· 

Der Freiheitskampf der Schotten gegen die Engländer: Eine Geschichte des Widerstands


Die Geschichte Schottlands ist eng mit dem Streben nach Freiheit und Unabhängigkeit verbunden, vor allem in den zahlreichen Konflikten mit England. Der schottische Freiheitskampf gegen die englische Vorherrschaft begann im späten 13. Jahrhundert und dauerte über mehrere Jahrhunderte an. Diese Auseinandersetzungen prägten nicht nur die schottische Geschichte, sondern auch das nationale Selbstverständnis des Landes. Im Mittelpunkt dieser Konflikte stehen legendäre Figuren wie William Wallace und Robert the Bruce, die zu nationalen Helden wurden. In dieser ausführlichen Geschichte betrachten wir die Schlüsselereignisse des schottischen Widerstands und den langwierigen Kampf um Freiheit.


1. Die Vorgeschichte: Schottland im Mittelalter


Im frühen Mittelalter war Schottland ein loses Bündnis von Clans und kleineren Königreichen, die sich vor allem gegen äußere Bedrohungen aus Skandinavien und Irland verteidigten. Obwohl es in Schottland eine gewisse politische Fragmentierung gab, wurde das Land im Jahr 843 unter Kenneth MacAlpin vereint, der als erster König von Schottland gilt. Schottland entwickelte sich daraufhin zu einem eigenständigen Königreich.

Während die englischen Könige bestrebt waren, ihre Herrschaft im gesamten britischen Raum auszudehnen, blieb Schottland weitgehend unabhängig. Doch im 13. Jahrhundert verschärfte sich die politische Lage, als sich England unter den Plantagenet-Königen festigte und ein zunehmendes Interesse an der Kontrolle Schottlands zeigte.


2. Der Streit um den schottischen Thron und die englische Intervention


Der Auslöser für den Freiheitskampf der Schotten war der Tod von König Alexander III. von Schottland im Jahr 1286. Da Alexander keinen männlichen Erben hinterließ, führte dies zu einer Thronkrise. Als 1290 auch seine Enkelin Margaret, bekannt als die „Maid of Norway“, starb, fiel das Königreich Schottland in eine Phase der Ungewissheit. Verschiedene Adelige beanspruchten den Thron, was zu Spannungen und politischem Chaos führte.

Der schottische Adel bat daraufhin den englischen König Eduard I. um Hilfe bei der Lösung des Thronstreits. Eduard willigte ein, allerdings unter der Bedingung, dass er als Oberherr Schottlands anerkannt werde. Eduard I., bekannt als „Longshanks“, war ein ehrgeiziger und erfahrener Feldherr, der bereits in Wales erfolgreich Kriegszüge geführt hatte. Als Schiedsrichter in der Thronfrage setzte er schließlich John Balliol als König von Schottland ein, behielt jedoch de facto die Kontrolle über das Land.

Die schottische Unabhängigkeit war somit massiv bedroht, und es dauerte nicht lange, bis Eduard I. offen in Schottlands Angelegenheiten eingriff. John Balliol leistete Widerstand, konnte jedoch weder Eduards Macht brechen noch den Rückhalt des schottischen Adels gewinnen. 1296 marschierte Eduard I. mit einer Armee in Schottland ein und setzte Balliol ab. Dies markierte den Beginn der englischen Besatzung Schottlands und den Auftakt zu den sogenannten **Schottischen Unabhängigkeitskriegen**.


3. William Wallace und der erste Widerstand


Mit der Absetzung von John Balliol und der Besetzung durch die Engländer schien Schottlands Schicksal besiegelt. Doch 1297 erhob sich der schottische Adel gegen die englische Herrschaft. Eine der führenden Figuren dieses Widerstands war **William Wallace**, ein relativ unbekannter Landadliger, der zu einem der berühmtesten Freiheitskämpfer in der schottischen Geschichte werden sollte.

Wallace begann zunächst mit Guerilla-Angriffen auf englische Garnisonen und sicherte sich rasch die Unterstützung vieler Schotten, die unter der englischen Besatzung litten. Sein erster großer Erfolg kam in der **Schlacht von Stirling Bridge** im September 1297. Mit einer zahlenmäßig unterlegenen schottischen Armee besiegte Wallace eine überlegene englische Streitmacht, indem er die Engländer über die schmale Stirling-Brücke lockte und sie dort vernichtete.

