Trachten aus der Mitte des 15. Jahrhunderts, nach kolorierten Federzeichnungen aus jenem Manuskript in dem Staatsarchiv zu Dresden, welches wir bei Tafel 298 näher beschrieben haben.
Wir geben unter A, B, E und F den verschiedenen charakteristischen Schnitt der Kleidung von Männern und unter C, D, H und G jenen der Frauen dieser Periode. Bei dem Mann B und der Frau D erscheint in der Farbe das bekannte mi-parti, welches schon im 13. Jahrhundert seinen Beginn hat, wovon wir bereits Tafel 107 und 111 Beispiele gegeben, und erst im Laufe des 16. Jahrhunderts verschwand.
Französische Frauentrachten aus dem 15. Jahrhundert nach Miniaturgemälden eines Pergament-Kodex, aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, in der königlichen Staatsbibliothek zu München. Es enthält die Gedichte der französischen Schriftstellerin und Dichterin Christine Pizan, welche in diesem Jahrhundert lebte.
Das obere Bild stellt die Dichterin selbst dar, wie sie sich in der Galerie der menschlichen Schicksale umsieht, welche durch Bilder an der Wand dargestellt sind. Man sieht auf denselben den König auf dem Thron mit Umgebung, ein Turnier, Ritter zu Pferde, eine Burg mit Wache, eine Hinrichtung. In dem Zimmer mit gewölbter Decke ist eine lange Sitzbank oder Truhe mit einer Lehne, welche man nach Bedürfnis; auf jede der beiden Seiten legen kann. Die Dichterin trägt ein langes blaues Kleid, das unten, wie um die hinten und vorn aufgeschnittenen Ärmeln weiß eingefasst ist und jenen in dieser Zeit den französischen Frauen eigenen hohen Kopfputz, welcher aus übereinander gelegten Tüchern, die auch den Hals umgeben, besteht. Die Ornamente, welche dieses Bildchen umgeben, wiederholen sich durch das ganze Manuskript mit schwarzen Linien und goldenen Blättern.
Die untere Darstellung stellt aus den Gedichten der genannten Schriftstellerin dar, wie die Frauen durch Maria und andere weibliche Heilige in die Stadt geführt werden, welche von Frauen erbaut und in der nur mit Weisheit und Tugend regiert wird.
Die Königin trägt das im 14. und 15. Jahrhundert vorzugsweise in Frankreich gebräuchliche Überkleid vornehmer Frauen, welches auf beiden Seiten in großen, mit Hermelin besetzten Ausschnitten das Unterkleid sehen lässt. Die eigentümlichen, meistens hohen Kopfbedeckungen französischer Frauen jener Periode sehen wir in mannigfacher Abwechslung hier unter B bis G. Unter ihnen zeichnet sich aber stets als vorherrschend und besonders charakteristisch jener Kopfputz aus, bald zweispitzig, wie sie unter E und C, bald in einspitziger Kegelform, wie sie unter F zu sehen.
Derselbe wurde „á la hénin“ genannt und kam am Burgundischen Hof unter Karl dem Kühnen besonders in Aufnahme und war unter Karl VIII. (1483 bis 1498) in Frankreich sehr verbreitet. Unter Ludwig XII. (1498 bis 1515) wurden die niederen Kopfputze mehr vorherrschend. Aus den Werken der Künstler jener Zeit sehen wir, dass der Kegelaufsatz auch häufig in Ober-Deutschland vorkommt. Meistens ist derselbe, wie hier, aus Goldstoff in verschiedener Art mit einem Schleier überhängt, welcher oft von solcher Länge war, dass er nachgetragen werden musste. Hier bei der Dame unter F sieht man von der Höhe des Aufsatzes zwei große Nadeln, welche oben an dem Kegel befestigt sind und mit den Köpfen abwärts stehen, um den Vorderteil des Schleiers aufrecht zu halten, sodass er die Form zweier Dachgiebeln bildet.
Französische Trachten aus dem 15. Jahrhundert.
A nach dem Miniaturgemälde, welches sich an dem Anfang jenes Pergament-Kodex befindet, den wir bei voriger Tafel näher bezeichneten.
Die Dichterin Christine Pizan erscheint hier in ihrem Zimmer sitzend, von Büchern umgeben, ganz in der Tracht der vorgehenden Darstellung. Das Zimmer mit seiner Einrichtung und der gewölbten Decke ist für jene Periode äußerst bezeichnend.
B und D sind Frauen in französischer Tracht aus derselben Periode, nach Miniaturgemälden eines auf Pergament geschriebenen Gebetsbuches des 15. Jahrhunderts, welches im Besitz des verlebten Freiherrn Fr. v. Fechenbach-Lautenbach war.
Der hohe Kopfputz „á la hénin“ der beiden Damen wiederholt sich auch hier.
C ein junger Mann mit einer Dame zu Pferd, nach dem Miniaturbild eines burgundischen Gebetsbuches aus der Bibliothek zu Dresden. Dieses reitende Paar erscheint daselbst in der Randverzierung des Kalenderblattes, welches die Vergnügungen des Monats Mai darstellt. Auch diese Dame trägt den hohen Kopfputz.
Frauentracht aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, nach einem Gemälde, welches sich, als wir es abbildeten, im Besitz der Frau Katharina Sattler auf dem Schloss Mainberg bei Schweinfurt befand.
Es gehörte daselbst zu der Reihenfolge von vier Bildern, welche die Flügeltüren eines Altares bildeten. Die darauf dargestellten Figuren sind Bildnisse aus der Zeit des Malers, wohl jene der Stifter des Altares.
