für Historische Waffenkunde. Organ des Vereins für historische Waffenkunde. I. Band. Heft 1. Dresden, 1897-1899.