Beauvais gibt uns Anhaltspunkte „wie man echte alte Münzen von nachgemachten unterscheiden kann“. Hat der Verfasser hier auch nur die Fälschungen antiker Münzen im Auge, seine aufgestellten Unterscheidungsmerkmale gelten im Allgemeinen auch für das Gebiet der Medaille, für die Beurteilung von Originalmedaille und Imitation.
Am leichtesten zu erkennen sind die Medaillen, die mit falschen Stempeln geprägt sind. Um sich vor der Gefahr zu schützen, solche Stücke unwissend in seine Sammlung aufzunehmen, muss man möglichst häufig Originale gesehen und in der Hand gehabt haben, besonders wichtig ist, dass sich jeder Sammler in einer größeren öffentlichen Sammlung über sein Spezialgebiet eingehend orientiert. Wer sein Sammelgebiet in jeder Beziehung beherrscht, wird über die Echtheit eines Stückes nur selten im Ungewissen sein. Auch das Studium der Fälschungen (eine von der Originalsammlung getrennte Kollektion von Fälschungen), der jedem Fälscher eigentümlichen Technik wird fruchtbringend sein.
In neuerer Zeit werden Medaillen häufig nachgegossen. Handelt es sich um eine Medaille, die im Originale geprägt ist, so wird durch genaue Untersuchung der Buchstaben, die im Originale rein, im Nachguss aber körnig und verwischt, häufig auch nachziseliert erscheinen, eine sichere Unterscheidung ermöglichen. Raffinierte Fälschungen von äußerst sauberem Guss sind in den letzten Jahren von einem Münchener Gießer, namens H., in den Handel gekommen. Viel schwerer sind die nach ziselierten Originalen gegossenen Fälschungen zu erkennen. Als allgemein geltendes Kennzeichen neuerer Nachgüsse möchte ich einen scharfen und kantigen oder nachgefeilten Rand bezeichnen, außerdem ist die Beobachtung einer vollendeteren Technik und die Untersuchung der verwendeten Legierung von großer Wichtigkeit für die Unterscheidung zwischen echt und falsch. Bei Nachgüssen ist der Durchmesser infolge des Schwindens des Metalls nach dem Guß etwas kleiner als der des Originales.
Mancher Sammler wird nicht glauben, dass er durch galvanische Kopien getäuscht werden könne. Dr. Kirmis bringt in den Berliner Münzblättern, Jahrg. IX, einige Beispiele, die beweisen, dass Händler von bestem Ruf durch galvanische Kopien schon getäuscht wurden, sie bona fide an- und verkauften. Im Allgemeinen lassen sich Galvanos durch die Spur der zusammengefügten Hälften rund um den ganzen Rand oder noch sicherer durch Klang und Gewicht erkennen. Allerdings gibt es Stücke, die sich auch durch Prüfung des Gewichtes und Klanges nicht zweifellos für Galvano oder Original erklären lassen; so schreibt Dr. Kirmis, er hätte so täuschende Galvanos hergestellt, dass Original und Nachbildung nur durch eine Bezeichnung unterschieden werden konnten. Der Klang einer Galvanokopie kann durch sehr dichten und kohärenten Niederschlag auch nach dem Originale reguliert werden. Rand und Gewicht können dem Originale sehr nahe kommen: auf den Rand lässt man, nachdem die beiden Seiten der Medaille sorgfältig mit einem Nichtleiter überzogen sind, galvanisch soviel Silber niederschlagen, dass die Fuge völlig ausgefüllt und unkenntlich und das richtige Gewicht erreicht wird. Dubiose Stücke prüft man am besten, indem man ihren Rand an der Schuhsohle reibt oder ihn mit dem Messer beschneidet.
Die zuverlässigsten Kennzeichen gefälschter Medaillen sind die Farbe des Metalls und die Färbung der Oberfläche (die Patina).
1. Gold. Die leuchtende Farbe des reinen Goldes lässt sich auf legiertem Kerne niemals erzeugen, wohl aber können Medaillen aus reinem Golde durch unvorsichtige oder ungeschickte Reinigung (durch Ausglühen, Anwendung von Säuren) das Aussehen gebeizter Goldmedaillen erhalten. Um diesen Zweifel zu beseitigen, genügt das Reiben einer Kantenstelle an der Schuhsohle oder man legt die Medaille in leichte Salmiaklösung und reibt sie vorsichtig mit den Fingern. Es ist dabei zu beachten, dass keine Lösung verwendet wird, in der schon Silber gelegen ist, da sonst die Goldstücke einen hellgrauen Überzug erhalten. Ein sicheres Zeichen des hohen Alters einer Goldmedaille ist eine eigenartige Patina, die mitunter grau (wohl infolge eines in nächster Nähe gelegenen Silberstückes) oder ins Kupferfarbige spielt. Die Goldpatina wird häufig imitiert (man erhält sie z. B. wenn man ein Goldstück längere Zeit in heiße Vergoldungsflüssigkeit legt, die durch oftmaligen Gebrauch, schon erschöpft ist). Während die echte Goldpatina weder durch Hitze noch durch reine chlorfreie Salpeterlösung angegriffen wird, verträgt die künstliche Patina Hitze und Salpeterlösung nicht.