Die Zierlichkeit dieser schönen Tracht einer vornehmen Dame wird durch die Goldplättchen (Glitter) an dem Häubchen und den Oberärmeln, von denen wir noch Beispiele geben, sehr gehoben.
Die Brustbilder von Frauen auf beiden Seiten oben sind nach kolorierten Federzeichnungen derselben Zeit, welche wir im Besitz des Malers Kiefer zu Mainz fanden. Die Büste zur Linken trägt den kegelförmigen Aufsatz „á la hénin“ mit darüber hängendem Schleier, wie er in Frankreich und den Niederlanden häufig, in Deutschland aber seltener vorkommt.
Jene zur Rechten trägt den hohen, in der Mitte geteilten Aufsatz, wie er zu derselben Zeit in vielen Ländern gebräuchlich war. Beispiele gaben wir schon auf Tafel 323 und 324.
Kaiser Ludwig der Bayer, nach seinem Monument in der Frauenkirche zu München.
Wir geben dieses Bildnis nicht, um eine Darstellung Kaiser Ludwigs vorzuführen, der von 14l4 bis 1447 regierte, während dieses Kunstwerk aber erst gegen den Schluss des 15. Jahrhunderts gefertigt wurde und wie bekannt, stets die Künstler des Mittelalters keine historische Studien machten, sondern alle Persönlichkeiten der Vorzeit so auffassten und darstellten, als wenn sie ihre Zeitgenossen gewesen; es soll daher diese Darstellung den Typus und den Ornat eines Kaisers aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts veranschaulichen.
Die Krone ist nicht die Karls des Großen, welche die Kaiser bei der Krönung trugen, sondern die vielfach getragene, überkuppelte Kaiserkrone im gotischen Stil mit den beiden Bändern (Pendilien), welche rückwärts von der Krone herabhingen, ähnlich jenen der Insul der Bischöfe und Abte. Das weite, faltenreiche Pluviale mit dem breiten Besatz, in dessen erhabener Stickerei die zwölf Apostel unter Baldachinen dargestellt sind, ist auf der Brust durch eine Agraffe in gotisch stilisiertem Laubwerk zusammengehalten.
Unter dem Pluviale befindet sich die Alba, in antiker Weise über der Hüfte aufgeschürzt und darüber kreuzweise die Stola, sämtliche Ornat-Teile, wie sie den Kaiser und ebenso die hohe Geistlichkeit zierten. In der Linken hält der Kaiser den Reichsapfel, während die Rechte mit dem Zepter nicht mehr vorhanden ist. Der Thronsessel im gotischen Stil ist ebenfalls den Bischöfsitzen in den Kathedralen ähnlich.
Das großartige Kaisermonument, von welchem wir hier nur die lebensgroße Hauptfigur des Kaisers geben, bildete ursprünglich mit seiner Hautrelief-Arbeit in rotem Untersberger Marmor die Oberfläche oder den Deckel des Hochgrabes, in welches die Gebeine des Kaisers transferiert wurden. Über dem Kaiser sind daselbst zwei Engel, welche den Baldachin tragen und in der Unterhälfte oder unter den Füßen des Kaisers die beiden Herzöge Ernst und Albrecht von Bayern; Ersterer in der Haustracht, Letzterer in voller Rüstung mit entblößtem Lockenhaupt; zwischen den Beiden, welche sich die Hände reichen, der bayerische Löwe.
Diese Darstellung bezieht sich auf die Versöhnung zwischen Vater und Sohn, nach dem bitteren Hass, welchen Letzterer in Folge der Ermordung der Agnes Bernauer gegen seinen Vater hegte.
Dieses Hochgrab als Sarkophag wurde in die Tiefe versenkt, wobei die Seitenteile, die mit meisterhaften Hautreliefs versehen waren, verloren gingen, als im 17. Jahrhundert unter Kurfürst Maximilian I. von Bayern das bekannte großartige Bronze-Monument darüber errichtet wurde. Das oben beschriebene Kaiserdenkmal ist jetzt nur mit Mühe durch dessen Öffnungen im Unterteil zu sehen.
Friedrich Hofstatt, dem wir diese Abbildung verdanken, konnte nur mit großer Anstrengung in dem niederen Raum dieses reichhaltige Denkmal zeichnen. Später wurden von demselben Gipsabgüsse hergestellt, welche im Bayerischen Nationalmuseum zu München, im Königlichen Museum zu Berlin und im Germanischen Museum zu Nürnberg aufgestellt sind.
Es ist wohl der Zeit vorbehalten, dieses so kunstreiche Denkmal des Mittelalters in günstiger Aufstellung an das Tageslicht zu bringen.
Der Namen des Meisters dieses Werkes ist bis jetzt noch unklar. Manche ähnliche aus demselben Material, wenn auch nicht von gleicher Großartigkeit, existieren aus dieser Periode, welche wir derselben Hand zuschreiben möchten: darunter mehrere Denkmäler in der St. Peterskirche zu München und das bedeutende Monument des Grafen von Ebersberg, ein Hochgrab in der Kirche zu Ebersberg. Letzteres trägt den Namen: W. Leb „Maister des Werks“, wovon sich ebenfalls in den genannten drei Museen Abgüsse befinden.
Quelle Text und Bild: Trachten, Kunstwerke und Gerätschaften vom frühen Mittelalter bis Ende des achtzehnten Jahrhunderts nach gleichzeitigen Originalen (Bd. 5). Einblick ins Buch hier.