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Die Geschichte des Zweihandschwerts

Das Zweihandschwert ist eine der eindrucksvollsten Waffen in der Geschichte der Kriegsführung und symbolisiert nicht nur rohe Gewalt, sondern auch das hohe Maß an Geschicklichkeit und Mut, das erforderlich war, um es zu führen. Vom Mittelalter bis zur frühen Neuzeit spielten Zweihandschwerter eine entscheidende Rolle auf europäischen Schlachtfeldern. Sie entwickelten sich aus kleineren Schwerttypen und wurden zu mächtigen Kriegswaffen, die furchterregend und symbolträchtig zugleich waren.

Diese Geschichte des Zweihandschwerts reicht von seinen Ursprüngen in der Antike bis zu seiner Blütezeit im Spätmittelalter und seiner allmählichen Verdrängung durch Schusswaffen. Wir werfen einen detaillierten Blick auf die Entwicklung, die Verwendung und den kulturellen Kontext dieser außergewöhnlichen Waffe.


 1. Ursprung des Zweihandschwerts


Die Entwicklung des Zweihandschwerts lässt sich auf verschiedene antike Waffen zurückführen, die den Vorläufern des Mittelalterschwerts ähnelten. Schwerter wurden seit Tausenden von Jahren verwendet, aber der Gedanke, ein Schwert mit beiden Händen zu führen, entwickelte sich erst in der späteren Phase des Mittelalters. In der Antike gab es große Schwerter wie das keltische *Spatha*, die von berittenen Kriegern eingesetzt wurden, doch diese waren in erster Linie Einhänder.

Mit dem Aufkommen schwerer Rüstungen und der zunehmenden Komplexität der Kriegsführung im Hochmittelalter wurde die Notwendigkeit größer, Waffen zu entwickeln, die nicht nur Schnitt- und Stichwaffen waren, sondern auch genug Kraft aufbringen konnten, um durch Panzerung und Schutzschilde zu dringen.


2. Die Entstehung des Zweihandschwerts im Mittelalter


Das Zweihandschwert, wie wir es kennen, entwickelte sich ab dem 13. Jahrhundert in Europa. Diese Schwerter waren länger und massiver als ihre einhändigen Vorgänger. Ihre Länge betrug häufig zwischen 1,40 und 1,80 Meter, während das Gewicht zwischen 2 und 4 Kilogramm lag. Obwohl diese Schwerter schwer waren, wurden sie für ihre Balance und Effizienz gelobt, wenn sie von einem trainierten Kämpfer geführt wurden.

Das typische Zweihandschwert besaß eine lange Klinge, die es dem Kämpfer ermöglichte, verheerende Hiebe auszuteilen. Die lange Parierstange bot Schutz und war oft mit Seitenschneidern ausgestattet, die das Schwert zu einem noch vielseitigeren Werkzeug machten. Ein weiteres typisches Merkmal war der lange Griff, der Platz für beide Hände bot und somit mehr Hebelkraft und Kontrolle beim Schwingen des Schwertes ermöglichte.

Eines der ersten berühmten Zweihandschwerter war das **„Claymore“**, das von den schottischen Highlandern im 15. und 16. Jahrhundert verwendet wurde. Es war besonders lang und wurde oft gegen stark gepanzerte Gegner eingesetzt. Das schottische Claymore wurde zur Symbolwaffe der Highland-Clans und taucht in vielen Geschichten und Legenden auf.


3. Die Blütezeit des Zweihandschwerts: Spätmittelalter und Renaissance


Die große Blütezeit des Zweihandschwerts begann im Spätmittelalter, etwa im 14. und 15. Jahrhundert, als schwere Rüstungen und Festungsanlagen den Verlauf der Kriegsführung stark beeinflussten. Der Kampf zwischen schwer gepanzerten Rittern erforderte Waffen, die nicht nur Präzision, sondern auch Kraft hatten, um Kettenhemden und Plattenrüstungen zu durchdringen.

In diesem Kontext wurde das Zweihandschwert besonders populär. Während gewöhnliche Fußsoldaten eher kleinere Waffen wie Schwerter, Äxte und Speere benutzten, setzten spezialisierte Elitekämpfer auf das mächtige Zweihandschwert. Diese Kämpfer mussten in der Regel gut ausgebildet und stark sein, da der Umgang mit einem solchen Schwert sowohl Geschicklichkeit als auch körperliche Ausdauer erforderte.

