· 

Der Soldat in der deutschen Vergangenheit Teil 25

Plünderung eines Dorfes. Holzschnitt aus Hamelmann, Oldenburgisches Chroniken. Oldenburg 1599.
Plünderung eines Dorfes. Holzschnitt aus Hamelmann, Oldenburgisches Chroniken. Oldenburg 1599.

 

Das neue Jahrhundert sah zunächst die Pfalz in gleichem Sinne tätig, am 1. Januar 1613 trat in Sachsen eine Defensionsordnung ins Leben und im folgenden Jahr tauchten dahingehend Vorschläge in Brandenburg auf. Katholischerseits hatte nur Bayern ähnliche Bestrebungen aufzuweisen. Die übereinstimmende Tendenz in allen diesen Territorien ging dahin, den Ausschluss, das von den Ortschaften gestellte Kontingent, bereits in Friedenszeiten durch häufiger als bisher angestellte Musterungen und womöglich wöchentlich angestellte Exerzierübungen auf den Ernstfall vorzubereiten. Bei den Untertanen fanden diese landesherrlichen Maßregeln wenig Gegenliebe, die Stände setzten der Bewilligung erforderlicher Geldmittel die gewohnte Widerhaarigkeit entgegen und die Eingezogenen waren unzufrieden über die neue Verpflichtung. So war es unvermeidlich, dass die scheinbar hoffnungsvolle Wiederbelebung der allgemeinen Wehrpflicht sich den harten Anforderungen der Wirklichkeit gegenüber als völlig unzureichend erwies. In den Stürmen des großen Krieges hat die neue Organisation ausnahmslos ein klägliches Bild geboten; die Defensioner, ohne Eifer für die Sache, schlecht verpflegt und gelöhnt, mit dem Herzen in der gefährdeten Heimat, lösten sich oft durch Desertion auf, ehe sie vor den Feind kamen, waren aber keinesfalls fähig, geübten Soldaten Stand zu halten – ein warnendes Beispiel für kurzsichtige Verfechter des Milizgedankens. Die Ritterschaft hatte zwar noch die hergebrachte Verpflichtung zum Kriegsdienst, aber deren Grundlage, die ererbte Kriegstüchtigkeit, war verfallen. Die Eigenschaft, aufgrund deren der Stand zu einem solchen erwachsen war, trat zurück vor der des Grundbesitzes. Die auf diesem lastenden kriegerischen Leistungen pflegten die Herren oin möglichst bequemer Weise durch ungenügende Stellvertretung zu erledigen. So sah der Kurfürst von Brandenburg 1610 sich bei der Musterung der Ritterschaft zu dem Verbot genötigt, nicht wieder wie früher „kleine schwache Klepper oder auch Kutscher, Bögte, Fischer und dergleichen schlimm und unversucht Lumpengesindel anstatt guter starker Hengste zur Stelle zu bringen“. Ein sächsischer Bericht aus den ersten Jahren des großen Krieges urteilt: „Zierlich zur Musterung gehen, in schöner Rüstung prangen und mit Leuten scharmützen, die weiße Schürzen tragen, da will sich ein jeder brauchen lassen, aber zu Feld liegen, Städte und Festungen belagern, stürmen und einnehmen oder Feldschlachten tun, das ist Geckenwert.“

 

Soldatentrupp um 1630. Kupferstich von J. Hulsmann. Aus Hirst, Bilderbuch.
Soldatentrupp um 1630. Kupferstich von J. Hulsmann. Aus Hirst, Bilderbuch.

Mit den Versuchen zur Begründung einer allgemeinen Wehrpflicht geht Hand in Hand eine uns ebenso selbstverständliche Einrichtung, die Uniform. Sie ist der Neuzeit so zum unterscheidenden Merkmal des Soldaten, zum Symbol der in der Gesamtheit aufgehenden Einzelpersönlichkeit geworden, dass es merkwürdig berührt, sie erst mit dem Ende des 17. Jahrhunderts allgemein eingeführt zu wissen. Ihre Anwendung widersprach dem Individualismus des Rittertums, dessen Wappen gerade den Zweck hatten, den Einzelnen kenntlich zu machen, wie seine Taktik nur in einer Reihe von Zweikämpfen bestand. Um unerkannt zu bleiben, legte Ludwig der Bayer in der Schlacht bei Mühldorf mit mehreren der Seinen denselben blauen Waffenrock mit weißen Kreuzen an. Nur ständiger Dienst am Hof eines Fürsten veranlasste ein Aufgeben der eigenen Persönlichkeit soweit, dass das häufig in der Besoldung einbegriffene Hofkleid dessen Ausdruck wurde. Es bezeichnete aber nicht den Dienst des Staates, sondern des Fürsten, war weniger Uniform als Livree. Schon 1293 erklärten die Magdeburger Ratsmänner für ratsunfähig, wer eines Fürsten Kleidung nähme, d. h. In seinen Diensten stand. Nicht anders ist es, wenn die nicht am Hof lebende Ritterschaft aus Gründen der Repräsentation in gleichmäßiger Tracht erschien wie z. B. bei Huldigungen. Sie wies gewöhnlich die Hausfarben auf und war sehr kostbar, ohne Rücksicht auf kriegerische Zwecke. Bei dem geworbenen Söldner verboten sich Uniformen schon wegen des häufigen Parteiwechsels; ihre Stelle vertraten leicht zu ändernde Abzeichen, besonders Feldbinden. Eine bestimmte Kleidung im öffentlichen Dienst, und zwar vorzugsweise im kriegerischen, findet sich zuerst in den Städten, wenn auch erst vom 15. Jahrhundert an, häufiger nachweisbar. Wie die Ratsdiener mit dem Sold auch Kleidung empfingen, so wurden auch bei kriegerischen Auszügen Bürger wie Geworbene häufig mit gleicher Tracht ausgestattet, die meist die üblichen städtischen Farben rot und weiß aufweist.


Weiter zu Teil 26

 

Zurück zu Teil 24

 

Quelle Bild und Text: "Der Soldat in der deutschen Vergangenheit" miteinhunertdreiundachtzig Abbildungen und Beilagen nach den Originalen aus dem 15. - 18. Jahrhundert, von Georg Liebe; Leipzig, 1899.