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Das Krummschwert und der Säbel

Die krumme einschneidige Klinge ist vom Gesichtspunkt des Gebrauches als ein wesentlicher Fortschritt in der Kriegstechnik anzusehen und ihr erstes Auftreten in Westeuropa schon im frühen Mittelalter lässt ein eingehendes Studium der Wirkung der Waffe in jener Zeit erkennen. Das Schwert mit gerader Klinge hatte beim Hieb selbst bei großer Kraftanwendung zwar eine zerschmetternde Wirkung auf feste Körper; auf weiche Teile wie Fleischpartien treffend, war aber die Eindringungsfähigkeit auffällig gering. Die krumme Klinge dagegen wirkt nicht allein senkrecht auf den Treffpunkt, also nur hackend, sondern infolge der Krümmung der Schneide und der Hiebbewegung auch nach der Richtung der Klinge, somit schneidend, wodurch die Eindringungsfähigkeit erheblich sich steigert.

 

Das krumme Schwert, ἀκινάκης (acinaces), war von der ältesten Zeit an die Nationalwaffe der Perser. Erst im 3. Jahrhundert, unter den Sassaniden fand das gerade Schwert der Griechen dort Eingang. Darius Codomanus führte unter großem Widerstand des Volkes diese Neuerung ein, aus der die Chaldäer den Sturz des Perserreiches weissagten. Ungeachtet der häufigen Berührungen mit dem Orient, namentlich von den Kreuzzügen an, hatte das Krummschwert in den Ritterschaften des westlichen Europas das ganze Mittelalter hindurch wenig Eingang gefunden und die Ursache dürfte wohl darin zu suchen sein, dass im okzidentalen Gebiet wenigstens gegen die Schutzwaffen auf eine mehr zerschmetternde Wirkung der Klinge Wert gelegt werden musste. Immerhin treffen wir in Miniaturen aus der Zeit des 3. Kreuzzuges Ritter, die mit Krummschwertern bewaffnet sind.

 

Vom 4. Jahrhundert an, zuerst in Italien, später auch unter den Franken, wird das kurze Krummschwert eine beliebte Waffe des Fußvolkes, das, wie wir wissen, immer mit weniger widerstandsfähigen Schutzwaffen ausgerüstet war. In Frankreich tritt es um die Mitte des 13. Jahrhunderts unter der Bezeichnung fauchon als messerartige Waffe mit gegen die Spitze zu sich verbreitender und dort vom Rücken aus schräg abgeschnittener Klinge, also in vollkommen orientalischer Form auf. Unter diesem Namen, der unzweifelhaft sich von dem Worte faux, „Sense“, ableitet, erscheint diese Waffe bis gegen Ende des 14. Jahrhunderts. Von da an erscheint sie mit etwas längerer und mehr bizarr geformter Klinge als bazelaire, später badelaire. Sie erhielt sich bis ins 17. Jahrhundert, wenngleich sie immer als Messer angesehen und immer weniger beachtet wurde.

 

Sehr schwere, einschneidige und nur an der Spitze auch am Rücken zugeschliffene krumme Hiebwaffen nannte man in England und Frankreich Craquemarts. Sie erscheinen neben den badelaires im 14. Jahrhundert und werden vorzugsweise von Seesoldaten geführt. Eine Abart derselben mit mehr gekrümmter, an der Spitze sich verbreitender und am Rücken eckig eingezogener Klinge wird im Spätmittelalter malchus genannt. Das kurze Krummschwert mit messerartiger Klinge war unter verschiedenen Bezeichnungen bis ans Ende des 16. Jahrhunderts die gemeine deutsche Bauernwehr. Als solche wird es im 14. und 15. Jahrhundert unter dem Fußvolk in ganz Deutschland bis in den Norden hinauf angetroffen. Im 14. Jahrhundert erscheint dasselbe auch häufig mit dem Faustschild, wie wir an dem schönen Kreuzigungsbild des Gerard David in der Berliner Galerie (573) und in einem solchen der Kunstsammlung im Stift Klosterneuburg ersehen. (Fig. 202.)

