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Jean Bapiste Berain der Ältere

 

Architekt, Zeichner und Kupferstecher.
Paris.
Geboren zu Saint Mihiel (Depart. Meuse) in Lothringen 1639, gestorben zu Paris 25. Januar 1711

 

Berain zählt zu den ersten und talentvollsten Ornamentisten Frankreichs und zu den Schöpfern des anmutigen Stiles, der das französische Kunstgewerbe zu so hervorragender Bedeutung in der Welt gebracht hat. Für das Gebiet der Waffenschmiedekunst ist er als Dekorateur von Feuerwaffen nicht weniger bahnbrechend geworden, als ein Jahrhundert vorher Aldegrever in Deutschland. Mit allen anderen Kunstgewerben war auch die französische Arquebuserie unter Colbert zur Bedeutung gelangt und die Erfindung des Flintenschlosses, um 1635, brachte sie mit einem Schlag an die Spitze des Waffenhandwerkes in der ganzen Welt. Der neue Mechanismus erforderte eine Umgestaltung der ganzen Gewehrform und eine ästhetische Durchbildung in der Form wie in der Dekoration; dieses durchgeführt zu haben, ist zum großen Teil ein Verdienst Berains. Er bildete sich vermutlich bei Gissey, welchem er auch als Zeichner der menus plaisirs du roi am 18. Dezember 1674 folgte. 1677 erhielt er eine Wohnung im Louvre, wo er auch starb. Berain war Zeichner und nicht Büchsenmacher von Fach, es ist daher begreiflich, dass wir ihn mit den berühmtesten Meistern wie Thurenne und Reynier in Verbindung antreffen. Vieles arbeitete er für die genialen Eisenarbeiter Henry und Hugues Brisseville und war anfänglich als Stecher der Ornamente des Ersteren, später auch als Zeichner für beide tätig.

Der mächtige Einfluss, welchen der Meister auf die Dekoration im Kunstgewerbe übte, wurde hauptsächlich durch seine zahlreichen gestochenen Musterblätter vermittelt.

Für die Waffenschmiedekunst ist hier maßgebend das 1667 erschienene Kupferwerk, bestehend aus Tafeln ohne Text: „Diverses pieces trés utiles pour le archebuziers.“ Berain sculpsit. Paris chez Le Blond Editeur. Viele der Blätter daraus wurden in Frankreich und den Niederlanden nachgestochen.

Flintenschlossplatte aus den Blättern des Jean Berain von 1667.
Flintenschlossplatte aus den Blättern des Jean Berain von 1667.

 

Mit Jean arbeitete auch dessen Bruder Louis. Eine ziemliche Anzahl von Gravuren und Schnittdesigns, von welchen die Bibliothek des Instituts in Paris Abdrücke besitzt, sind von Jean und Louis gezeichnet.

 

Minder schöpferisch, doch immer nicht ohne Talent, ist der gleichnamige Sohn, Jean Berain, als Zeichner aufgetreten; er ist um 1678 zu Paris geboren und daselbst am 3. Juli 1726 gestorben.

 

Eine zweite Ausgabe des zitierten Kupferwerkes von 1667 führt auf dem Titel den Beisatz: „nouvellement inventes et graves par Jean Berain le jeune á Paris chez Lebion." Über diesen jüngeren Berain, der mit dem erst um 1678 geborenen Sohn gewiss nicht identisch ist, fehlen uns nähere Nachrichten1.

 

1 Jal. Dictionnaire dt; biographie. Bellier de la Chavignerie, Dictionnaire. — Gazette des beaux-arts. I. 57. 123, II. 148. 152. 154 155. VIII. 244. X. 152. XV. 255 361. 372. — Handschriftliche Notizen des Inspecteurs des beaux-arts Mr A. de Champeaux in Paris. — Boeheim, W., Die Luxusgewehrfabrikation in Frankreich. Blätter für Kunstgewerbe. 1886 Heft VII und VIII Heinetken. Dictionnaire des artistes. Leipzig 1778— 1790. — Mayer. Künstlerlexikon.

 

Flintenschloss aus den Blättern des Jean Berain von 1667.
Flintenschloss aus den Blättern des Jean Berain von 1667.

 

Berain ist uns bisher nur als Künstler und Autor bekannt und nirgends fand sich ein Beweis, dass er auch als Arbeiter in der Gewehrfabrikation aufgetreten wäre. Im Katalog der historischen Waffensammlung zu Kopenhagen1 (1523—25) erblicken wir vier Paar Pistolen, welche die Namen „Thuraine, Berrain und Cuny, in Paris" tragen: sie stammen aus den letzten Jahren des 17. Jahrhunderts.

 

1 Katalog over den historiske Vaabrnsamling; paa Kjobenhavn Tojhus. Kopenhagen 1877.

 

Vignette aus den Blättern des Jean Berain von 1667.
Vignette aus den Blättern des Jean Berain von 1667.

 

Inwiefern mit der Bezeichnung des Namens die Mitwirkung bei der Verfertigung ausgedrückt ist und welcher der Berain damit bezeichnet ist, bleibt vor der Hand noch unaufgeklärt.

 


Quelle: Meister der Waffenschmiedekunst vom XIV. bis ins XVIII. Jahrhundert von W. Boeheim. Berlin, 1897.