Ein weiteres Merkmal einer echten Goldmedaille ist der Glanz. Ist eine Medaille mit poliertem Stempel geprägt, so zeigt sich nach Jahrhunderten dieser Prägeglanz noch, wenn nicht im Felde, so sicherlich zwischen den Buchstaben; doch haben auch die mit rohen Stempeln verfertigten Medaillen einen gewissen Mattglanz, welcher von dem durch Absieden und nachheriges Abreiben entstandenen verschieden ist. Da die Fälscher häufig durch Glühen, Sieden und Polieren ihren Falsifikaten echtes Aussehen zu geben versuchen, muss man gegen alle Medaillen von derartigem Aussehen misstrauisch sein; es muss deshalb von solchem Reinigungsverfahren entschieden abgeraten werden. Einen Anhaltspunkt in der Beurteilung der Echtheit einer zweifelhaften Medaille bietet außerdem auch eine Vergleichung des Gewichtes mit dem eines Originales.
2. Silber. Wie reines Gold, so hat auch reines Silber einen eigenartig leuchtenden Glanz. Aus Gründen der Haltbarkeit und aus Rücksicht auf die Materialkosten verwendete man zur Herstellung von Medaillen häufig mehr oder minder starke Kupferlegierungen. Vielfach wurden auch Medaillen durch Abkochen in verdünnter Schwefelsäure „weiß gesotten“; diese frische Sudfarbe ist heller als die Farbe des reinen Silbers. Längere Zeit im Umlauf gewesene oder im Boden gelegene Silbermedaillen sind mit einem Überzug bedeckt, der durch chemische Veränderungen erzeugt wird. Die Silberpatina entsteht entweder aus Schwefel- oder Chlorverbindungen. (Eingehend über die verschiedenartigen Überzüge des Silbers schreibt Dr. M. Kirmis in seiner Abhandlung „Chemische Winke für Numismatiker“.) Eine Methode, Silberpatina von der eisengrauen Farbe alten Feinsilbers zu imitieren, ist folgende: Man taucht die Medaille kurze Zeit in reine Salpetersäure und reinigt sie hierauf wieder gründlich. Der entstandene Altsilberton zeigt aber, unter der Lupe gesehen, eine gleichmäßig matte Fläche, während das Feld der durch die Zeit patinierten Stücke etwas rau ist.
3. Erz. Das Wort Erz ist ein Sammelbegriff für verschiedene Metalle, deren Hauptbestandteil Kupfer ist. Wir nennen eine Legierung von Kupfer (ca. 90 Teile) und Zinn (ca. 10 Teile) „Bronze“, eine solche von Kupfer und Zink „Messing“. Außer mit Zinn und Zink wird Kupfer auch mit Blei verbunden. Die Erzpatina hat, je nach der Verschiedenheit der einwirkenden Stoffe und nach der Kraft und Schnelligkeit der Einwirkung, verschiedene Farbe, verschiedene chemische und physikalische Beschaffenheit. Wir unterscheiden grüne, rote und braune bis schwarze Patina. Grüne Patina ist im Allgemeinen ein Kennzeichen hohen Alters; sie ist als basisch kohlensaures Kupfer mit dem aus basisch essigsaurem Kupferoxyd, dem Grünspan, nicht identisch; (neuerdings wird in Rom dunkelgrüne Patina imitiert, im Ansehen von der Originalpatina nicht zu unterscheiden). Der Patinierungsprozess ist eine Umwandlung der äußeren Erzschichte infolge der Einwirkung von Kohlensäure (auch Salze spielen eine Rolle) und gedeiht am besten im Freien. Hoher Zinkgehalt wirkt sehr ungünstig und veranlasst zumeist die Bildung eines rauen schwarzen Überzuges; noch ungünstiger als Zink wirkt Arsen. Die Verschiedenheit der Farbe (von grün bis blau) ist bedingt durch den wechselnden Gehalt an Kohlensäure: war diese z. B. nur spärlich vorhanden, dann ist die Patina dünn, aber gleichmäßig, glänzend und widerstandsfähig. Rote Patina entsteht durch Rückbildung von Kupferoxydsalzen, die sich zuerst auf dem Metall gebildet hatten. Diese Wirkung können verschiedene organische Bestandteile des Bodens auf das Metall ausüben. Die Farbe kann entweder indischrot, rubinfarben oder violett sein. Braune Patina bildet sich am leichtesten in geschlossenen Räumen (nicht im Boden) durch Oxydation reinen Kupfers. Eine bei Kupfermedaillen nicht sehr hohen Alters meist vorkommende Patina hat ein mattes kupferfarbenes bis schmutzig-schwarzes Aussehen.
Als hauptsächlichstes Kennzeichen der Echtheit einer Medaille wird die Patina häufig imitiert. Künstliche Patina erhält man, wenn man eine gut gereinigte Bronze in eine Mischung von Essig und Wasser eintaucht und sie dann mehrere Wochen hindurch feuchter Kohlensäure aussetzt, ebenso wenn man die Bronzemedaille wiederholt mittels einer Bürste mit einer Lösung von 4,5 Teilen Salmiak und 1 Teil Sauerkleesalz in 94,5 Teilen destilliertem Essig bearbeitet, bis sie trocken geworden ist. Durch Schwefelwasserstoff werden patinierte Bronzen infolge der Bildung von Schwefelkupfer schwarz. Die künstliche Patina ist nur ein Überzug des Metalls, während die echte die Folge einer chemischen Veränderung der Metalloberfläche ist und durch Abreiben oder durch Behandlung mit chemischen Lösungsmitteln (z. B. Terpentinöl und Ammoniak) nicht oder nicht so leicht entfernt werden kann wie dies bei der nachgemachten Patina der Fall.
Quelle: Bernhart, Max: Medaillen und Plaketten. Berlin, 1911.
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