Reiterschild oder Tartsche, aus der Mitte des 15. Jahrhunderts, im bayerischen National Museum. Ähnliche Schilde, zum Schutz und zur Auszeichnung des Ritters, gehören zu den charakteristischen Rüstungsstücken des Mittelalters, auf welche ein hoher Wert gelegt wurde, indem sie nicht nur zum Schutz, sondern auch mit den Wappenbildern verziert, als Ehrenzeichen alter Geschlechter galten. Sie wurden am linken Arm, in der schiefen Stellung getragen, wie dieser hier dargestellt ist. Auf der heraldisch rechten Seite hat die Tartsche einen Einbug zum Einlegen der Lanze. Der obere wie der untere Rand ist stark vorwärts gebogen, sodass er eine Tiefe von 0,20 cm hat. Die Größe des Ganzen zeigt der beigefügte Maßstab.
Ausnahmsweise, wenn auch nicht gerade selten, gibt der hier vorliegende Schild das vollständige Wappenbild mit allem Zubehör. Während in der Regel diese Schilde nur mit den Wappenzeichen in Malerei oder plastischer Arbeit ausgefüllt waren, das übrige Zubehör der ritterlichen Auszeichnung aber, in Helm, Helmzierde und Helmdecke bestehend, auf dem Kopf getragen wurde.
Die Art dieser Schilde kommt in jener Periode, vorzugsweise in Deutschland vor. Nach dem Wappen ist unser Exemplar aber ein italienisches; es wäre jedoch möglich, dass dasselbe in Deutschland auf Bestellung gefertigt wurde, denn gerade in Betreff der Harnischstücke übte damals Deutschland einen besonderen Einfluss auch auf Italien aus. Die speziellen und charakteristischen italienischen Waffenstücke zeigen in der Regel mehr eine Beibehaltung der Antike oder Reminiszenz an dieselbe.
Dieser Schild ist wie alle jener Zeit aus Holz, mit Leder und Leinwand überzogen, darauf das vollständige Wappen in verschiedenen Stoffen, stark erhaben behandelt. Die Leinwand, welche überall als Grundlage dient, ist mit einer Kreidemasse gedeckt, auf welcher sich die Bemalung und Vergoldung befindet.
Das schon als italienisch bezeichnete Wappen gehörte der Familie Chigi aus Siena, jenem kunstliebenden Geschlecht an, aus dem der spätere Papst Alexander VII. (gest. 1635), stammte. Es erscheint dieses Wappen öfter mit unwesentlichen Abweichungen, wohl verschiedene Familienzweige bezeichnend. Im Allgemeinen wurden die Regeln der Heraldik in Italien weniger streng eingehalten, als in Deutschland; so sehen wir u. a. hier die Farbe der Helmdecke von jener des Schildes verschieden und die Farbe blau im Innern der Helmdecke, statt in dem Äußeren. Wo in der Regel die Krone oder die Sendelbinde aus dem Helm ruht, erscheint hier ein ausgebogenes Band, die bekannte Art heraldischer Wolken. Da dieser merkwürdige mittelalterliche Schild aus sehr vergänglichen Stoffen besteht, so hat er durch den Zahn der Zeit und die Misshandlungen gelitten; manche der Farben sind kaum mehr erkennbar; doch können wir ihn hier nach gründlicher Untersuchung mit Genauigkeit in seiner ursprünglichen Vollständigkeit wiedergeben.
Köcher und Jagdmesser aus der Mitte des 15. Jahrhunderts.
Die beiden Köcher, welche zu Armbrust-Pfeilen gehören, stammen, wie jener auf Tafel 306, aus dem Schloss zu Hohenaschau, aus dem Besitz der Freiherrn von Freiberg und sind nun Eigentum des bayerischen Nationalmuseums. Köcher A von vorne und B von der Seite gesehen, hat einen Verschluss oder Deckel aus gepresstem Leder und ist außerdem mit Leder besetzt, aus welchem stark erhabene Wulste eingepresst sind.
Der andere Köcher, unter C von vorne und D von der Seite dargestellt, hat oben einen Ansatz aus Eisen und im Inneren sieht man auf der Tannenholz-Unterlage zwei rote Streifen, wie noch aus den Spuren hervorgeht, aus Papier bestehend, mit Stahlnägeln in Rosettenform versehen. Unter dem Eisenansatz ist eine Umgebung von schwarzem, ausgezacktem Leder. Bei beiden Köchern ist das Innere oder die Unterlage des Überzugs aus Tannenholz. Der Überzug von Schweinsleder zeigt nur noch wenig Spuren der Borsten, welche wir in der Abbildung ergänzten. Solche Köcher erscheinen mit dem Verschluss, noch häufiger aber ohne denselben, sodass man die aufrecht stehenden Spitzen der Pfeile sieht.
Während uns die bildlichen Darstellungen des Mittelalters viele Beispiele solcher Köcher vorführen, sind die im Original noch vorhandenen, deren wir nun drei Exemplare darstellten, von höchster Seltenheit.
Ein derartiger ganz besonders schöner Köcher befindet sich in der so bedeutenden Waffensammlung des verlebten Prinzen Karl von Preußen. Derselbe stammt aus Nürnberg, hat Deckel und Beschlag aus Eisen, darauf in ziselierter Arbeit eine Frauengestalt, etwa Diana, von Distelornamenten umgeben, s. Abbildung in Heideloffs Ornamentik, Heft 15, Nr. 4.
