Frauentracht aus dem 15. Jahrhundert nach Figuren eines Stammbuches der Herzöge von Sachsen, welches sich in dem Königlichem Staatsarchiv zu Dresden befindet. Dieses Manuskript in Folio enthält in einer großen Unzahl kolorierter Federzeichnungen die Bildnisse von Männern und Frauen, welche die verschiedenen Mitglieder des sächsischen Regentenhauses darstellen sollen.
Obschon der Meister, welcher dieses Werk fertigte, die Aufgabe hatte, Bildnisse von Personen verschiedener Jahrhunderte zu geben, so hielt er sich dabei doch nur an das Kostüm der Periode, in welcher er selbst lebte und scheint es besonders darauf angelegt zu haben, dasselbe bei den Männern, wie bei den Frauen in seinen Verschiedenheiten vorzuführen.
Dieses Werk erhielt noch im 16. Jahrhundert einen Anhang von Figuren im Geschmack des Lucas Cranach; doch können wir uns darüber hier nicht näher einlassen.
Die sechs Figuren der vorliegenden Tafel sind sowohl im Stil der Zeichnung, als in der Tracht im Geiste des Zeitraums von 1440 bis gegen das Ende des 15. Jahrhunderts gehalten. Die Dame A tragt das Rissentuch, welches das Kinn umhüllt und durch welches vom 14. bis ins 16. Jahrhundert sich die verheirateten Frauen von den Jungfrauen unterschieden. Die Frauen B und D werden nur durch die Kronen als fürstliche Personen bezeichnet, welche sie, wie es damals häufig vorkam, auf dem gewöhnlichen Frauenkopfputz tragen. Figur D ist in den, jener Zeit eigenen einfachen und selten erscheinenden Mantel mit kleinem Stehkragen gehüllt.
Heinrich IV., König von Spanien (gest. 1474), nach einem Pergamentgemälde, welches sich in dem auf der Bibliothek zu Stuttgart aufbewahrten Tagebuch des Ritters von Ehingen befindet, wovon wir bereits auf Tafel 275 König Karl VII. von Frankreich und auf Tafel 286 Heinrich VI. von England gegeben haben.
Heinrich IV. war eigentlich nur König von Kastilien, da Spanien um diese Zeit in die Königreiche Aragonien und Kastilien und in das maurische Spanien geteilt war. Seine Regierung war schwach; doch machte er nicht unglückliche Feldzüge gegen die Mauren in Granada, auf deren einem ihn Ritter von Ehingen begleitete.
Unter dem weiten, faltenreichen Mantel trägt der König einen einfachen Rock, welcher stellenweise mit einzelnen Schnürchen zusammengehalten wird und das Hemd darunter sehen lässt. Die Kopfbedeckung und Fußbekleidung sind ebenfalls von größter Einfachheit. Er trug wohl diesen schlichten Anzug, als ihn Ehingen auf der Reise begleitete. Vor ihm befindet sich sein Titel in schwarzer Schrift, rot interpunktiert. Zu seinen Füßen das spanische Wappen: zwei rote Felder mit goldenen Burgen und zwei silberne Felder mit Löwen, welche wohl aus Irrtum des Malers hier statt rot schwarz erscheinen.
Frauentracht aus dem 15. Jahrhundert. A nach einer Figur des Altarbildes in der Frauenkirche zu Oberwesel am Rhein, welches wir schon bei Tafel 289 erwähnt haben. B nach einer Zeichnung im Germanischen Museum zu Nürnberg, C, D, G, H nach jenen Zeichnungen im Königlichen Staatsarchiv zu Dresden, welche wir bei Tafel 298 genannt, E, F nach alten Zeichnungen im Besitz des Verfassers.
Die Dame A von vornehmem Stand, tragt einen Kopfputz, wie er in dieser Zeit besonders in England vorherrschte, in Deutschland aber selten erscheint. Er besteht aus einem Netz, welches auf beiden Seiten die Haare einschließt und mit länglichen Goldplättchen behängt ist; darauf sitzt ein breites vorspringendes Band, auf welchem der Buchstabe M, wohl Maria bedeutend, mit Perlen gestickt ist.
Die Tracht der Dame B erscheint schon im 14. Jahrhundert, kommt aber häufig noch, neben den hier dargestellten Frauentrachten, bis gegen Ende des 15. Jahrhunderts vor. Die Brustbilder C bis H zeigen besonders in Bezug auf den Kopfputz noch verschiedene Abwechselungen der damaligen Frauentracht.
