Maler, Kupferstecher, Goldschmied,
geboren zu Paderborn 1502, gestorben zu Soest 1562. (?)
Meister der Waffenschmiedekunst vom 14. bis ins 18. Jahrhundert
Aldegrever ist, das erweisen seine Jugendarbeiten, ein Schüler Dürers, ob er nun in dessen Werkstätte gearbeitet oder nur sich an dessen Werken gebildet hat. Gleich Dürer ist Aldegrevers Einfluss auf die deutsche Waffenschmiedekunst ein ungemein bedeutender und wohltätiger gewesen. Aber, wenn sie beide den Verdienst teilen, das deutsche Waffenwesen zu hohem Ansehen gebracht zu haben, wie verschieden war ihre Tätigkeit darin. War Dürer bestrebt die eiserne Schutzwaffe, den Harnisch, von ästhetischen und praktischen Gesichtspunkten nach den Andeutungen seines kaiserlichen Herrn umzugestalten, so war Aldegrevers Blick lediglich auf die dekorative Ausbildung der Handwaffen gerichtet gewesen und er ist damit der Gründer des Dekorationsstiles, ebenso in der Arbaleterie wie in der Büchsenmacherei geworden. Durch ihn hat die deutsche Waffenschmiedekunst einen ihr eigentümlichen Kunststil erhalten und nahezu ein volles Jahrhundert bewahrt. Aus seinen Ideen hat sich vornehmlich der Ornamentstil an deutschen Schwert-, Degen- und Dolchgriffen und Scheiden, an der in Einlagetechnik verzierten Armbrust- und Gewehrschäften herausgebildet. Seine Blattornamentik in Verbindung mit geistreich erdachten figuralen Phantasiegestalten boten das Vorbild für alle späteren Meister. Und wie gegenständlich beschränkt war das Feld, welches sich Aldegrever für seine Vorbilder gewählt hatte; es ging sonderbarerweise nicht über den Dolch hinaus, aber seine geistreichen Motive ließen sich im ganzen Gebiet der Handwaffen verwerten.
Aldegrever war nur Zeichner und Stecher auf ornamentalem Feld; es ist möglich, dass er auch Zierwaffen selbst ausgeführt hat. Doch ist dies bis jetzt nicht nachzuweisen gewesen. Seine Stiche
wanderten als Musterblätter durch ganz Deutschland und sein Monogramm bildete die Beglaubigung für die Echtheit derselben.
Für den Ornamentstil im Allgemeinen, der sich in den anmutigen „Läublein“ vornehmlich charakterisiert, bildet eine bedeutende Zahl von Blättern eine Grundlage. Jene Blätter, in welchen er speziell die Verzierung von Dolchgriffen und Scheiden behandelt, wollen wir hier in Kurzem darlegen:
An ohne Jahreszahl bezeichneten Blättern verzeichnen wir die Dolchscheiden: oberhalb ein nackter Mann (Adam), unterhalb Laubwerk B. 213 — oberhalb eine nackte Frau (Eva), unterhalb Laubwerk B. 214. Gegenstücke. — Herr mit einem Papagei, unterhalb Rankenwerk B. 215. — Dame mit einer Nelke, unterhalb Rankenwerk B. 216. Gegenstücke. Dazu zählen noch die Dolchscheide mit einer großen Anzahl von menschlichen und tierischen Figuren und zwei nackten Kindern, welche ein Wappenschild mit dem Monogramm des Meisters halten. Schlecht gezeichnet und gestochen, B. App. 8, endlich ein Muster zu einem Degengriff mit einem Herrn, der einen Totenkopf auf der Brust trägt. Nachtrag zum Katalog Reynard.
Die Serie der mit Jahreszahlen bezeichneten Blättern ist weit zahlreicher; wir verzeichnen dieselben in Folgendem: Die Dolchscheiden: oben ein Fahnenträger, unterhalb Rankenwerk 1528. B. 225. — Oben die babylonische Hure, unterhalb ein Genius eine Vase tragend 1528. B. 226. — Oben David mit Goliaths Haupt, unterhalb Ranken 1529. B. 234.
— Blattornament und der Henker Johannis 1529. B. 235. — Oben ein junger Herr eine Dame führend 1532. B. 247. — Arabeske mit einer Sphinx, einem Katzenkopf mit zwei Maskarons 1532. B. 248. — Ein Soldat, der eine nackte Frau umarmt 1532. B. 249. — Büste eines Mannes mit Helm 1535. B. 253. — Büste eines Königs 1535. B. 254. — Dolch mit einem Mann und einer Frau, beide nackt 1536. B. 259.
— Ortband einer Degenscheide 1537. B. 264. — Dolch mit Scheide 1537. B. 265, endlich Dolchscheide: David den Goliath mit einer Schleuder erlegend 1539. B. 270.1
1 Schmidt in Meyers Künstlerlexikon I. 239. Bartsch. Peintregraveur. Ritter. Illustrierter Katalog der Ornamentstichsammlung des österreichischen Museums für Kunst und Industrie. — Nagler. Künstlerlexikon.
Quelle: Meister der Waffenschmiedekunst vom XIV. bis ins XVIII. Jahrhundert von W. Boeheim. Berlin, 1897.