Der Durst nach Geld, auri sacra fames, ist so alt wie die Welt, und ebenso verliert sich die Münzfälschung in der Nacht der Zeiten. Man kann sogar dreist
behaupten, dass auf dem Felde der Numismatik die Fälscher am meisten gewagt haben und die Liebhaber am meisten ausgebeutet worden seien.
Im 16. Jahrhundert spekulierten Künstler von viel Talent und wenig Gewissen auf die Unkenntnis und Gier der Sammler von Medaillen. Giovanni Cavino1 und Alessandro Bassiauo, genannt Padovano, verrichteten wahre Wunder in der Nachahmung von Antiken. Noch heute werden diese kleinen
Meisterwerke gesucht, obwohl man ihren Ursprung kennt.
Becker2, ein geschickter Mann, arbeitete um 1780 in Speyer. Sein Stichel hatte
Zauberkraft. Er eignete sich alles an, die Eleganz und Anmut der Griechen, die strenge Schönheit der römischen Kunst, die Originalität und Bizarrerie der mittelalterlichen Münzen. Durch ein
sinnreiches Mittel gab er seinen Arbeiten das gewünschte Ansehen. Er tat die aus alten Schrötlingen von ihm geprägten Münzen in ein unter seinem Reisewagen ausgehängtes Behältnis und ließ sie
dort lange Monate hindurch in einer Brühe von Fett und Eisenfeilspänen herumgeschüttelt werden, bis sie geschwärzt und künstlich abgenutzt waren.
Seine Erben ließen mit seinen Stempeln diese wunderbaren Fälschungen aus einer eignen Legierung prägen und verkauften sie als Imitationen den Museen und Privatsammlungen, damit schätzbare
Vergleichsobjekte bietend und hoffentlich manchen neuen Betrug verhütend.
Übrigens erkennt der Numismatiker, wenn er die von Becker gravierten 331 Stücke mit den Originalen vergleicht, die ersteren leicht an der etwas derben Arbeit und dem bläulichen Stich des
Metalls.
Die Medaillen von Barin und Dupré3 sind von Liard, dem berühmten Flageolisten der
Quadrille der „Clodoches," gut nachgemacht, doch wird gegenwärtig niemand
mehr dadurch getäuscht.
In beinahe allen Sammlungen kommen fabelhafte Seltenheiten vor, die zumeist falsch sind. Unzählige Münzen aus Weißgold, Schaumünzen von Syrakus, merowingische Triens und karolingische Denare
zweifelhafter Herkunft wandern durch die Welt. Römische, kleinasiatische, makedonische, keltiberische und gallische Münzen — alles ist mit größter Kunst gefälscht worden.
Deshalb haben manche Schriftsteller geraten, um vollständige
Sammlungen zu erhalten, zunächst falsche Stücke aufzunehmen, bis echte zu bekommen seien.
Die Falschmünzer sind immer äußerst fruchtbar im Erfinden gewesen4. Ihnen verdankt man
Stücke von Personen, von denen niemand eine Münze kennt; nachgearbeitete antike Bronzemünzen mit falscher Patina behufs Verdeckung der Stichelspuren; das Abfeilen des Reverses authentischer
Münzen und Prägen der Fläche mit neuen Stempeln; das Hinzufügen von Buchstaben und Typen, sodass z. B. aus einem Philippus Arabs ein Aemilianus wird und aus einem Gordianus5 einer von den Gordianen, die in Afrika fielen; das Zersägen zweier Münzen, z. B. eines Trajan und
eines Hadrian, und wechselweises Zusammensetzen des Avers und Revers, um Stücke von äußerster Seltenheit zu erhalten; das Abformen von Bronzemedaillen und Maskieren der Gussfehler mit Mastix und
künstlicher Patina; die galvanoplastische Vervielfältigung von Renaissance-Medaillen und nachträgliches Vergolden oder Firnissen der Galvanos zur Verdeckung der Porosität der Oberfläche
usw.
