Frauentaschen aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts; in früherer Zeit im Besitz des Regierungsrates Martinengo zu Würzburg sind dieselben jetzt im Bayerischen Nationalmuseum zu München aufbewahrt.
Solche Taschen nebst einem Bund Schlüssel und einem Besteck wurden gewissermaßen als Ehrenzeichen von den Frauen hohen und niederen Standes an einem vom Gürtel bis über das Knie hinabreichenden, oft schön verzierten Riemen oder auch an einer Kette getragen, wie wir aus vielen Bildnissen jener Periode ersehen.
Die obere Tasche ist hier unter A von der Vorder- und unter B von der Rückseite dargestellt; sie enthält sieben kleinere Taschen, welche auf verschiedene Art durch Strüpfen, die in zierlichen Knöpfchen herabhängen, zugezogen werden. Die ganze Tasche ist von hellbraunem Hirschleder, die Ränftchen, welche auf der Vorderseite allenthalben als Fassung vorkommen, sind von gelber Seide und Goldfäden; das Flechtwerk unter dem Henkel, wie alle Knöpfchen, sind von feinen vergoldeten Lederriemchen geflochten.
Die zweite Tasche unter C von vorn und D von der Rückseite zu sehen, unterscheidet sich von der vorigen vorzüglich dadurch, dass sie oben einen Bügel aus Stahl besitzt, welcher das Schloss bildet, während erstere ganz aus Leder ist. Der Ring zum Aufhängen ist an der mittleren Scheidewand befestigt; auf beiden Seiten befinden sich Griffe in Kleeblattform zum Öffnen der Seitentaschen; die Knöpfe, welche zum Zuziehen der Nebentäschchen und zur Zierde darauf sitzen, sind aus Leder und Messingdraht geflochten. Auf der Rückseite ist die größere Tasche, auf welcher strahlenförmig herablaufende Linien tief eingepresst sind, mit einem Stahlreif gefasst, in dessen Mitte sich eine zweite Tasche mittels einer Strüpfe öffnet. Das Leder der Tasche ist rötlich-braun, die schrägen und gekreuzten Linien sind mit schwarzer Seide gestickt.
Männertracht von 1526, nach einem fast lebensgroßen Ölgemälde von Lukas Cranach (mit dessen Monogramm: die geflügelte Schlange), seiner Zeit im Besitz des Freiherrn von Grainberg zu Heidelberg. Ohne uns auf Vermutungen einzulassen konnten wir nicht ermitteln, wen dieses Bildnis darstellt. Wir teilen es hier mit, um eine Vorstellung des großen Luxus im Schmuck sowie die Eigentümlichkeit in Farbe, Stoff und Schnitt der Fürsten- und vornehmeren Männertracht dieser Periode zu geben. Die Kostbarkeit der Tracht besteht vorzüglich in der „Haarhaube“ aus Goldgeflecht, dem damals beliebten Halsschmuck aus goldenen Reifen mit darin hängenden Ringen, dem Kleid aus rotem Samt, reich mit Silberbrokat besetzt.
Wenn uns auch die dargestellte Persönlichkeit nicht bekannt ist, so dürfen wir wohl den Umständen nach sie für eine ungarische Prinzessin halten. Wir geben sie vorzüglich als ein Beispiel des außerordentlichen Luxus in der Tracht einer hohen Dame dieser Periode, ähnlich dem Bildnis der Kaiserin Maria Blanka auf Tafel 450. Der große Prachtaufwand besteht besonders in den Goldbrokaten, der überreichen Perlenstickerei auf dem Kleid, dem Perlenkranz aus dem Barett und der doppelten, kolossalen Goldkette, von welcher wir auf Tafel 504 ein Beispiel nach der Wirklichkeit geben. Wir danken die Mitteilung dieses interessanten Gemäldes dem Herrn Victor Parvitius, Konservator der genannten Gemäldegalerie.
Quelle Text und Bild: Trachten, Kunstwerke und Gerätschaften vom frühen Mittelalter bis Ende des achtzehnten Jahrhunderts nach gleichzeitigen Originalen (Bd. 7)