Diese prächtigen Schmuckgegenstände kamen mit einer einzigen Ausnahme bei Bränden vor, nur zwei Mal paarweise, sonst immer einzeln; sie dürften sonach auf der Brust getragen worden sein, was auch aus ihrer Form und Größe hervorgeht; mit ihren vielen langen Ketten und klingenden Blechen müssen sie dem Träger zur stattlichen Zier gereicht haben. Der flache halbmondförmige 1,3—4,45 cm breite, 4,45—10,1 cm lange Bügel, welcher horizontal steht, ist samt dem Dorn und dessen Einlagen aus einem Stück gefertigt und mit eingravierten oder eingeschlagenen Doppelkreisen, häufig auch mit Zügen im Tremolierstich verziert.
In den am unteren Rand angebrachten Löchern hängen 15—30 Kettchen von 5—25 cm Länge, gewöhnlich einfache, aus kleinen zusammen gebogenen Drahtringelchen bestehend (selten doppelte), mit 15—60
Gliedern, 15—17,5 cm; an ihren Enden befinden sich Klapperbleche verschiedener Form: 2,5—5 cm lange unten breitere Blechstücke (Fig. 1582 u. 1583), einzeln oder paarweise, meist mit erhabenen
Punkten geziert, — runde, konvexe von 3,18 cm Durchmesser, paarweise, wie kleine Cymbeln, die auch durch das Aneinanderschlagen bei jeder Bewegung ein klingendes Geräusch hervorbringen (Fig.
1586), — endlich aus Blech in Gestalt länglicher Täschchen oder Kapseln zusammengebogene (Fig. 1582). Die Kettchen sind an demselben Stück von ungleicher Länge, die mittleren kürzer, sodass die
Klapperbleche in eine horizontale Reihe zu stehen kommen. Die Hauptverschiedenheit liegt in der Ausstattung des Halbmondes; der eingebogene, gewöhnlich breite oder wulstige innere Rand desselben
ist nämlich selten leer (Fig. 1582), sondern meistens mit rohen Tiergebilden ausgefüllt; am häufigsten sind es zwei einander gegenüberstehende Vögel (Fig. 1577), in sehr einfacher Weise,
gleichsam mit ausgebreiteten Flügeln, ohne Füße, bisweilen mit einem Schopf, mit den Schnäbeln sich fast berührend. Sie sind mit dem Halbmond aus einem Stück gearbeitet, rückwärts flach, mehr
eine Andeutung der Gestalt, als in naturalistischer Nachbildung des Lebens. Derartige Fibeln wurden mehr als zwanzig in Brandgräbern gefunden.
Überaus merkwürdig sind zwei in verschiedenen Gräbern vorgefundene Stücke, völlig gleich, nur mit dem Unterschied, dass bei dem einen die Nadel nach rechts, bei dem anderen nach links steht (Fig. 1586). Die Scheibe bildet hier einen Dreiviertelkreis von 6,3 cm Durchmesser und ist nebst dem 3,8 cm langen Einlegehaken mit drei vasenartigen, oben schalenförmigen Knöpfen von 1 cm Höhe und ebenso vielen sitzenden rund gearbeiteten Vögeln, die Enten ähnlich sehen, besetzt; ein gleicher, nur etwas größerer Knopf ist auch in die doppelte Spiralwindung des Dornes eingesetzt. Im inneren Bogen sieht man zwei äußerst barbarisch gearbeitete Tiere, die wahrscheinlich Pferde vorstellen sollen, aus einer Vase fressend. Bemerkenswert erscheint die primitive Weise ihrer Anfertigung, denn sie sind nicht etwa gegossen, sondern in die durch Ausfeilen hergestellten Körper wurden als Füße zwei Drähte eingehämmert, die auch, gleich dem Gefäß in der Mitte in den wulstigen Rand der Scheibe eingesetzt und verhämmert sind. Diese mühevolle, umständliche Technik beweist, dass der Verfertiger, kaum des feineren Gusses kundig, auf die freie Handarbeit angewiesen war. Am äußeren Rand hängen je 19 feine Kettchen aus 50—60 ovalen Drahtringelchen mit krotalen-artigen Klapperblechen. Eines dieser Prachtstücke lag bei dem reichen Frauenbrand 505, das andere bei den verbrannten Resten eines mit einer bestatteten Frau im gemeinschaftlichen Grab geborgenen Mannes in Hallstatt.