 

Eine eigene Art von Krummschwertern wurde um die Mitte des 16. Jahrhunderts von den venezianischen Seesoldaten geführt: das sogenannte Sägeschwert, dessen Klinge von 45 cm Länge an der Scheide gezähnt gebildet war und unterhalb gebogen in die Spitze lief. Der Griff besaß nur eine Parierstange mit anlaufendem Griffbügel und kurzen Parierknebel. In den gemeiniglich nur kurz andauernden Entergefechten mochte die Form einige Vorteile besitzen, da schon ein schwacher, ungezielter Hieb einen Mann außer Gefecht setzen konnte. Alle diese Schwerter wurden in Belluneser Werkstätten gefertigt. (Fig. 308.)

 

Die ältesten asiatischen Krummschwerter treten unter dem Namen scymitar auf, vermutlich eine Ableitung von dem persischen chimichir, schemschir, was schlechtweg Schwert bedeutet. Im Munde der Franzosen verwandelte sich diese Bezeichnung in sauveterre und cimeterre. Mit dem fauchon ist der Scymitar nicht zu verwechseln, da dessen Klinge bei 70 cm Länge maß, somit immer länger und gestreckter war. Im Türkischen heißt das Krummschwert mit nicht sehr gekrümmter Klinge seif; jenes mit stark gekrümmter, also säbelartiger Klinge kilîdsch.

 

Die Abbildungen der Krummschwerter in den Miniaturen sind bezüglich der Klingenformen häufig übertrieben. Diese Übertreibung setzt sich bis in die Renaissanceepoche fort. Man findet in den Stichen Burgkmairs, Jost Amans und anderer gleichzeitiger Meister ganz ungeheuerliche Formen, die nie existierten.

 

Venezianisches Marineschwert mit sägeförmiger Klingenschneide und Courtelas (coltellagio) mit Griff aus geschnittenem Eisen.

 Fig. 308. Venezianisches Marineschwert mit sägeförmiger Klingenschneide. Der Eisengriff besitzt Parierstangen, aufgebogenen Parierknebel und Griffbügel. Um 1515.

 Fig. 309. Courtelas (coltellagio) mit Griff aus geschnittenem Eisen, vergoldet und in Goldtausia geziert. Die schwere Klinge ist gleichfalls mit geschnittenen und in Gold und Silber tauschiertem Bandornament ausgestattet. Italienisch um 1565.

 

Zweihändiges Fechtschwert mit krummer Klinge welche noch dem 14. Jahrhundert angehört, mit eingeschlagenen romanisierenden Ornamenten; sie trägt den Passauer Wolf. Deutsch, Fassung vom Anfang des 15. Jahrhunderts. Das Schwert ist dem Fürsten von Albanien

 Fig. 310 Zweihändiges Fechtschwert mit krummer Klinge welche noch dem 14. Jahrhundert angehört, mit eingeschlagenen romanisierenden Ornamenten; sie trägt den Passauer Wolf. Deutsch, Fassung vom Anfang des 15. Jahrhunderts. Das Schwert ist dem Fürsten von Albanien Georg Castriota (1403—1467) zugeschrieben.

 

