Königlicher Büchsenmacher und Laufschmied.
Madrid.
Wir heben von den Laufschmieden, welche im Laufe des 18. Jahrhunderts zu bedeutendem Ansehen gekommen sind, einen der ältesten, vorzüglichsten und angesehensten heraus, um wenigstens seine Leistungen zu beurteilen, wenn wir auch über seine Lebensverhältnisse nur wenig beizubringen imstande sind.
Die Erzeugung der Läufe in Spanien, welche vorzüglich in Madrid und Orviedo betrieben wurde, tritt erst am Beginn des 18. Jahrhunderts bemerkenswerter hervor, sie fasste aber so rasch Boden und gewann allorts Beliebtheit, dass durch etwa dreißig bis vierzig Jahre selbst die ausgezeichnete Brescianer Industrie an der Konkurrenz zu leiden hatte. Einer der ältesten Meister dieser Aufschwungperiode ist neben
Nicolás Bis Diego Ventura, der 1710 bis circa 1730 arbeitet, ihm folgen in langer Reihe zuerst die angesehenen Lopez Jose um 1730 und Francisco, den wir bis 1765 verfolgen, dann Diego Esquibel um 1722; Jose Cano 1736 — 1750, die ausgezeichneten Brüder Juan und Geronimo Fernandez um 1727; Pedro Esteva; Gabriel de Algora um 1739, endlich die späteren Benito S. Martin, Alonso und Antonio Martinez, Santos, Agostino Bustindui und viele andere, sämtlich in Madrid arbeitend. Unter den älteren heben wir den berühmten Antonio Comas hervor, dessen mit „Coma“ bezeichneten Läufe in der ganzen Welt gesucht waren.
Die spanische Gewehrlaufindustrie hatte ihre zeitweilige Berühmtheit und ihr Ansehen unter den Büchsenmachern des Auslandes, welche ihre Erzeugnisse bezogen, nicht allein der äußeren Schönheit und Eleganz der Ware und der ausgezeichneten Bohrung, sondern auch dem tadellos reinen Material zu danken, welches dem Brescianer gleichwertig an die Seite zu setzen ist und zumeist aus den Gruben der südlichen Abhänge der Montanas de Burgas und Guadarama bezogen wurde.
Die Spanier fertigten nur nicht-gezogene und Schrottläufe und waren zur Erzeugung gezogener Läufe nicht zu bewegen. Comas war der erste, welcher die Zündkerne aus reinem Gold anfertigte, um dem Ausbrennen der Zündlöcher zu begegnen. Alle Meister führen, und manche selbst mehrere, Marken in Gold eingelegt von einem charakteristischen Typus, welcher auch bei den Franzosen und Deutschen, ja selbst bei den Brescianern eingeführt wird. Um 1770 geht die Industrie wieder erheblich zurück und verliert um 1790 völlig den ausländischen Markt. Ursache daran waren die politischen Ereignisse, aber auch das allmählich abnehmende Streben, den neueren Bedürfnissen zu entsprechen und den Verbesserungen zu folgen. Einen nicht geringen Schaden hat die Industrie auch durch deutsche Fälschungen erlitten.
Nicolaus Bis. Von circa 1700 an und von 1714 bis zum Tode des Königs Philipp V. 1746 für den Hof arbeitend, zählte zu den allerwärts berühmtesten spanischen Laufschmieden, und seine Läufe, alle mit seinen Marken, einige auch mit seinem Namen bezeichnet, wanderten massenhaft nach Frankreich und Deutschland und, was viel bedeutet, ein nicht unansehnlicher Teil auch nach Italien. Mit Nicolaus zugleich arbeitet auch ein Francesco Bis, wahrscheinlich dessen Bruder, in Madrid. Wir sehen Läufe von letzterem auch an ausländischen Luxusgewehren, aber sie kommen in den Sammlungen weniger oft vor Augen, woraus zu schließen ist, dass sein Renommee ein geringeres gewesen ist.
