Heerestross im 16. Jhd. Holzschnitt von Beham (1500-1550). Berlin, Kupferstichkabinett.
In den Landsknechtsheeren sollte wenigstens der Vorschrift nach jedes Fähnlein einen Wundarzt haben. Die Hauptleute sollten aber erfahrene Männer dazu nehmen und keine Baderknechte, „denn mancher ehrliche Gesell etwa sterben oder erlahmen muss; hätte er einen rechtschaffenen und geübten Meister, er bliebe bei Leben und grade.“ Auch soll ein oberster Feldarzt beim Heere sein, der die Instrumente und Arzneimittel inspiziert: „Er soll auch aufmerken, wo beschädigte Knechte sind, dass man die nicht lange in den Ordnungen oder Haufen liegen lasse, sondern sie alsbald durch die Feldschererknechte und -jungen aus den Gliedern und Haufen ausgeschleift, getragen und gezogen, auch verbunden werden. Auch wo sich Irrungen zwischen den geheilten Knechten und den Feldscherern der Bezahlung halben zutrügen, das soll der oberste Feldarzt zu vergleichen haben, damit nit jemand übernommen oder zu wenig gegeben werde.“
Das Los der zu Krüppeln Verwundeten freilich blieb ein trauriges; die Fürsorge für sie blieb wie so viele soziale Aufgaben der Privatwohltätigkeit überlassen. Noch 1595 verordnete ein
Regensburger Reichstagsabschied, für die im Türkenkrieg Verwundeten vor allem Kirchen Opferstöcke aufzustellen. Der bittere Humor des Liebes behielt recht:
Und wird mir dann geschossen
Ein Schenkel von meinem Leib,
So tu ich nachher kriechen,
Es schadt mir nit ein meit. (nicht im Geringsten; meit = kleine Münze)
Ein hölzern Stelzen ist mir recht;
Ja eh das Jahr herumme kommt,
Geb ich ein Spittelknecht.
Die sittliche Bedeutung des Krieges wurde in der Zeit, die wie keine zuvor die tiefsten Probleme zu erörtern begonnen hatte, wohl gewürdigt. Die Totentänze richten ihre erschütternden Mahnungen an den Stand, der nichts zu fürchten sich rühmte und kein geringerer als Luther hat eine Schrift verfasst: Ob Kriegsleute auch im seligen Stande sein können. Indem er an die oft grausam scheinende, doch segensreiche Operationstätigkeit des Arztes erinnert, will er den gerechten Verteidigungskrieg als unveräußerliches Recht betrachtet wissen. „Denn weil das Schwert ist von Gott eingesetzt, die Bösen zu strafen, die Frommen zu schützen und Friede zu handhaben, so ist´s auch gewaltiglich genug bewiesen, dass Kriegen und Würgen von Gott eingesetzt ist und was Kriegslauf und -recht mitbringet. Was ist Krieg anders, denn Unrecht und Bösen strafen? Warum kriegt man, denn dass man friede und Gehorsam haben will?“ Darum will er den Kriegsdienst auf die Untertanen beschränkt wissen, die zum Aufgebot ihres Herrn verpflichtet sind, und steht den Berufssoldaten wenig freundlich gegenüber.
Es ist dieselbe Anschauung wie in der dem Lukas Cranach zugeschriebenen Darstellung der Zehn Gebote: bei der Hälfte der Vergehen trägt der Übertreter das Kleid des Landsknechts – eine Anspielung, die uns mehrfach bei bildlichen Darstellungen im Zeitgeschmack entgegentritt. „Denn das ist gewisslich wahr, dass man im Sprichwort sagt, dass der zum kriege Luft habe, der nie dabei gewesen ist, denn die jungen Gesellen, die noch jung und heiß Geblüht haben, die meinen, es sein nichts besser, als dass sie durch Krieg und Sieg Ehre einlegen und einen guten Namen bekommen. Diese fleischlichen Bewegungen vergehen ihnen danach bald, wenn sie samt den ihren ein Unglück leiden.“ – „Daraus folgt, dass die Landsknechte, so im Lande irre laufen und Krieg suchen, so sie doch wohl arbeiten und Handwerk treiben mochten, bis sie gefordert würden, und vor Faulheit oder aus rohem wildem Gemüte die Zeit also verlieren, nicht wohl dran mögen sein mit Gott. Denn sie können keine Sache nach gut Gewissen ihres Laufens vor Gott anzeigen, sondern haben nur eine tollkühne Luft oder Fürwitz zum krieg oder ein frei wild Leben zu führen. Nach solcher Gesellen Art müssen auch eins Teils zuletzt Buben und Räuber daraus werden.“ Ein für die Zukunft des Söldnertums prophezeiliches Wort!
Quelle Bild und Text: "Der Soldat in der deutschen Vergangenheit" mit einhunertdreiundachtzig Abbildungen und Beilagen nach den Originalen aus dem 15. - 18. Jahrhundert, von Georg Liebe; Leipzig, 1899.