Unter I ein Jagdmesser, Eigentum des römisch-germanischen Museums zu Mainz; der Maßstab zeigt seine beträchtliche Länge. Der Griff ist aus Holz, oben mit Eisen beschlagen. Die Klinge desselben ist im oberen Teil fünfkantig, der untere Teil rautenförmig, wovon E und F die Durchschnitte geben.
Diese Waffe wurde in der Gegend von Mainz ausgegraben und war sehr verrostet. In den Trümmern der Scheide zeigten sich stufenförmig mehrere kleine Messer, wovon wir den Oberteil des noch am besten erkenntlichen unter G in Originalgröße darstellen.
Diese eingesteckten kleinen Messer charakterisieren diese Waffe als zum Gebrauch aus der Jagd, während dieselbe außerdem die gewöhnliche Form der Dolche hat, wie sie in jener Periode getragen wurden.
In ausfallender Weise ist der untere Beschlag der Scheide, welcher noch gut erhalten, allein aus Silber mit der eingravierten Darstellung eines Schützen, der mit der Armbrust gegen den Beschauer zielt; wir haben diesen Beschlag unter H in Originalgröße gegeben.
Panzerjacke und Sporn aus dem 15. Jahrhundert.
A. Die französische Jacke, nach dem noch im Original erhaltenen Exemplar, welches in dem großherzoglichen Museum zu Darmstadt aufbewahrt wird, ist aus rotem Samt und innen durch übereinanderliegende stählerne Schuppen ausgefüttert. Diese sind durch messingene Nietnägel befestigt, deren vergoldete Köpfe außen auf dem Samt eine reiche Zierde bilden. Die Jacke wurde vorn herab zugeschnürt, zu welchem Zweck die Schnürlöcher sichtbar sind. Die Schuppen innen liegen sehr wohl berechnet übereinander, sodass die ganze Jacke beweglich ist und doch keine verwundbare Stelle darbietet. Die Schuppen laufen von unten aus reihenweise hinauf und sind in der Brust und in dem Rücken gerundet, in den Seiten eckig, wie man es in der Abbildung durch die Halsöffnung und die Armlöcher sieht. Sie sind aus gutem Stahl, verzinnt, damit sie nicht rosten, und fast alle mit französischen Lilien versehen. Eine Schuppe des Rückens sieht man unter B in Originalgröße. Die Reihen, in welchen im Innern die Schuppen liegen, machen sich im Äußeren durch linienartige Brüche bemerkbar.
Dass dieses Kleidungsstück, welches wohl nur ein Vornehmer trug, französischen Ursprungs sei, dafür sprechen die eingeschlagenen Lilien und wie noch mehr der Umstand, dass solche Jacken dem Äußeren nach vorzüglich in den französischen Kunstwerken, besonders den Miniaturen des 15. Jahrhunderts, sehr oft erscheinen.
Unter C geben wir den rechten Sporn jenes Paares, welches Herzog Albert von Bayern (gest. l460), der Gemahl der unglücklichen Agnes Bernauerin trug.
Dieses Paar ist jetzt im bayerischen Nationalmuseum und war schon von alter Zeit her in den bayerischen Staatssammlungen aufbewahrt. Es war vergoldet und der tiefe Grund der Ornamente schwarz emailliert. Ohne Zweifel lag es im Feuer, wodurch Gold und Email verschwanden, sodass man jetzt nur das reine Kupfer sieht.
Dass diese Sporen dem genannten Herzog gehörten, ergibt sich auch aus ihrer Ornamentik, welche aus dem sich wiederholenden Buchstaben A und aus Kronen besteht. Die Form dieser Sporen, wie deren Ornamentik, entspricht auch ganz dieser Zeit.
Ritterliche Tracht aus dem 15. Jahrhundert, nach dem Blatt eines sogenannten Schachzabelbuches, in dichterischer Bearbeitung von Konrad von Ammenhusen, aus der Königlichen Bibliothek zu Stuttgart.
Dieses Werk ist ein Manuskript mit kolorierten Federzeichnungen, welche ungeachtet ihrer großen Rohheit und Leichtfertigkeit doch für die Trachten und Gebräuche des 15. Jahrhunderts lehrreich sind. Es enthält Fabeln und Maximen, nach welchen man sich im Leben richten soll. Unsere Abbildung befindet sich auf einem der ersten Blätter dieses Buches, stellt einen Ritter in voller Rüstung dar und enthält für uns einen besonderen Wert durch folgende Stelle, welche sie im genannten Manuskript begleitet:
„Sit ich von den alten han
Gefejt so wil ich heben an
Von der geschöpfte des ritters sagen
Ein ritter sol tragen
Ein panzen harnest und was darzu sol
Gehören das gezimt eim ritter wol.
Das sag ich ob ir wellen losen
Halsperg schoffen ysenhut
Buchblech oder knüweling genannt
Sy wissen wol den es ist bekannt
Was notturst ist an die bein
Noch anders me das ich mem
Ein koller ein beckenhuben darzu
Ein helm zwen ysen hentzschu
Sol er an sinen henden hau
Er sol den schilt nüt hinder ime lau
Ein sper in seiner linken hant
Als wie dis buch det bekannt
Zu seiner linken siten ein schwert
Ein blatten wer es zuwissen gert
Zwen Sporen ein decki ysin
Der wisse es soll mit mesin
Im sein roß verdecken sol
Dos soll sin geleret wol
Daß es sin willen tu
Het er ein waffenkleit dar zu
Un het do by eins mannes mut
Do ist er zu einem ritter gut“.
Quelle Text und Bild: Trachten, Kunstwerke und Gerätschaften vom frühen Mittelalter bis Ende des achtzehnten Jahrhunderts nach gleichzeitigen Originalen (Bd. 5)
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