Über die Familie ist aus Spanien überaus Weniges bekannt geworden. Von Jose Maria Marchesi bemerkt in seinem 1849 erschienenen Catalogo de la Real Armeria, die Bis seien Deutsche gewesen, welche nach Spanien eingewandert waren. Wir können dieser Angabe nicht geradezu entgegentreten, bemerken aber, dass die Arbeiten beider vollkommen spanischen Typus an sich tragen und durch nichts an eine deutsche Schule gemahnen.
Nicolás führt drei charakteristische Marken, welche in Gold eingelegt sind:
Die letztere erscheint oft sechs- bis achtmal eingeschlagen und dürfte nur die Bedeutung eines Ornamentes haben.
Läufe von Nicolás sind in den Waffensammlungen häufig zu finden: die Namen der die Montierungen besorgenden Büchsenmacher lassen erkennen, wie weit verbreitet sein Absatzgebiet war. Wir verzeichnen hier nur die bemerkenswertesten:
In der Waffensammlung des kaiserlichen Hauses zu Wien finden wir ein Paar Taschenpistolen (840) mit der ersten Marke, die Montierung ist von dem Franzosen Malliar. Zwei Flinten mit seinen Marken (345, 346) sind von Aubert in Lüneville montiert, zwei weitere (366, 367) von Caspar Zellner in Wien.
Eigenartig ist ein Lauf einer Flinte des Meisters in der kaiserlichen Jagdkammer zu Wien bezeichnet, welche am Schaft mit ein in Bildnis Kaiser Karls VI. geziert ist. Er trägt den Namen „Nicolas en Madrid“.
Besonders reich ausgestattete in Gold tauschierte Läufe erblicken wir in der Armeria Real zu Madrid, und er dürfte auch bei den meisten Flinten, an welchen sich selbe finden, auch die Montierungen, also die volle Fertigung, besorgt haben. Besonders schön sind ausgestattet die Flinten 2131 und 2133, das Pistolenpaar 2135 und 2139 aus dem Besitz des Königs Philipp V. Und vorzüglich die herrliche Flinte 2136 mit der Inschrift „Soy de la Rema (Elisabeth Farnese) nuestra Sennora.
Eine reich ausgestattete Flinte von Nicolás Bis, für den König Louis I. gefertigt, erweist damit ihr Erzeugungsjahr 1724.
In der königlichen Gewehrgalerie zu Dresden werden von dem Meister vier Flinten bewahrt, eine davon ist als Geschenk des Königs Karl II. nach Dresden gekommen. Die Angabe genügt, um ihre Fertigung an den Beginn des 18. Jahrhunderts, etwa um 1706, zu setzen.
Von den seltener auftretenden Arbeiten Franciscos führen wir hier sechs prachtvoll ausgestattete Schrottflinten an, welche sich im Besitz des regierenden Fürsten Johann von und zu Liechtenstein in Feldsberg befinden. Die gebläuten, geschnittenen und in Gold tauschierten Läufe tragen den Namen "Fran* Bis en Madrid 1734" nebst dem Spruch: „Sic fama circuit orbem“ nebst den Marken:
Sowohl auf den kunstvoll in geschnittenem Eisen eingelegten Schäften, als auch auf den Schlössern lesen wir den obigen Namen eingraviert: auf letzteren noch die Jahreszahl 1732.
Von Francisco verzeichnet der Katalog der Armeria Real zu Madrid noch ein Paar gleichfalls reich verzierter Pistolen. Dabei wird bemerkt: „proprias del rey Folipe V., hechas por su arcabucero Francisco Bis", woraus zu entnehmen ist, dass auch dieser am Hof angestellt war.
Quelle: Meister der Waffenschmiedekunst vom XIV. bis ins XVIII. Jahrhundert von W. Boeheim. Berlin, 1897.