In Italien, namentlich in den Freistaaten Venedig und Genua, welche, friedlich oder feindlich, in einer ununterbrochenen Berührung mit dem Orient standen, ja welche selbst orientalische Völkerschaften beherrschten, finden wir das Krummschwert unter der Bezeichnung coltelaccio, cortelas, d. h. großes Messer (Fig. 309), in ihren Heeren bis ins Mittelalter hinauf vertreten. In Deutschland erscheint es unter der korrumpierten Bezeichnung Kordelatsch oder Kordalätsch. Venedig ist im Fach der Waffen bis ins 17. Jahrhundert als die rege Vermittlerin zwischen dem Orient und dem Okzident anzusehen. Aus diesem Umstand erklärt sich die Aufnahme des coltelaccio als Waffe in den venezianischen Fechtschulen der Markusbrüder im 14. Jahrhundert und wir treffen sie da nicht nur einhändig, sondern später auch zweihändig. Der schnabelförmig endende Griff und der muschelförmige Ansatz (Parierknebel) an der Parierstange kennzeichnet die orientalische Herkunft dieser Fechtschwerter vollends. (Fig. 310.) Im 15. Jahrhundert wurde dieses Krummschwert eine beliebte Waffe der deutschen Städtebürger, die immer die anhänglichsten Schüler der wandernden italienischen Fechtschulen gewesen waren. Für den Gebrauch im Feldkrieg sehen wir den coltelaccio unter den im venezianischen, im päpstlichen und später auch im französischen Heer in Albanien geworbenen Stradioten schon im 15. Jahrhundert. In der italienischen Reiterausrüstung um 1570 erscheint der coltelaccio im Verein mit der spada, dem Schwert. In den Heeren der Nationen an den Grenzen des Orients, wie jener Ungarns, Polens, des moskowitischen Reiches war von der ältesten Zeit an der orientalische Einfluss in der Bewaffnung dem okzidentalen weit überwiegend, ja in der Form der Krummschwerter und der späteren Säbel ist die türkisch-arabische Form von der ungarischen sehr schwer zu unterscheiden, nur die moskowitischen und polnischen Säbel lassen einige kleine Unterschiede erkennen. Der orientalische Einfluss ist auch an einer europäischen Waffe des 15. Jahrhunderts, der sogenannten Dusägge, zu erkennen. Diese Dusägge ist nichts anderes als ein rohes Stück Eisen, krumm in die Spitze laufend, mit breitem Rücken und stumpfer Schneide; am unteren Ende ist ein längliches Loch ausgesägt, welches als Handhabe dadurch dient, dass die vier Finger in dasselbe hineingreifen.

Dusägge aus Eisen, roh geschmiedet. 15. Jahrhundert und Türkischer Säbel des Grafen Niclas Zrinyi, Banus von Kroatien (gefallen 1566). Beispiel eines türkischen Säbels älterer Form mit kurzem Griff und langen Parierstangen mit rautenförmigem Mitteleisen.

Fig. 311. Dusägge aus Eisen, roh geschmiedet. 15. Jahrhundert.

 Fig. 312. Türkischer Säbel des Grafen Niclas Zrinyi, Banus von Kroatien (gefallen 1566). Beispiel eines türkischen Säbels älterer Form mit kurzem Griff und langen Parierstangen mit rautenförmigem Mitteleisen. Der Griff mit Kappe von vergoldetem Silber, auf welcher das Zrinyische Wappen graviert ist, zeigt oberhalb ein Loch für die Handschnur. Die Scheide, aus schwarzem Samt, ist mit Kuppelringen versehen, welche dazu dienten, die Waffe um die Leibesmitte zu tragen. Um 1540.

 

Man hat bisher den Ursprung des Namens Dusägge in Böhmen gesucht; derselbe könnte sich aber auch von dem altdeutschen tusic, stumpf, oder von dem ebenfalls altdeutschen twoseax herleiten, welches so viel als Doppelmesser bedeutet. Für die erstere Annahme spricht, dass diese plumpe Waffe seltener als Kriegswaffe, hauptsächlich aber auf Fechtschulen gebraucht wurde. (Fig. 311.)

 

So schwierig es sonst ist, an stilistischen Merkmalen einen orientalischen Gegenstand auf sein Alter hin zu beurteilen, so macht doch darin der türkische Säbel eine Ausnahme, der der sonstigen Starrheit aller Lebensformen entgegen, vom 15. Jahrhundert an eine ununterbrochene Formenumbildung erkennen lässt. So sehen wir den türkischen Säbel des 16. Jahrhunderts ohne Knauf, während jener des 17. Jahrhunderts in einem schneckenförmig ausladenden Knopf endet; die Klingen, anfänglich nur wenig, später übermäßig gekrümmt, gestalten sich allmählich mehr bogenförmig und werden zuweilen außerordentlich schmal.

 

Indischer Säbel. Der Griff aus Eisen ist mit Ornamenten in Goldtausia nahezu völlig bedeckt und Türkischer Säbel späterer Form mit in einen kugelförmigen Knauf auslaufendem, mit schwarzem Bein belegtem Griff. 18. Jahrhundert.

 Fig. 313. Indischer Säbel. Der Griff aus Eisen ist mit Ornamenten in Goldtausia nahezu völlig bedeckt. Die Klinge mit scharfen, unterbrochenen Hohlschliffen besitzt der Länge nach einen Schlitz, in dessen Führungskanten Perlen eingeschmiedet sind, welche sich nach auf- und abwärts bewegen. Sammlung des regierenden Fürsten Johann zu Liechtenstein.

