von Hugo Mötefindt
Aus verschiedenen Gründen verdienen es gerade die uns erhaltenen geflickten Fibeln, einmal zusammenfassend behandelt zu werden; denn ers-tens kommt kein Gerät in der ganzen vorgeschichtlichen
Zeit so häufig vor und ist so sicher datierbar wie die Fibel, von der man deshalb nicht mit Unrecht gesagt hat, sie spiele in der Vorgeschichte dieselbe Rolle wie das Leitfossil in der Geologie.
Und zweitens finden wir an keiner Geräteserie so viel verschiedenartige Flickungen wie an den Fibeln.
Fibeln der Bronze- und Hallstattzeit
Wenn man die großen Reihen der bronze- und hallstattzeitlichen Fibeln mit Flickungen durchsieht, so lässt sich das außerordentlich reiche Material leicht nach dem Gesichtspunkt gliedern, an
welchen Teilen der Fibeln die Flickung erfolgt ist. Die beiden wichtigsten Teile der bronzezeitlichen Fibeln sind bekanntlich der Bügel und die Nadel. Verhältnismäßig selten finden wir unter dem
Material der geflickten Fibeln solche mit Flickungen der Nadel:
A. Flickungen der Nadel
In unserem Zusammenhang ist zunächst eine Fibel von Sitten, Kanton Wallis, Schweiz zu nennen. Es handelt sich um eine mit Quer- und Kreuzstrichen verzierte Fibel des Typus der „Bogenfibeln“. Die
Nadel ist abgebrochen und durch eine eingehakte ersetzt (Fig. 2363).
Dieselbe Flickung finden wir an einer Fibel des Typus der „Gewölbten Plattenfibeln“ von Wustrow, Kr. Westprignitz (Brandenburg). Auch an diesem Exemplar war die Nadel abgebrochen. Wir finden
heute an ihrer Stelle eine neue eingehakte Nadel vor (Fig. 2364).
In diesen Zusammenhang gehört auch eine Fibel mit Klapperblech aus dem bekannten Gräberfeld von Hallstatt (Fig. 1583). Auf Seite 319 steht: „In die mittlere Öffnung des Spiralgewindes mit der Nut
ist hier ein Bronzenagel mit rundem Kopf gesteckt, im anderen Diskus befestigt ein eiserner Nagel die Nadel, die nicht aus dem Spiralgewinde hervorgeht, sondern besonders aufgelegt erscheint;
wahrscheinlich haben wir hierin eine spätere Restauration zu erkennen.“
B. Flickungen an dem Bügel
Bedeutend zahlreicher als die an der Nadel geflickten Fibeln sind diejenigen, welche eine Bügelflickung aufweisen. Hier lassen sich folgende verschiedene Reparaturverfahren unterscheiden:
1. Flickung durch Umwicklung
Sobald drahtartige Gebilde zerrissen, wurde diejenige Art der Flickung angewendet, die auch bei uns noch heute in einem solchen Fall gang und gäbe ist: die zerrissenen Enden wurden umeinander
gewickelt und so wieder zusammengefügt. Sehr schön ist diese Art von Flickung an zwei Stellen einer zweigliedrigen Fibel mit gewelltem Bügel vom Kyffhäuser bei Frankenhausen,
Schwarzburg-Rudolstadt, zu sehen (Fig. 2365).
2. Flickung durch Wideranguss
Flickungen durch Verklammerung und durch „Brücke“ sind meines Wissens an bronzezeitlichen Fibeln nicht nachweisbar; wohl aber ein Flickungsverfahren, das unter allen Arten der vorgeschichtlichen
Reparatur wohl das bekannteste sein dürfte, Flickung durch Wiederanguss. Dieses Flickverfahren besteht darin, dass man die beiden zerbrochenen Stücke durch eine neu angegossene Metallmasse unten
und oben umspannen lässt. Diese Art der Reparatur kommt vor allen Dingen bei den germanischen Plattenfibeln vor, und zwar an folgenden drei Gruppen:
a) Fibeln mit hängenden Platten (Hannoverscher Typus)
Fig. 1321 und 2368.
b) Flache Plattenfibeln
Fig. 2369.
c) Gewölbte Plattenfibeln
Fig. 2367.
