Deutsche gotische Stechrüstung aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Der schwere Stechhelm trägt über dem Scheitel ein viereckiges Loch nebst rings darum liegenden vier Paar runden Löchern zum Aufbinden der Helmzier. Der Sehschlitz ist 4—5 cm breit. Hinten ist eine Nagelschraube angebracht, vorn wurde der Helm mittelst gewöhnlicher Schnittschrauben festgeschraubt. Auf der Brust befinden sich unterhalb des Helmrandes zwei Löcher zum Tiefersetzen des Helmes. Ebenso links zwei Löcher nächst dem Armausschnitt zum Aufbinden der Tartsche. An der fast senkrecht abgeflachten rechten Brustseite sitzen zwei Löcher zum Anschrauben des nach hinten als Widerlager für die Turnierlanze sich festsetzenden Rasthaken. Die ungemein starke Brust ist unten durch eine zweite mittelst Flügelschraube festgehaltene Platte verstärkt und setzt sich nach unten in vier geschobene Bauchreifen, sodann in achtfach geschobene Beintaschen fort. Die Nietnagelköpfe sind mit Bronze plattiert. Nach hinten endigt die Brust in ein Scharnier, welches über die Rückenplatte sich fortsetzt und dort mit zwei Schrauben den Rücken festhält. Am Rücken ist unten das «Schwänzl» angenietet. Die Arme sind oben siebenfach geschoben. Das zweite Glied verbreitert sich nach hinten zu einem gewaltigen Schulterblatt mit fächerartig getriebenen Rippen. Die Ellbogenkacheln verlängern sich nach oben in zwei Schienen, nach unten in zwei ebensolche, davon die unterste bis an die Armknöchel herabreicht und zur Röhre geschlossen ist. Die Letztere lässt sich mittelst Scharnier aufklappen und verbreitert sich am Ellbogen fächerförmig zum Schutz des Gelenkes. Die linke Armröhre bildet vorn zugleich eine feste Tatze, hinter welcher die Hand die Zügel führte.
Gotische Rennrüstung aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts, mit Schaller (an der rechten Seite vorn eine Waffenschmiedemarke), doppelt geschobener Barthaube, die an der Brust angeschraubt ist. Gewicht 2500 g. Die Brust ist einmal geschiftet und trägt dreimal geschobene Bauchreifen, an denen die fünfschalig getriebenen Krebse hängen. Als Schwebescheibe dient eine angehängte Eisenplatte länglicher Form. Der Knieschutz ist angebunden und hat weder nach oben, noch nach unten Verlängerungen gehabt. In der Hand des Renners eine schwere Turnierlanze mit Krönlein und Brechscheibe. Deutsche Arbeit.
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Quelle: Waffensammlung des Herrn Stadtrat Richard Zschille in Großenhain (Sachsen). Band 1 und 2