Die beiden auf der Brust des wenig geschmückten weiblichen Skelettes 943 gelegenen 4,45 cm großen Fibeln stellen sich als eine Kombination der Ketten- mit der Spiralfibel dar, indem die Enden der halbmondförmigen, mit eingeschlagenen Doppelkreisen gezierten Scheibe, an welcher 16 Kettchen hängen, in Spiraldisken von je drei Umgängen endigen, deren Enden wie gewöhnlich Dorn und Einlegehäckchen bilden. Ähnlich sind auch die 5,1 cm großen, paarweise gefundenen Fibeln eines Brandgrabes (Fig. 1583). In die mittlere Öffnung des Spiralgewindes mit der Nut ist hier ein Bronzenagel mit rundem Kopf gesteckt, im anderen Diskus befestigt ein eiserner Nagel die Nadel, die nicht aus dem Spiralgewinde hervorgeht, sondern besonders aufgelegt erscheint; wahrscheinlich haben wir hierin eine spätere Restauration zu erkennen. In recht zierlicher Weise sind in den inneren, wulstigen Rand des Halbmondes zwei sehr feine Spiraldisken eingesetzt, und zwar wieder durch Einhämmern befestigt. Die einundzwanzig 6,3 cm langen Kettchen mit geschweiften, paarweisen Blechstücken sind hier doppelt (nur die obersten und untersten Glieder bei manchen einfach) und bewunderungswürdig wegen ihrer Gleichheit sowohl in der Stärke des vollkommen zylindrischen Drahtes als in der äußerst exakten Zusammenbiegung.
Eine ausgezeichnete, in ihrer Art einzige Fibel zeigt Fig. 1585. Die Scheibe besteht hier aus Stabwerk und bildet in der Mitte eine radartige Figur, von der durchbrochene Spitzen ausgehend, in
deren ringförmige Enden vasenförmige Knöpfe eingesetzt sind, deren Höhlungen vielleicht mit Perlen oder Pasten ausgefüllt waren, von denen freilich jede Spur mangelt; das 8,3 cm lange, 5,1 cm
breite Stück ist mit 12 solchen Kapseln von der Form des griechischen Kraters besetzt, die Nadel besonders mittelst eines Nagels befestigt. Die unteren vier Knöpfe haben kleine Arme, in denen
Ringe und Stangenglieder mit verschiedenen Amuletten hängen; in der Mitte umfasst ein Ring 7 Stangenketten mit Ankern an den Enden. Die Länge des prächtigen, höchst eigentümlichen Zierstückes
beträgt 22,86 cm; es bildete den Schmuck eines Mannes, denn es wurde nebst einem Schwert mit eiserner Klinge und Bronzegriff, Lanze und Kelt aus Eisen sowie Bronzevasen in einem Brandgrab in
Hallstatt vorgefunden. Demselben System folgend, aber weit einfacher, ohne Gehänge sind zwei 6,3 cm lange Fibeln, mit einem Rad, dessen vier Speichen pyramidenartig zusammenlaufen, mit fünf
kraterförmigen Knöpfen besetzt (Fig. 1584).
Aus dem Buch: Die Fibeln Europas Band 1 - Von der Bronzezeit bis zur Hallstattzeit.
Einblick ins Buch hier
564 Seiten
Preis: 49,95 EUR
Format: Taschenbuch
Erscheinungstermin: im Dezember 2021
2.373 Abbildungen
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