Die bisher aufgeführten Beispiele belegen dieses Reparaturverfahren nur für den germanischen Kulturkreis. Die Kenntnis dieses Reparaturverfahrens ist jedoch auch auf nichtgermanischem Boden
nachzuweisen. Belege dafür bieten uns eine Knotenfibel von Watsch (siehe Fig. 2025) und eine Kahnfibel aus der Wochein in Slowenien. In diesen Zusammenhang gehört auch wohl eine Fibel des
Villanovatypus von Suessula, auf der in der Mitte ein kleiner rechteckiger Flicken eingegossen ist.
Eine zyprische reparierte Fibel per Gussverfahren siehe Fig. 1932.
3.) Flickung zwecks Veränderung der Form
In diesem Zusammenhang muss auch einiger Fibeln gedacht werden, die der Forschung schon seit langem als Kuriosa bekannt sind. Zunächst einer Kahnfibel von Gurina (Kärnten). Tischler hat
seinerzeit diese Fibel in der bekannten Veröffentlichung über Gurina folgendermaßen beschrieben: „Armbrustfibel mit unterer Sehne, die Feder aus plattem Draht. Auf die Rollenachse sind zwei
Wangen gesteckt, welche durch zwei ähnlichem Draht verbunden sind, ein rein dekorativer Zusatz. Der Bügel ist breit kahnförmig mit langem Fuß und Schlussknopf, reich durch eingravierte Linien und
eingedrehte Würfelaugen verziert. Die Fibel war ursprünglich anders gebaut, sie ist jetzt repariert. Es war eine Kahnfibel mit langem Fuß und Schlussknopf. Dies dürfte zweifellos sein, denn die
Armbrustfibeln haben nicht diesen weiten kahnförmigen Bügel - alle Armbrustfibeln, welche ich kenne, sind schmaler - und auch die Dekoration entspricht vollständig derjenigen der kahnförmigen.
Die Feder brach ab, und nun wurde eine Blechklammer aufgenietet, welche jetzt einen Armbrustfedermechanismus mit dem Anhang aufnahm. Eine ähnliche Reparatur fand ich bei einer Fibel von Lepence
(Wochein) im Laibacher Museum. Hier ist nämlich der Bügel oben zu einer Öse umgebogen, durch welche die Rollenachse geht. Eine solche liederliche Konstruktion findet man sonst nicht, es muss eine
Repartur sein, um ein zerbrochenes Stück wieder tauglich zu machen. Nun gehört auch dieser Bügel offenbar zu keiner Armbrustfibel, diese haben keinen so breiten Fuß. Er kann nur einer Fibel vom
Certosa-Typ mit einseitiger Spirale angehört haben. Eine Kahnfibel von Trzisce bei Cerknica (Zirknitz), ist repariert. Hier ist die ihr zugehörige einseitige Spirale angenietet (Fig. 2373). Diese
Art der Reparatur der Gurina-Fibel kann entweder auf eine Veränderung der Mode geschoben werden, indem man ein älteres zerbrochenes Stück nach neuer Manier umbildete, oder es mussten die Stücke
aus der Ferne bezogen und dann in einheimischen Stil repariert sein, wogegen die Kahnfibel allerdings stilgerecht repariert ist. Welche Annahme die richtige ist, möchte ich nicht entscheiden,
doch ist die Frage wichtig. Einerseits halte ich jene Kahnfibel für älter als die Armbrustfibel, andererseits muss man in Betracht ziehen, dass in Österreich, wie es besonders die Watscher Funde
zeigen, unbedingt eine eigene Lokalindustrie bestand, dass aber manche Formen, wie diese Kahnfibeln, durchaus mit den italischen übereinstimmen, also vielleicht von dort importiert sind, während
die nachher entstandene Armbrustfibel, wie ich glaube, in Italien ein vom Norden eingedrungener Fremdling ist.“
Zu den von Tischler erwähnten Fibeln von Lepence (Wochein) und Tržišče bei Cerknica (Zirknitz) ist zu bemerken, dass erstere identisch ist mit der Nummer 3013 des Krainischen Landesmuseums
„Rudolfinum“ in Laibach (Fig. 2372), die letztere unzweifelhaft mit der Inventarnummer 3143 derselben Sammlung (Fig. 2373).
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