Dieser Sieg machte Wallace zum Helden und Anführer des schottischen Widerstands. Er wurde zum „Hüter Schottlands“ ernannt, da das Land keinen König hatte. Doch sein Triumph währte nicht lange. Im Jahr 1298 schlug Eduard I. mit einer großen Armee zurück und besiegte Wallace in der **Schlacht von Falkirk**. Wallace gelang zwar die Flucht, doch er verlor seine Vormachtstellung. 1305 wurde er schließlich von den Engländern gefangen genommen und hingerichtet – eine grausame Hinrichtung, die seine Legende als Märtyrer des schottischen Widerstands nur weiter festigte.


4. Robert the Bruce und der Kampf um den Thron


Nach Wallace’ Tod übernahm **Robert the Bruce**, ein schottischer Adliger, den Freiheitskampf. Bruce war zunächst ein unsicherer Verbündeter, da er zuvor gelegentlich die Seite gewechselt hatte. Doch 1306 krönte er sich in Scone selbst zum König von Schottland, was ihn zum direkten Feind der Engländer machte.

Die frühen Jahre seiner Herrschaft waren schwierig. Bruce musste sich nicht nur gegen die Engländer behaupten, sondern auch gegen schottische Adelige, die ihn nicht als rechtmäßigen König anerkannten. Eduard I. setzte alles daran, Bruce zu besiegen, doch der König starb 1307, bevor er diesen Plan umsetzen konnte. Sein Sohn, **Eduard II.**, war weitaus weniger energisch als sein Vater, was Bruce die Gelegenheit gab, seine Position zu festigen.

Der Wendepunkt kam im Jahr 1314 mit der **Schlacht von Bannockburn**, einer der berühmtesten Schlachten in der Geschichte Schottlands. Bruce führte eine zahlenmäßig unterlegene schottische Armee gegen die viel größere Streitmacht Eduards II. Dank taktischem Geschick, der Ausnutzung des Geländes und der hohen Moral seiner Truppen gelang es Bruce, die Engländer in einer entscheidenden Schlacht zu besiegen. Der Sieg bei Bannockburn stärkte Bruces Herrschaft und brachte Schottland seiner Unabhängigkeit näher.


5. Die Erklärung von Arbroath und die Anerkennung der Unabhängigkeit


Nach der Schlacht von Bannockburn war die englische Vorherrschaft in Schottland erheblich geschwächt. Doch die Unabhängigkeit war noch nicht vollständig gesichert. Robert the Bruce unternahm diplomatische Schritte, um Schottlands Status zu festigen. 1320 wurde die **Erklärung von Arbroath** verfasst, ein Brief des schottischen Adels an Papst Johannes XXII., in dem Schottland seine Unabhängigkeit und das Recht auf Selbstbestimmung betonte. In der Erklärung hieß es, dass Schottland nie freiwillig unter die Herrschaft Englands gefallen sei und dass der Kampf um Freiheit weitergeführt werde, solange auch nur ein Schotte noch lebe.

Dieser Text gilt als eines der frühesten Beispiele eines nationalen Freiheitsmanifests und war ein wichtiges Dokument in der Geschichte der schottischen Identität. 1328 erkannte Eduard III. von England schließlich in der **Vertrag von Edinburgh-Northampton** die Unabhängigkeit Schottlands und die Herrschaft Robert the Bruces an.


6. Der zweite Unabhängigkeitskrieg und die Nachwirkungen


Doch die relative Ruhe währte nur kurz. Nach dem Tod von Robert the Bruce 1329 erhoben sich erneut Spannungen zwischen Schottland und England. Sein minderjähriger Sohn **David II.** bestieg den Thron, was Eduard Balliol, den Sohn des ehemaligen Königs John Balliol, dazu veranlasste, mit englischer Unterstützung einen Angriff auf Schottland zu unternehmen. Dies führte zum **Zweiten Schottischen Unabhängigkeitskrieg** (1332–1357), in dem sich Schottland erneut gegen englische Einmischung behaupten musste.

Obwohl die Kämpfe andauerten, blieb Schottland schließlich unabhängig. Die Schotten bewahrten ihre Freiheit, auch wenn das Verhältnis zu England bis in die Moderne hinein von Spannungen geprägt blieb.