Solche Männer mochten nicht in der Heimat von neuem Demut lernen. Ein lebendiges Zeugnis dieser Stimmung ist die Denkschrift eines ungenannten Bürgers für den Rat der Stadt Worms, als die mit ihrem Bischof zerfallene Stadt 1500 Feindliches von dem geistlichen Oberherrn besorgen musste. In der Absicht, seine in den Niederländischen Kriegen gesammelten Erfahrungen dem Gemeinwohl nutzbar zu machen, gibt der Verfasser Ratschläge für die Verteidigung der Stadt und zeigt sich dabei als versuchten Kriegsmann von gesundem Urteil und Humor. Es ist eine Freude, in welcher volkstümlich klaren Ausdrucksweise der alte Soldat seine Meinung zu sagen versteht: „Wenn ein Feindgeschrei ist, so soll einer aus der Obrigkeit darüber gesetzt und geordnet sein, der soll zuerst bei hoher Strafe auf dem Plan sein und soll ein gestandenen Mann sein und häbig und soll mit fröhlicher Stimme sprechen zu der Versammlung also: „Ihr lieben Freunde, thut alle wie ich, so wollen wir allen unseren Feinden stark genug sein; gedenk jeglicher an den liebsten Bulen [Busen], den er je gewann“, und soll die Verbindnis hart machen, dass keiner von anderem welche bei Behaltung seines Leibs und Lebens. Wenn man die Ordnung also macht, so mag man mit einem kleinen Wolf so ein groß Tat tun, dass Wunder ist zu sagen“.
Auch ist er aufmerksam den Fortschritten der Bewaffnung gefolgt. In einer belagerten Stadt soll jederzeit ein Trupp gerüstet sein, einem Überfall zu begegnen „und sollen sie gerüstet sein nit mit
Schweinspießen und mit Streitäxten, wie die alter Väter auf die Wacht gingen, sondern mit Handbüchsen und Armbrüsten und langen Spießen und mit rechten guten Helmbarten [Hellebarden]. So sind die
Büchsen gut, wenn man mit Leitern oder durch die Gräben will, dass man in sie schießt, dass sie der Leitern vergessen; so sind die Armbrüste gut, wenn sie auf die Mauern kommen, dass man sie ins
Angesicht schießt, dass sie wieder hinaus fallen; so sind die langen Spieße gut, dass man sie auch wieder von den Mauern hinaussticht; so sind die Helmbarten gut, wenn einer von der Mauer
herabspringt, dass man ihn damit schlage, dass er nit wieder aufstehe.“
Der Geistlichkeit ist er wenig wohlgesinnt, er meint, „dass sich alle Kriege des mehreren Teils von den Bischöfen und Pfaffen erheben und werden damit Land und Leute verderbt“, und zu der Lehre von der Verdienstlichkeit des Almosens bemerkt er recht anzüglich: „Ich meine, wollte ihnen einer einen Gulden um Gottes Willen geben, sie nähmen ihn viel lieber denn einen Heller, denn sie haben viel Kinder und Weiber, die sie müssen ernähren“. Solche Anschauungen wären in den Kreisen des Bürgertums seit lange herrschend und gerade die oberdeutschen Städte, die am schnellsten der Reformation zu vielen, waren der Hauptmarkt der Landsknechte, die wir daher vielfach als entschiedene Anhänger der neuen Lehre finden. Mehrfach haben sie bei Anwerbungen die Bedingung gestellt, nicht gegen das evangelische Bekenntnis ihre Waffen richten zu müssen.
Den wildesten Ausdruck fand diese Gesinnung in dem Hohn, mit dem deutsche Landsknechte bei der Einnahme und furchtbaren Plünderung Roms 1527 den in der Engelsburg eingeschlossenen Papst überschütteten. Ein Bericht sagt von ihnen, nachdem er von den Gräueln der spanischen Soldaten gesprochen: „Grausame und unnatürliche Taten haben die Teutschen nit getan, aber sonst ist ihnen kein Mutwill zu viel gewesen. Sie haben die kardinalischen Hüt aufgesetzt und die roten langen Röck angetan, also auf Eseln in der Stadt umgeritten, sich nit genug ob der langen Schwänze der kardinalischen Röck verwundern mögen, und die unter ihnen der Historien erfahren haben disputiert, wo doch solch unförmlich, unmännlich, weiblich Kleid seinen Ursprung hab. Mit diesen Kleidern haben die teutschen Knecht ihr Affenspiel gehabt und einen Papst gemacht, mit drei Kronen und mit päpstlichen Pomp vor die Engelsburg geritten, und haben ihrem Fastnachts-Papst Reverenz getan, ihre langen Röck vorne mit den Händen aufgehebt, das hintere Teil auf der Erde nachgeschleift, sich mit Haupt und Schultern tief gebogen, Füß und Händ geküsst. Alsdann hat der landsknechtliche Papst mit einem Glas von Wein den Segen gemacht und dem gefangenen Papst einen Trunk gebracht. Mittlerweil sind die knechtlichen Kardinal auf ihren Knien gelegen und als gehorsame Glieder auch jeder ein Glas austrunken, dabei geschrien, sie wollten dem Kaiser als dem Haupt gehorsam und nit wie die vorigen widerspenstig sein. Zuletzt habens laut gerufen, sie wollten dem Luther das Papsttum schenken, welchem solches gefalle, der soll ein Hand aufheben, haben also alle ihre Hand aufgehebt und geschrien Luther Papst.“
Quelle Bild und Text: "Der Soldat in der deutschen Vergangenheit" miteinhunertdreiundachtzig Abbildungen und Beilagen nach den Originalen aus dem 15. - 18. Jahrhundert, von Georg Liebe; Leipzig, 1899.