 Fig. 314. Türkischer Säbel späterer Form mit in einen kugelförmigen Knauf auslaufendem, mit schwarzem Bein belegtem Griff. 18. Jahrhundert.

 

Persischer Säbel mit Griff aus Elfenbein aus dem Besitz des Schahs Sultan Hussein (regierte 1700—1722). Die schöne tauschierte Damastklinge ist Arbeit des Waffenschmiedes Essedulah in Ispahan.

 Fig. 315. Persischer Säbel mit Griff aus Elfenbein aus dem Besitz des Schahs Sultan Hussein (regierte 1700—1722). Die schöne tauschierte Damastklinge ist Arbeit des Waffenschmiedes Essedulah in Ispahan.

 Fig. 316. Persischer Säbel mit Griff aus Elfenbein, mit Halbedelsteinen besetzt. Moderne Arbeit.

 

Der ältere Griff an orientalischen Krummschwertern ist für uns auch darum wichtig, weil aus ihm sich allmählich der heutige Säbelgriff herausgebildet hat. Speziell ist es die am oberen Griffende sitzende „Kappe“, welche ein charakteristisches Merkmal darstellt, wie nicht minder die nach auf- und abwärts gerichteten Ansätze an der Parierstange (Mitteleisen). Die Kappe breitete sich später über den Rücken des Griffes aus, dadurch wurde der moderne Griff in seiner heutigen Gestalt gebildet. Die vordere Parierstange fiel weg und wurde durch den Griffbügel ersetzt. Die Ansätze aber finden wir noch an Infanteriesäbeln vom Anfang unseres Jahrhunderts. Vollständig von den Orientalen ist die heute übliche Tragart an der Schleppkuppel abgenommen, welche schon im 15. Jahrhundert, wenn nicht früher im Orient gebräuchlich war. Der Säbel Zrinyis (Fig. 312) gibt hierzu einen deutlichen Beleg.

 

Bemerkenswert ist an orientalischen Krummschwertern der Abgang des Griffbügels, ungeachtet er sich an arabischen Schwertern findet. An ungarischen Säbeln ist derselbe durch eine Kette (Bügelkette) ersetzt, die eigentlich nutzlos ist. Häufig ist die Kappe durchlöchert und durch die Öffnung eine Schnur gezogen, die, da sie im Gefecht um die Hand gewunden wurde, einen praktischen Nutzen gewährte. Auch diese Handschnur fand in Europa Nachahmung.

 

Wiewohl die Eisenindustrie von Damaskus vom 15. Jahrhundert an im merklichen Rückgang begriffen war, so gelang es ihr doch noch, die persischen Klingen vom westorientalischen Markt nahezu zu verdrängen, sodass um 1550 Chorasanklingen nur über Griechenland und Venedig einen Weg fanden. Vom 16. Jahrhundert an beschränkten sich die Damaszener Werkstätten hauptsächlich nur auf die Erzeugung von Säbel- und Dolchklingen und überschwemmten damit den ganzen Orient. Die Damaszener arbeiteten ebenso die gemeinste Ware wie Klingen von ausgezeichneter Güte. Für die Erzeugung der letzteren hatten sie ein übrigens aus Indien stammendes Verfahren, welches sie lange als Geheimnis bewahrten und nur an ihre Söhne selbst vererbten. Aus diesem Verfahren erstand der seit dem 16. Jahrhundert so berühmt gewordene Damaszenerstahl, dessen hoher Wert sich später nicht nur für Klingen, sondern auch für Gewehrläufe darstellte. Dieser Stahl, über dessen Herstellung wir an betreffender Stelle noch näher sprechen, ist schon äußerlich durch eine gewässerte, von Streifen oder Spirallinien bedeckte Oberfläche erkennbar, wurde aber schon im vorigen Jahrhundert und wird bis heute, namentlich in Frankreich, vielfach nachgeahmt. Von etwa sieben besonderen Arten nennen wir nur die charakteristischsten: den Banddamast mit streifigen Linien und den so geschätzten, nebenher gesagt, aber weit leichter zu erzeugenden Rosendamast mit spiralen Linienformen.

