Tafel 404.
A Kästchen aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, von mäßiger Größe, wie beigefügter Maßstab zeigt. Es befindet sich im Bayerischen Nationalmuseum zu München. Wie die Technik und besonders die Tracht der darauf erscheinenden beiden Herren und Damen zeigt, ist es französischen oder burgundischen Ursprungs und hat große Verwandtschaft mit der Brauttruhe, welche wir auf Tafel 400 gegeben haben. Sein Material ist Birnbaumholz, auf dessen Fläche die Zeichnung der Figuren und Ornamente nur in Konturen eingeschnitten und deren Grund mit einem Instrument in die Tiefe geschlagen wurde. Auch an dieser Truhe ist nur die hier gegebene Vorderseite mit Bildwerk geziert.
B Kästchen aus Eichenholz aus derselben Zeit, seiner Zeit im Besitz des Herrn C. Milani zu Frankfurt am Main.
Dieses Kästchen diente wohl als Schmuckbehälter einer Dame, wie der aus dem Deckel befindliche, von einer Taube gehaltene Spruchzettel andeutet, worauf die Inschrift: ich. finde . an . dir . mins . herzes . gir. Die Blätterverzierungen, teils aus Wein- und Eichenlaub bestehend, wiederholen sich in ähnlicher Weise auf den drei anderen Seiten; die Beschläge sind aus poliertem Eisen. Ähnliche Kästchen aus Holz, gepresstem Leder usw. kommen im Laufe des 15. Jahrhunderts vielfältig vor und befindet sich eine interessante Sammlung in den verschiedensten Formen und Stoffen im Bayerischen Nationalmuseum, wie in manchen anderen Museen.
Tafel 405.
Grabdenkmal des Bernhard von Breidenbach (gest. 1497), aus grauem Sandstein, im Dom zu Mainz. Dasselbe hat bereits Dr. Franz Huber Müller, Großh. hess. Galeriedirektor zu Darmstadt, der verdienstvolle Forscher und Künstler in seinem Werk „Beiträge zur deutschen Kunst und Geschichtskunde, Darmstadt 1832“ abgebildet und beschrieben. Da dasselbe künstlerisch wie historisch von besonderem Wert ist, so geben wir es gleichfalls direkt nach dem Original.
Wie wir schon mehrmals gezeigt, sind die Grabmonumente des Mittelalters in der Regel so behandelt, dass die darauf erscheinenden Figuren sowohl liegend als stehend gedacht werden können. In dem vorliegenden, bedeutenden Kunstwerk ist die Gestalt des Domdechants mit Porträttreue höchst naturalistisch, liegend mit dem Kelch auf der Brust, als Zeichen des Priesters, durchgeführt. Der gleichwohl reiche Faltenwurf des leichten Gewandes lässt die Form des darunterliegenden Körpers erkennen. Was die Persönlichkeit jenes bedeutenden Mannes betrifft, so lassen wir hier das Wesentliche von dem folgen, was Dr. F. H. Müller sagt:
Bernhard von Breidenbach stammte aus dem altadeligen Geschlecht der Breidenbach zu Breitenstein (nicht zu verwechseln mit der am Rhein begüterten Familie der von Breidbach zu Bürresheim, aus welcher der vorletzte Kurfürst von Mainz, Emmerich Joseph, hervorgegangen war). Im Jahr 1450 wurde Bernhard Domherr zu Mainz und übergab am 4. Oktober dem Domkapitel seine Ahnenprobe. In der Folge wurde er Kapitular des Ritterstiftes zu St. Alban und des Kollegiatstiftes zu U. l. Frau, beider Rechte Doktor, Protonotar des apostolischen Stuhles, Kämmerer des weltlichen Gerichtes und endlich Domdechant. Nach seinen eigenen Auszeichnungen lebte er in seiner Jugend ziemlich lustig. Mit Gott sich auszusöhnen, unternahm er im Jahr 1483 eine Wallfahrt in das Gelobte Land, in Gesellschaft des Grafen Johann von Solms, des Ritters Philipp von Bicken, noch einiger anderen von Adel, dann eines Malers namens Erhard Rewich von Utrecht. Bernhard Breidenbach wurde Ritter des Heiligen Grabes zu Jerusalem und der Heiligen Katharina vom Berg Sinai. Die Wappen dieser Ritterorden setzte er seinem Familienwappen in seinen Siegeln hinzu. Schon im folgenden Jahr 1484 kam er von Palästina nach Mainz zurück, nachdem er vorher noch in Rom für den neuen Erzbischof Berthold von Henneberg die Erhaltung des Palliums betrieben hatte und dort schon an dessen Stelle zum Domdechant der Mainzer Kathedrale erhoben worden. Er starb am 4. Mai 1497 und wurde im Dom in der Kapelle U. l. Frau begraben. Breidenbach hinterließ den Ruhm eines untadelhaften Lebens, strenger Gerechtigkeitsliebe, Frömmigkeit und Wohltätigkeit gegenüber Notleidende. Er war der Erbauer des erst im Jahr 1808 abgerissenen Domdechanteigebäudes in Mainz. Seine Reisebeschreibung nach Palästina erschien zuerst 1486 in lateinischer Sprache unter dem Titel: Opusculum sanctarum peregrinationum in montem Syon ad venerandum Christi sepulcrum – die Holzschnitte dazu sind von dem genannten Erhard Rewich. Dieses Werk erschien alsbald in mehreren Auflagen und übersetzt in verschiedenen Sprachen.
Tafel 410.
Kasten oder Truhe aus Holz, aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, von der Oberfläche und der Vorderseite dargestellt; seiner Zeit im Besitz von C. Becker in Würzburg.
Die Truhe hat einen Anstrich von Zinnober, stellenweise mit darauf in Gold schablonierten Rosetten. Die eisernen Bänder, welche die Scharniere bilden und sich über den Deckel und alle Seitenflächen erstrecken, enden in charakteristischen gotischen Laubornamenten; sie waren ursprünglich, wie die Verzierung auf dem Schloss, welche eine blaue Unterlage hat, verzinnt. Bei dieser Truhe ist mit einfachen Mitteln die Haltbarkeit, wie eine dekorative Wirkung erzielt.
Quelle Text und Bild: Trachten, Kunstwerke und Gerätschaften vom frühen Mittelalter bis Ende des achtzehnten Jahrhunderts nach gleichzeitigen Originalen (Bd. 6).
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