Eine 1601 erschienene Schrift mit den bezeichnenden titel: „Der Kriegsleut Weckuhr“ äußert sich über dieses Unwesen: „So sehen wir, dass alles nur auf die Hofart gerichtet ist, und dass sich weniglich zumal die Edelleut nur dahin befleißen, wie sie am allerköstlichsten und stattlichsten mögen aufziehen. Sie vermeinen, es sei genug, wenn sie eine schöne breite und rote Binde an den Hals gehenkt, einen großmächtigen langen Federbusch aufsetzen, Koller und Hosen mit guldenen und silbernen Posamenten verbrämet, gesäumet, berandet und belsitet, den Harnisch, Wehr und Dolch mit Silber beschlagen und vergulden lassen, den Hals mit Ketten behängen und die Finger mit Ringen zieren und alles auf das prächtigste angreifen. Aber sie sollen wissen, dass nit das Gold und Silber, sondern ein zerhackter Harnisch, ein stumpfes Schwert, ein verwundetes Angesicht der Kriegsleut allerbeste Zier ist. In Summa, es ist leider die Ordnung unsres Kriegswesens also beschaffen, dass sie sein Ordnung nicht halten. Denn dessen Maul von den allergrößten Streichen kann reden, wer am allergräulichsten kann Gott lästern, fluchen und schwören, wer am besten freibeuten, rauben und stehlen kann, der wird für den tapfersten Kriegsmann gehalten.“ – „Es stecken viel in dem Wahn, dass von der Stund an, die sie sich zum Krieg schreiben lassen, ihnen erlaubt und zugelassen sei, zu rauben und zu stehlen wo und was sie wöllen, da ist nichts für ihnen sicher, man muss alles vor ihnen flüchten als vor offenbaren Dieben und Räubern. Welches aber nicht kriegsmännlich noch ritterlich ist, viel weniger gehören dieselbigen in die Zunft der ehrlichen Soldaten, sondern in die Zahl der henkermäßigen Diebe, Räuber, Brenner und Mörder.“
Nichtsdestoweniger ist der Autor noch fähig, den mit so viel Lastern behafteten Stand mit Humor zu betrachten in einem Kapitel „von den stattlichen Privilegien und Freiheiten der Soldaten“. Dahin
gehört, „dass so lange sie im Krieg sind, niemand sich untersteht, sie um ein Anlehen zu ersuchen, denn wenniglich weiß, dass die Soldaten des Gelds zu wenig, der Seufzer aber zu viel haben“.
Ferner „seind sie nit schuldig, des nachts gassatim zu gehen und ihren Bulen zu hofieren, sintemal sie mehr Ursach haben, sich des Tags vorm Feind zu wehren und sich des Nachts Gott zu
befehlen“.
Sie brauchen auch nicht „alle Tag ein frisches Hemd anzulegen, denn ob einer schon ein Hemd vier Wochen lang an seinem Leib trägt, si muss er desto geduldiger sein“. Auch brauchen sie „sich nit
bekümmern, dass sie nit alle Feiertag Meß hören. Denn ob sie schon bisweilen seufzen, große Mühe und Arbeit ausstehen, sich Gott treulich befehlen, so pflegen sie es doch beim Wein leichtlich zu
vergessen und fangen an zu singen, zu spielen, zu fluchen und zu lügen, dass sich möchte das Firmament umkehren“.
Auch auf der Bühne erscheint jetzt die Figur des prahlerischen Soldaten, um sich lange dort zu behaupten. 1594 verfasste ein fürstlicher Herr, der geistreiche Herzog Heinrich Julius von Braunschweig, die Komödie „von Bicentio Ladislao Sacrapa von Mantua, Kämpfer zu Ross und Fuß, weiland des edlen und ehrenselbst, auch mannhaften und streitbaren Barbarossa Bellikost von Mantua, Ritter zu Malta, ehelich nachgelassenem Sohne“. So umständlich und gespreizt wie der Titel ist auch der Held des Stückes, ein eitler Renomist, der in der gezierten Redeweise, die damals mündlich und schriftlich aufkam, von seinen Abenteuern im krieg und auf der jagd zu berichten weiß, ein würdiger Vorläufer Münchhausens. Er tritt am Hofe eines Fürsten auf, um diesem seine Dienste anzubieten: „Dieweil auch jetzunder Krieg und Kriegsgeschrei vor der hand sein und Euer fürstliche Durchlaucht ohn allen Zweifel eines hochverständigen, kecken, berühmten und erfahrenen Kriegsmannes werden von nöthen haben, so werden Euer Fürstliche Durchlaucht denselben an uns finden.“ Doch verfährt dieser erste satirische Versuch noch glimpflich, der Prahlhans ist harmlos und wird zum Schluss nur lächerlich gemacht zum Vergnügen der Hofgesellschaft.
Quelle Bild und Text: "Der Soldat in der deutschen Vergangenheit" miteinhunertdreiundachtzig Abbildungen und Beilagen nach den Originalen aus dem 15. - 18. Jahrhundert, von Georg Liebe; Leipzig, 1899.