Fig. 317. Polnische Karabela mit Griffbelag aus Schildpatt und in Silber montiert. 17. Jahrhundert. Fig. 318 Japanisches Schwert (katana) mit geschnürtem Griff und hölzerner, mit Lack bemalter Scheide. Moderne Arbeit.

 Fig. 317. Polnische Karabela mit Griffbelag aus Schildpatt und in Silber montiert. 17. Jahrhundert.

 Fig. 318 Japanisches Schwert (katana) mit geschnürtem Griff und hölzerner, mit Lack bemalter Scheide. Moderne Arbeit.

 

Die orientalischen Klingen der Krummschwerter und Säbel haben mit allem Recht stets einen hohen Ruhm genossen. Besonders waren es die indischen Klingen, welche in der Güte sowohl als auch in ihrer Auszierung Staunen erregten. Wir finden solche in einer Ausstattung, deren Fertigungsart uns geradezu unerklärlich ist. So die indische Säbelklinge (Fig. 313), in deren rinnenartig der Länge nach laufendem Spalt eine Reihe Perlen gefasst ist. Wie mussten diese eingefügt sein, ohne dass auch nur eine verletzt wurde? Auch an Handscharklingen aus Damaskus ist die Einfügung und Fassung von Korallen oder Türkisen zu bewundern.

 

Die Formenvarianten orientalischer Säbel finden allgemeine Andeutungen in den Figuren 314, 315, 316 und 317.

 

Die Scheiden der orientalischen Krummschwerter zeigen eine von den europäischen wesentlich unterschiedene Form schon durch die eigenartigen Beschläge. Bei ihnen tritt zuerst das Mundblech auf, das Ortband reicht an der vorderen, der Schneidekante weit hinauf zum Schutz vor dem Steigbügel. Die Ringbeschläge bestehen aus zwei bis drei, oft aber auch fünf bis sechs schmalen Spangen. Bei Säbelscheiden für sehr gekrümmte Klingen ist die schmale Rückenfläche zunächst der Mündung derart eingerichtet, dass diese sich beim Herausziehen der Klinge federartig öffnet. Die Scheide selbst ist mit den mannigfachsten Materialien überzogen, meist mit Chagrinleder, aber auch mit Damaststoffen oder mit rauer oder abgeschliffener Fischhaut und dergleichen. Die praktisch ausgestattete orientalische Scheide wurde schon im 15. Jahrhundert, wenn nicht gar früher, in Europa nachgeahmt, wir treffen sie nicht selten bei Schwertern im östlichen Deutschland, zahlreich aber in Ungarn und den dort angrenzenden Ländern.

 

In den arabisch-türkischen Ländern bildete sich, veranlasst durch die Streitweise, seit dem 16. Jahrhundert eine Waffenform heraus, welche, soweit hierher gehörig, in der Dimension und der Form der Klinge zwischen dem Säbel und dem Dolchmesser in der Mitte steht. Es ist dies der Khandschar, gemeiniglich Handschar genannt. Der große Handschar hat eine zweifach gebogene, in eine Spitze auslaufende Klinge. Die Schneide ist anfänglich leicht konkav, gegen das Ende zu konvex gekrümmt. Der kleine Handschar, gewöhnlich auch Yatagan genannt, stammt in dieser Form aus Ostindien; seine Klinge ist messerartig spitz und leicht gekrümmt. Der Griff des Handschars ist eigentümlich. Ursprünglich bestand er aus dem Ende eines Röhrenknochens, aus welcher Urform sich später jener charakteristische zweilappige Knauf (pommeau à oreilles) herausgebildet hat. Der Griff besitzt keine Parierstange. Die meist sehr reich in Tausia gezierte und mit orientalischen Inschriften, Koransprüchen und dergleichen ausgestattete Klinge steht mittelst einer Zwinge mit dem Griff in Verbindung. Die Scheide, gewöhnlich von einem stark ovalen Querschnitt, hat einen Bezug aus Leder, Stoffen, auch wohl aus Silberblech, welches in gepresster Arbeit reich geziert ist. Handschars werden im Gürtel auf der Brust getragen. (Fig. 319.)

Fig. 319. Türkischer Handschar mit Griff aus Wallrosshorn, mit Silber montiert und mit geschnittenen Korallen besetzt. Aus dem Besitz des Fürsten Milosch Obrenowitsch. Modern.