Um Fälschungen zu erkennen, halte man sich gegenwärtig, dass kein Volk des Altertums, ausgenommen die Gallier in dunkeln Zeiten, sich des Gussverfahrens bedient hat, der Guss aus einer Tonform
niemals die Schärfe und Feinheit einer geprägten Münze hat, die Winkel der Buchstaben ausgefüllt, die Oberfläche häufig körnig erscheint, und unter der Lupe sich manchmal Luftbläschen
zeigen.
Ferner, dass das gegossene Metall mehr Volumen und geringere Dichtigkeit besitzt als das geprägte, sodass beide sich durch das Gewicht unterscheiden; dass Kupferlegierungen sich überhaupt nicht
für feinen Guss eignen, weshalb dies Verfahren nur bei Gold und Silber angewandt wird; dass die Stelle, wo die beiden Teile einer Gussform zusammenstoßen, sich stets durch die sogenannte Gussnaht
auf dem Rande des gegossenen Stückes kenntlich macht, welche weggefeilt werden muss, eine Arbeit, die deutliche Spuren hinterlässt.
Die Anwendung des D'Arcetschen Metalls6 erleichtert die Arbeit des Fälschers, aber auch
dessen Entlarvung, denn eine solche Münze über eine Kerzenflamme gehalten schmilzt trotz Versilberung oder Vergoldung wie Siegellack.
Geprägte Münzen sind weniger leicht zu erkennen. Hier wird vor allem der Stil zum Verräter. Auch vergessen die Fälscher oft, dass im Altertum die Münzstempel nicht aus hartem Stahl, sondern aus
einer Legierung von Kupfer und Zinn hergestellt wurden, daher nach und nach an Schärfe verloren; ihre Fabrikate sind daher härter, reiner und trockener in der Prägung als die Originale.
Häufig übersehen sie auch, dass die Form der Buchstaben sich unter den verschiedenen Regenten verändert oder versehen es in den unregelmäßigen Abständen der Buchstaben, in der Redaktion der
Inschriften.
Oder sie machen den Schrötling eben wie einen Spiegel, während die antiken Münzen ein wenig konkav, gegen den Rand hin aufsteigend sind.
Endlich scheitern die Künste der Geriebensten in der Herstellung der meistens grünen, manchmal blauen, selten schwarzen Patina, welche sich im Laufe der Zeit auf der Bronze erzeugt. Die
künstliche Patina hat immer etwas erdiges und löst sich in kochendem Wasser auf7, während
der Jahrhunderte alte Überzug hart bleibt und an dem Metall haftet.
Bei der Ausdehnung des Münzenhandels ist es außerordentlich schwer, eine über jeden Zweifel erhabene Sammlung herzustellen. Die größte Vorsicht wird nicht vor jedem Irrtum schützen. Vor allem
muss man, um die Fälschungen zu erkennen, die echten studieren, dann helfen Erfahrung, Takt und eine gute Lupe weiter.
Und zum Trost Betrogener schließe ich mit einer wahren Geschichte.
Zur Zeit der Nationalwerkstätten, also 1848, brachten Erdarbeiter dem Bibliothekar der Stadt Amiens, Garnier, ein aus römischen Münzen zusammengestelltes Halsband, welches sie gefunden haben
wollten und für dreihundert Francs zum Kauf anboten. Ihr Benehmen flößte Garnier Misstrauen ein, er gab vor, das Halsband genauer untersuchen zu müssen, und hielt unter irgendeinem Vorwand einen
von den Arbeitern, der ihm persönlich bekannt war, zurück. Dem gab er unter vier Augen zu trinken und entlockte ihm nach und nach das Bekenntnis, dass ein Antiquitätenhändler der Stadt ihnen an
demselben Morgen das angebliche Fundstück überbracht habe mit dem Auftrage, es dem Museum für dreihundert Francs anzutragen, von welchem Betrage sie vierzig Francs für sich behalten
sollten.
Garnier war seelenvergnügt, dem Fallstrick entgangen zu sein, hielt es aber, nach Art vieler Sammler, nicht für seine Pflicht, zu verhindern, dass andre hineingerieten. Er gab dem Arbeiter das
Halsband zurück und schärfte ihm ein, nichts von ihrem Gespräch zu verraten, sondern nur auszurichten, der Bibliothekar könne das Stück nicht ankaufen, weil die Münzen sich schon im Museum
befänden.