Bei F heben wir noch jenes Tuch hervor, welches, mit einer Agraffe an der Schulter befestigt, über den Rücken herabfällt. Ähnlicher Schmuck erscheint in dieser Periode häufig bei Frauen, wie auch bei Männern, doch in der Regel an der linken und nicht, wie hier an der rechten Schulter.
Frauenkopfputz aus dem 15. Jahrhundert. Unter A, B, C die Büste einer Jungfrau, von drei Seiten dargestellt; sie befindet sich in der, auf einer Anhöhe gelegenen St. Martinskirche zu Oberwesel am Rhein, ist aus Holz und bemalt. Man findet aus dieser Zeit häufig ähnliche schöne, mit großer Sorgfalt ganz nach dem Leben geschnitzte Bildnisse, welche als Behälter von Reliquien heiliger Jungfrauen dienten.
Die Enden der beiden, den ganzen Kopf umgebenden Zöpfe liegen über der Stirn nebeneinander und sind mit verschiedenen Bändern zusammengehalten. D, E und F zeigen ebenfalls eine solche bemalte Holzbüste, welche in der Sakristei der Kunibertskirche zu Köln aufbewahrt wird. Kopf und Brust derselben, in welchen Reliquien von einer der l1.000 Jungfrauen sein sollen, lassen sich öffnen. Nach der Charakteristik und Genauigkeit der Details kann man kaum zweifeln, dass diese Büste nach dem Leben gefertigt ist. Diese Art von Kopfputz war im 15. Jahrhundert bei Jungfrauen sehr beliebt. In den Gemälden und Porträts der ersten Meister erscheint derselbe häufig, wenn auch mit verschiedener Abwechselung. Er besteht aus den starken auf den Schultern liegenden geflochtenen Zöpfen und einem um den Kopf gewundenen, mit Perlen und Steinen gezierten Wulst, der über der Stirn mit seinen zwei in die Höhe gebogenen Enden zusammenstößt und mit einem Tuch umschlungen ist, welches um das Kinn läuft und hinten in zwei Teilen herabhängt. Der untere Ansatz dieser Büsten besteht in einem niederen, gegliederten Postamente, welches als nicht zur Sache gehörend, hier weggelassen wurde. Die obere Büste ist sehr klein, die untere größer, doch nicht lebensgroß, wie beigefügter Maßstab zeigt. Solche Art Reliquienbehälter kommen in den verschiedensten Dimensionen in Holz, Silber und Kupfer vor; eine der kleinsten Art gaben wir bereits bei Tafel 232 in Originalgröße.
Trachten aus der Mitte oder der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts. Die mittlere Figur ist einem Gemälde der van Eykschen Schule entnommen das sich im städtischen Museum zu Frankfurt a. M. befindet.
Sie stellt einen vornehmen Mann in niederrheinischer Tracht, als Zuschauer bei dem Martyrium eines Apostels dar. Es war ganz gewöhnlich, dass die Maler jener Periode auch bei religiösen Bildnissen ihre eigenen Zeitgenossen darstellten. Der junge Mann zur Linken mit lang herabhängenden Überärmeln ist aus dem sächsischen Geschlechtsbuch, welches wir bei Tafel 298 schon erwähnten; jener zur Rechten, ein Italiener, in charakteristischer Nationaltracht, nach einer Zeichnung aus der Zeit des Perugino, in dem Königlichen Kupferstichkabinett zu Berlin.
Frauentrachten aus dem 15. Jahrhundert, nach kolorierten Federzeichnungen jenes Manuskriptes, welches oben beschrieben wurde. Nur Darstellung E ist nach einer kolorierten Federzeichnung im Besitz des Verfassers.
Man sieht hier bei der Figur A und B das viel besprochene, die verheirateten Frauen bezeichnende „Rissentuch“, wie es in die Höhe gehoben, auf der Haube liegt, während es bei den Frauen C, G, H und I das Kinn umhüllt.
Quelle Text und Bild: Trachten, Kunstwerke und Gerätschaften vom frühen Mittelalter bis Ende des achtzehnten Jahrhunderts nach gleichzeitigen Originalen (Bd. 5)
Trachten des 15. Jahrhunderts Teil 1.
Gerätschaften des 15. Jahrhunderts Teil 1.
Gerätschaften aus dem 15. Jahrhundert
Teil 2