Ein herausragendes Beispiel für die Kunst des Schwertkampfes mit dem Zweihandschwert ist die **Deutsche Fechtschule** des 15. Jahrhunderts. Die sogenannten „Meister des langen Schwertes“ entwickelten detaillierte Kampftechniken und -lehren, die in Fechtbüchern wie dem von **Johannes Liechtenauer** festgehalten wurden. In diesen Lehren ging es nicht nur um rohe Kraft, sondern auch um Taktik, Technik und präzises Timing. Die Techniken umfassten Hiebe, Stiche, Paraden und sogar Nahkampftechniken, die sich auf den langen Griff und die vielseitige Verwendung des Schwertes stützten.

Neben dem „langen Schwert“ tauchte auch das **Flammenschwert** oder „Flamberge“ auf, eine Variante des Zweihandschwerts mit wellenförmiger Klinge, die den Gegner zusätzlich durch Vibrationen und ungleichmäßigen Druckeinsatz irritieren sollte. Diese beeindruckenden Waffen wurden häufig von Landsknechten, den berühmten deutschen Söldnern der Renaissance, getragen.


4. Die Rolle des Zweihandschwerts auf dem Schlachtfeld


Die taktische Rolle des Zweihandschwerts auf dem Schlachtfeld war sowohl defensiv als auch offensiv. Zweihandschwerter wurden oft verwendet, um Formationen zu brechen, besonders wenn sie gegen stark gepanzerte Gegner oder dicht gedrängte Fußtruppen eingesetzt wurden. Ein geübter Krieger mit einem Zweihandschwert konnte gegnerische Speere oder Piken abwehren und mit kräftigen, weitreichenden Schlägen auf den Feind eindreschen.

Eine wichtige Rolle spielten Zweihandschwerter auch in der Verteidigung von Brücken, Toren und engen Durchgängen. In solchen Szenarien konnten die langen Klingen des Schwertes genutzt werden, um Feinde auf Distanz zu halten oder sie daran zu hindern, in eine befestigte Position vorzudringen.

Ein Beispiel dafür sind die **Schweizer und deutsche Landsknechte**, die im 15. und 16. Jahrhundert berühmt für ihren Einsatz von Zweihandschwertern waren. Diese Söldnertruppen wurden oft als „Doppelsöldner“ bezeichnet, da sie den doppelten Sold erhielten, weil der Einsatz eines Zweihandschwertes so gefährlich war. Sie hatten die Aufgabe, gegnerische Pikeniere zu neutralisieren und die feindliche Formation zu durchbrechen.


5. Das Ende des Zweihandschwerts auf dem Schlachtfeld


Im Laufe des 16. Jahrhunderts begann sich die Kriegsführung in Europa stark zu verändern. Mit dem Aufkommen von Schusswaffen wie Arkebusen und Musketen wurden Schwerter zunehmend weniger effektiv auf dem Schlachtfeld. Rüstungen verloren ihre Bedeutung, und damit auch die Notwendigkeit, schwere Waffen wie das Zweihandschwert zu führen, die darauf ausgelegt waren, Panzerungen zu durchdringen.

Trotzdem verschwanden Zweihandschwerter nicht sofort. Sie blieben noch bis ins frühe 17. Jahrhundert ein Symbol für militärische Eliteeinheiten und zeremonielle Waffen. Einige europäische Armeen behielten sie als Parade- und Ehrenwaffen bei. Darüber hinaus entwickelten sich Fecht- und Kampfschulen weiter, die den Umgang mit dem Schwert als Kunstform und sportliche Disziplin bewahrten.

Besonders im deutschsprachigen Raum wurden Fechtmeister wie **Hans Talhoffer** und **Joachim Meyer** berühmt für ihre Schriften und Lehren über den Schwertkampf. Diese Werke trugen dazu bei, das Wissen über den Gebrauch von Zweihandschwertern zu bewahren und weiterzugeben, selbst als ihre Bedeutung auf dem Schlachtfeld abnahm.


6. Das Zweihandschwert in der Kunst und Kultur


Auch nachdem das Zweihandschwert seine militärische Bedeutung verloren hatte, blieb es in der europäischen Kultur ein Symbol für Stärke, Mut und Ehre. In der Kunst, Literatur und Heraldik tauchten Zweihandschwerter oft als Zeichen der Tapferkeit und des ritterlichen Ideals auf. Sie wurden in Wappen und Abzeichen von Adelsfamilien verwendet, die damit ihre Herkunft aus einer militärischen Elite zum Ausdruck brachten.

Auch in der zeitgenössischen Popkultur hat das Zweihandschwert einen festen Platz. Es ist ein zentrales Element in historischen Romanen, Filmen und Videospielen, die im Mittelalter oder in Fantasy-Welten spielen. Die epische Größe und die Kraft, die ein solches Schwert repräsentiert, faszinieren weiterhin und machen das Zweihandschwert zu einer zeitlosen Ikone der Kriegsführung.


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