Fibula (Fibel, Haftnadel, Spange), eine ursprünglich bei den alten Etruskern und Römern, vielleicht auch bei mehreren Völkern des Orients gebräuchliche, dann bei Kelten, Germanen und anderen Völkerschaften während des Bronzezeitalters sehr beliebte, der jetzigen "Brosche" oder "Sicherheitsnadel" ähnliche Gewandnadel.
Sie besteht aus einem mehr oder weniger breiten Bogen, der in einen federnden spitzen Dorn (Nadel) endigt; letzterer wurde durch den Stoff des Kleides hindurchgesteckt und dann mit seiner Spitze in ein am Ende des Bogens befindliches Hälschen oder in eine Nut eingelegt. So diente dieses Gerät als Klammer, Schnelle oder Heft zum Zusammenhalten der beiden Enden eines Kleidungsstückes. Doch wurde es auch in mannigfacher Weise verziert als Schmuckgegenstand getragen; römische Soldaten bekamen bisweilen eine Fibel aus Gold oder Silber als Ehrengeschenk.
Der Gebrauch der Fibeln hat sich schon in früher Zeit sehr weit über Europa verbreitet. In den mannigfachsten Fundstätten der Bronzezeit (in Gräbern, Pfahlbauten etc.) entdeckte Fibeln zeigen je nach den Formen, die sie dem germanischen, keltischen etc. Geschmack verdanken, sehr verschiedene Typen, bei welchen insbesondere Gestalt und Verzierung des Bogens sich bald als viereckige, schildförmige oder auch mehrfach abgeteilte Platte, bald auch als halbmondförmige Scheibe darstellt.
Als die germanischen Stämme mit den Römern in Berührung kamen, entlehnten sie von denselben eine Fibelform, die man meist als "römisch" bezeichnet und in der Tat in den nördlichen Provinzen des Römischen Reichs viel trug. Zum Teil gestalteten die Germanen diese Form so sehr um, dass ein neuer Typus entstand, den H. Hildebrand als "germanische Bügelfibel" bezeichnet. So findet man denn in den alemannischen Gräbern Deutschlands beispielsweise Bronzefibeln von altrömischer Grundform, doch auch andere, deren Ornamente in den germanischen Verzierungen der Drachen- und Schlangenwindungen bestehen, und während die Fibel der dänischen Vorzeit den klassischen Einfluss verrät, offenbart sich an der gotländischen und angelsächsischen Fibel ein durchaus selbständiger Geschmack.
In Österreich, doch auch in anderen Ländern, kommen häufig Fibeln in Form einer Brille vor, d.h. die vordere oder äußere Seite, an der hinten die federnde Nadel sitzt, besteht aus zwei durch einen Bügel verbundenen scheibenförmigen Spiralgewinden, die von einem einzigen fortlaufenden Draht gebildet werden. Bisweilen wurden an der äußeren, bald flachen, bald konvexen Blatt der Fibel herabhängende Kettchen und an deren Enden Klapperbleche angebracht.
Die Größe der Fibeln war sehr verschieden, von 2,5 - 23,5 Zentimeter. Häufig finden sie sich paarweise. Sie wurden noch lange während der Eisenzeit getragen.
Quelle: Meyers Konversations: eine Enzyklopädie des allgemeinen Wissens. 6. Bd. Leipzig, 1875.
Links: Gewandnadel, 8,2 cm. Fundort bei Bruckmühl in Oberbayern. Herr Dr. Naue in München. Erz.
Mitte: Gewandnadel, 12,2 cm. Fundort Bingenheim. Kabinett des Großherzogs von Hessen. Erz.
Rechts: Gewandnadel, 9,8 cm. Fundort Nieder-Olm, Rheinhessen. Museum Mainz. Erz.
Bodenfunde aus Deutschland im historischen Bildband
Das Römisch-Germanische Central-Museum in bildlichen Darstellungen aus seinen Sammlungen
von Ludwig Lindenschmit
Sprache: Deutsch
ISBN: 9783750299191
Format: Taschenbuch
Seiten: 240
Erscheinungsdatum: 01.04.2020
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