Tafel 422.
Eisenhandschuhe (1460-1500), im Besitz des Verfassers; sie stammen aus dem Gräflich Törring'schen Schloss Jettenbach.
A linker Handschuh einer Prachtrüstung nach dem herrschenden Stil dieser Periode, welchen wir dem Wesen nach schon mehrfach durch verschiedene Beispiele vorführten. Er besitzt in seiner getriebenen und ausgeschliffenen Kannelierung, wie in den Ausschnitten an den Rändern der einzelnen Schienen eine bestimmte Art der Ornamentik, welche bei allen dazu gehörigen Harnischteilen angewendet ist. Die Schiene mit vier hoch getriebenen Spitzen, welche sich über das Handgelenk am Ansatz der Finger erstreckt, wie die vier einzelnen Schienen mit Spitzen am Mittelglied der vier Finger und die Köpfe aller Nietnägel sind aus Messing, während alles Übrige aus blankem Stahl besteht.
Das Handschuhpaar: B der rechte und C der linke, wohl wesentliche Abweichungen von der vorgenannten Art bietend, war jedoch, wenn auch seltener, zu jener Zeit im Gebrauch. Das eigentümliche desselben besteht darin, dass sich die Eisenschienen nur bis über das Handgelenk erstrecken und der Vorderteil der Finger nur durch die Lederfütterung, d. h. den darunter befindlichen Lederhandschuh geschützt war. Des genaueren Verständnisses der Form wegen geben wir beide Eisenhandschuhe in verschiedener Stellung.
D und E zeigen eine besondere Art von Handschuhen. Wir würden sie einer späteren Periode zuschreiben, wenn nicht ein bestimmter Anhaltspunkt für ihre Entstehungsperiode gegeben wäre. In dem berühmten Genter Altar von Johann van Eyk im Königlichen Museum zu Berlin, der zu Anfang des 15. Jahrhunderts vollendet wurde, erscheinen auf dem ersten der zwei Seitenflügel heraldisch rechts die drei Weisen aus dem Morgenland zu Pferd, umgeben von Rittern (entschieden Bildnisse aus der Lebenszeit des Meisters); unter diesen ein junger Ritter zu Pferd im Vordergrund, zur rechten der drei Könige. Er trägt bis ins Kleinste genau ausgeführt dieselben Handschuhe; man ersieht daraus, dass sie schon früh ihren Ursprung hatten, doch erst in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts mehr in Gebrauch kamen. Ihre Eigentümlichkeit besteht darin, dass die mittlere breite Schiene (hier mit f und g und bei dem Handschuh E, mehr eingebogen mit h und i bezeichnet) zwei Wölbungen besitzt, in welche bei Bewegung der Hand sich die übrigen Schienen einschoben.
Später werden wir zeigen, wie diese Art von Handschuhe unter dem Namen „Fäustling“ im 16. Jahrhundert allgemein wird, wobei jener Mittelteil durch einen, auch zwei bis drei stark vorspringende Wulsten ersetzt wird.
Tafel 424.
Schwert Herzogs Christoph von Bayern (gest. 1493). Das Original befindet sich in der kgl. Residenz zu München unter den Insignien des Georgi-Ritter-Ordens und ist bis zur neuesten Zeit als Zeremonienschwert bei dem Ritterschlag im Gebrauch.
Herzog Christoph war der Sohn des Herzogs Albert III., welcher im Jahr 1460 starb. Er besaß eine ungewöhnliche Gewandtheit und Stärke des Körpers und war in allen ritterlichen Spielen ausgezeichnet.
Mit seinem Bruder Albrecht IV., welcher die Regierung führte, hatte er mehrere Kämpfe, wurde von ihm einige Zeit lang gefangen gehalten und erst wieder freigelassen, nachdem er allen Fehden abgeschworen und dreißig Ritter als Bürgen für sich gestellt hatte. Sein ritterlicher Sinn trieb ihn zu einer Wallfahrt in das Gelobte Land; auf der Rückreise starb er 1493 zu Rhodos.
Die reiche Ornamentierung dieses Schwertes auf Griff und Scheide von Silber, ist auf der Vorder- wie auf der Rückseite dieselbe, mit kaum nennenswerter Verschiedenheit. Der Oberteil der Handhabe hat in dem Knopf das Wappen von Bayern und der Pfalz, die silbernen und blau emaillierten Wecken und den goldenen Löwen in schwarz emailliertem Grund. Der untere, breitere Teil zeigt in Nischen fast freistehende männliche und weibliche Statuetten, sich wiederholend, und Rubinen in goldene Rosetten gefasst. Unter A geben wir den oberen Teil des Griffes, von der Seite gesehen. In Mitte der Parierstange ist im schwarzen Grund das bayerische Wappen mit den Wecken und jenes des Georgi-Ritter-Ordens: das rote Kreuz in silbernem Feld. Die Ornamentierungen auf der Parierstange, wie auf der Scheide, sind in Silber gegossen, ziseliert und haben eine glatte Unterlage aus blankem Silber. Erstere besteht aus Windenblumen (Convolvulus), die Letztere, welche auf beiden Seiten der Scheide von oben an bis herab gegen das Ende läuft, aus Traubenranken, in welchen Affen und Vögel ihr Spiel treiben. Der untere Teil der Scheide, hier unter B, zeigt ähnliche Ornamente umgekehrt, weshalb wir ihn auch aufrecht geben, und endet in einem Drachenkopf, dessen Augen mit Rubinen eingesetzt sind.
In auffallender Weise erscheint die Ornamentierung des Ganzen teils auf-, teils abwärts laufend, indem das Schwert bei der Zeremonie bald auf-, bald abwärts getragen wurde. So erscheint auf dem Knopf der Pfälzer Löwe, die eigentümlichen Statuetten in den Nischen, die Ornamente auf der Scheide (hier nur der obere Teil sichtbar und im unteren Teil B) in entgegengesetzter Stellung. Die Klinge des Schwertes, einfach aus blankem Stahl, hat nichts Bemerkenswertes. In leichten Umrissen verkleinert fügen wir das ganze Schwert besonders bei, um einen Überblick seiner Verhältnisse zu geben.
Dieses in seiner Art sehr seltene und prachtvolle Kunstwerk ist nicht nur höchst stilvoll, sondern auch in der feinsten Behandlung auf dekorative Wirkung berechnet, indem das Ganze von einiger Entfernung gesehen, wie mit einer feinen Filigran-Arbeit überzogen erscheint und in der Nähe dem Auge eine große Abwechslung launigsten Bildwerkes bietet.
Quelle Text und Bild: Trachten, Kunstwerke und Gerätschaften vom frühen Mittelalter bis Ende des achtzehnten Jahrhunderts nach gleichzeitigen Originalen (Bd. 6).
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