 Fig. 319. Türkischer Handschar mit Griff aus Wallrosshorn, mit Silber montiert und mit geschnittenen Korallen besetzt. Aus dem Besitz des Fürsten Milosch Obrenowitsch. Modern.

 

Zu Jatagan, Yatağan siehe Artikel hier.

 

Es war ohne Zweifel eine Folge der Überzeugung von dem Vorteil gekrümmter Klingen, dass das Krummschwert um die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts sich über den ganzen europäischen Kontinent verbreitete. Zu jener Zeit führten es die schweren Reiter der Holländer, welche ihrer Waffe halber gefürchtet waren.

 

Am Ende des 17. Jahrhunderts erfährt das Krummschwert allenthalben in Bezug auf die Fassung und Griffform eine Wandlung, durch welche es eigentlich zum Säbel wird. Das Wort stammt aus dem slawischen sabla, die Form aber aus Ungarn, woher das westliche Europa schon seit Jahrhunderten unterschiedliche Waffenformen sich aneignete. Aber erst in den französischen und deutschen Heeren erhält der Griff jene Ausbildung, wie er noch zur Stunde uns vor Augen tritt. Der Griff des Säbels charakterisiert sich speziell durch den Rückenbeschlag am Griffholz. Sieht man an ungarischen Säbeln noch — meist S-förmig gekrümmte — Parierstangen, so fehlen sie bei jenen in den westlichen Heeren gänzlich und sind durch Stichblätter mit Griffbügel oder Körben aus gegossenem Messing oder aus Eisen ersetzt. Säbel mit wenig gekrümmter oder gerader Klinge wurden im Gegensatz zu den mehr gekrümmten der Husaren im österreichischen und preußischen Heer Palasche genannt.

 

In der Auszierung der europäischen Klingen findet sich ebenso der Geschmack wie der Zeitgeist scharf ausgeprägt. Im 16. Jahrhundert ist in den geätzten Verzierungen durch die Schönheit und Korrektheit des Ornamentes der Geist der Renaissance waltend. Später im 17. Jahrhundert nimmt die künstlerische Fähigkeit stetig ab und in die Darstellungen mengt sich nicht selten der rohe Soldatenwitz. In den Türkenkriegen werden häufig Sonne und Mond, dann eine aus Wolken ragende, mit einem Krummschwert bewehrte Hand, türkische Reiter und dergleichen ziemlich roh dargestellt. Häufig finden sich Klingen mit der Bezeichnung FRINGIA, sie gehörten zu den gesuchtesten und wurden in Ungarn mit hohen Preisen bezahlt Diese Klingen sind steirischer Herkunft, die Buchstaben bedeuten: FRIDERICUS (III.) REX (Hungariae) IN GERMANIA IMPERATOR AUGUSTUS. Bei ihrer Beliebtheit wurden sie vielfach gefälscht und absichtlich oder unabsichtlich oft die Buchstaben etwas verändert in FRINA; FRIMIA und dergleichen. Auf Klingen der ungarischen Husaren des 18. Jahrhunderts findet sich häufig der deutsche Reichsadler und die Devise Vivat Maria Theresia. Dieselben, gleichfalls steirischer Arbeit, wurden selbst von den Türken geschätzt, aber auch andere Devisen, wie Vivat Franciscus (Rakotzy) oder Vivat Pandur und dergleichen erinnern an ungarische Geschichtsmomente.

 

Zu den Krummschwertern ist, wie bereits bemerkt, das japanische Schwert zu zählen. Man unterscheidet bei selbem den Griff Touka und die Scheide Saya. (Fig. 318.) An dem scheibenförmigen Stichblatt befinden sich oft Löcher in welchen das Schwertmesser Ko-dzuka und die Schwertnadel Kô-gai sich befand. Die Klingenmarken sind an der Angel angebracht und erst zu erblicken, wenn man von dem Griffholz die Querstifte entfernt, wonach die Klinge sich leicht herausziehen lässt. Die besten Klingen Masamunês stammen aus dem Jahr 1326.1

 

1Ein ausführliches Werk über alle japanischen Waffen ist Zenkea-Kojitson von Kiku-du Yo-sai aus Kioto. 20 Bände mit Illustrationen.


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