Nach wenigen Tagen war in ganz Amiens von nichts anderem die Rede, als von dem merkwürdigen Funde eines Halsbandes aus römischen Münzen, und natürlich hörte bald auch der Grundeigentümer davon.
Dieser zögerte nicht, durch die Behörde seinen rechtlichen Anteil an dem Funde geltend zu machen. Daran hatten die Arbeiter nicht gedacht, als sie sich in den Handel einließen: erschrocken liefen
sie mit dem amtlichen Schriftstück zu dem Händler, klagten und drohten.
Doch der Antiquar war nicht so leicht einzuschüchtern. Er sah ein, dass nur eine noch größere Unverschämtheit ihn aus der Verlegenheit ziehen könne, nahm Halsband und Dekret zu sich und fuhr
damit nach Paris zu Herrn de Longperrier, Konservator am Antiken-Museum. Dieser damals noch junge, aber schon sehr akkreditierte Gelehrte äußerte Zweifel gegen die Echtheit des Fundes.
„Nicht echt?" rief der Händler aus. „Es ist vor drei Tagen ausgegraben worden, sehen Sie hier das Schriftstück, durch welches der Grundbesitzer gegen die
Arbeiter seinen Anspruch geltend macht."
Einem solchen Beweisstücke gegenüber ließ Adrien de Longperrier seine Bedenken fallen und kaufte die Münzen. Sein Kollege von Amiens hat jedoch nicht verfehlt, ihn gelegentlich über die
Mystifikation aufzuklären.
1 1499—1570. Naglers Künstlerlexikon II. 453: „Cavino, Cavinns oder Cavicnus, Giov., ein vortrefflicher Stahl- und Stempelschneider von Padua, der sich durch Nachahmung antiker Münzen auszeichnete, die er den Urbildern vollkommen gleich darstellte, wobei ihn Alexander Bassianus unterstützte, der ihn auf die vorzüglichsten dieser Münzen aufmerksam machte. Seine Hauptarbeiten sind die Münzen der ersten zwölf römischen Kaiser in Großbronze, doch ahmte er auch andere Medaillen nach. Dies sind die Münzen, die, zu Padua geprägt, gewöhnlich den Namen Paduaner führen." Dort wird C. gegen die Nachrede, seine Arbeiten für echte ausgegeben zu haben, ausdrücklich in Schutz genommen.
2 Der fürstlich Isenburgische Hofrat Becker in Offenbach soll zuerst zum Zweck einer scherzhaften Mystifikation eine byzantinische Münze nachgeschnitten haben und dadurch in den Geschmack gekommen sein. Sein Wirken fällt übrigens in die Zwanzigerjahre des 19. Jahrhunderts. Gegen die von S. Sestini (Sopra moderni falsificatori di medaglie) erhobene Anschuldigung der Fälschung verteidigte ihn W. Dorow (Deutsches Kunstblatt 1827), nach dessen Darstellung Beckers Absicht gewesen wäre, den Entwicklungsgang der Stempelschneidekunst zu veranschaulichen. Becker starb zu München 1830.
3 Französische Stempelschneider unter Heinrich IV. und Ludwig XIII.
4 Michelangelo Politi, Bildhauer in Syrakus, betrieb in den fünfziger Jahren das Münzfälschen mit Humor, indem er Franzosen und Engländern Stücke in die Hände spielte, auf denen Napoleon I. angebracht, ein Imperatorenkopf mit der Umschrift Carlo Alberto versehen war u. dergl. m. (Mothes in der „Zeitschrift für Kunst- und Antiquitätensammler")
5 Dem Enkel.
6 Eine Legierung aus Blei, Zinn und Wismut.
7 Es bedarf dazu nicht immer des kochenden Wassers. Vergl. den Artikel Bronzen.
Quelle: Eudel, Paul; Bucher, Bruno: Fälscherkünste — Leipzig, 1885
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