1. Das königliche Zeughaus in Berlin.
So großartig und bedeutend die Waffensammlung des königlichen Zeughauses in Berlin auch ist, so ist sie doch erst eine Schöpfung jüngster Zeit, erstanden unter dem Eindruck der großen deutschen Siege als eine Versinnlichung der Größe und Kraft der deutschen Nation und ihrer Taten in der Geschichte.
Die Waffensammlung des Zeughauses ist weniger vom technischen als historischen Gesichtspunkt von Bedeutung. Sie dient nur nebenher zur Beleuchtung der Entwicklung des Waffenwesens und hat ihren Hauptwert als Material für die Geschichte des Heeres, denn die Hauptmenge datiert erst von etwa 1740, die Reihe beginnt mit Erinnerungsstücken aus dem ersten Schlesischen Krieg und endet mit den Trophäen aus dem letzten Krieg gegen Frankreich.
Die Sammlung füllt alle Räume des königlichen Zeughauses an der Schlossbrücke, welches bis zum Jahre 1875 teilweise noch dem praktischen Zweck der Aufbewahrung des Kriegsmateriales diente. Das Gebäude selbst, ein Architekturwerk ersten Ranges, wurde bekanntlich 1695 von dem Baumeister Nering begonnen, den plastischen Schmuck verdankt es dem berühmten Schlüter, der vielleicht auch auf die Gestaltung der Architektur Einfluss hatte. Später wurde Martin Grünberg mit der Bauleitung betraut, 1705 führte Johann de Bodt den Bau zu Ende. Erst 1730 wurde das Gebäude voll bezogen.
Am 22. März 1875 befahl Kaiser Wilhelm I. dem preußischen Staatsministerium, dem Landtag eine Gesetzesvorlage zu unterbreiten zur Gewährung der Mittel für eine Umgestaltung des Hauses zu einer Ruhmeshalle in Verbindung mit einer Waffensammlung. Diese Vorlage erhielt am 22. März Gesetzeskraft, worauf sogleich mit der Ausführung begonnen wurde. In baulicher Hinsicht hat dabei der Geheime Regierungsrat Hitzig, in Bezug auf die Neubildung der Sammlung aber der damalige Oberstleutnant von Ising und der Geheime Regierungsrat Weiss sich große Verdienste erworben.
Die ganze Sammlung ist auf das obere und untere Geschoss verteilt. Im oberen Geschoss befinden sich die Sammlungen 1. der morgenländischen und abendländischen Waffen, diese vom 15. bis zum 19. Jahrhundert laufend, 2. die Mustersammlung und 3. die getrennt aufgestellte Sammlung des Prinzen Karl von Preußen, welche käuflich erworben wurde. Im unteren Stockwerk sind die Geschützsammlung, die Sammlung des Ingenieurwesens und die der Nachbildungen untergebracht.
Die Sammlung zählt rund 8000 Nummern, ohne die des Prinzen Karl, die an 1883 Stücke umfasst; sie enthält zum großen Teil auch Uniform- und Ausrüstungsstücke, Pläne, Modelle, ferner Gedenkstücke, welche nicht eigentlich in das Waffenfach gehören, aber, dem historischen Charakter der Sammlung entsprechend, hier nicht fehlen durften.
2. Das Musée d’Armures in Brüssel.
Der Hof der Herzoge von Burgund war im 15. Jahrhundert durch die Pracht seiner Erscheinung und speziell durch Schönheit, Zahl und Reichtum seiner Waffen weltberühmt. Anton von Burgund begann 1406 im Schloss von Caudenberg zu Brüssel eine Sammlung alter Waffen, welche später, zurzeit der Regierung Philipps des Guten und Karls des Kühnen, unter dem Namen „Königliches Arsenal“, sich glänzend entfaltete, der größte Teil dieser Schätze ging aber leider in den letzten Burgunderkriegen zugrunde. Während der Regierung Maximilians I. und Karls V. erhielt das Arsenal royal wieder reichen Ersatz, sodass es zu den schönsten und reichhaltigsten der Welt gezählt werden konnte. Auch unter der Regierungszeit Albrecht VII. und Isabellas, nicht minder unter Erzherzog Leopold Wilhelm erhielt es neue Bereicherungen. Unter letztgenanntem gelangte 1653 das berühmte Schwert Chilperichs in das Arsenal, das aber nach Frankreich gekommen ist und sich nun in Paris befindet.
Nach wiederholtem Ortswechsel gelangte die Sammlung 1773 in die Rue de la Paille, wo sie in den Wirren des Krieges 1794 bis auf einen kleinen Rest zugrunde ging.
Die jetzige Sammlung entstand erst im Jahr 1835; sie enthält zwar noch Stücke der alten, doch besteht ihr heutiger Reichtum nur aus einer Reihe glücklicher Erwerbungen, wie u. a. der Sammlung des Grafen Hompesch, eines Teiles des Inhaltes des Arsenales der alten Sultane zu Konstantinopel etc. Im Jahr 1847 wurde das gesamte Musealwesen neu organisiert, das Musée „Royal d’Antiquités et d’Armures“ gegründet und in dem alten, 1381 erbauten Befestigungsturm „la Porte de Hal“ untergebracht, der von der alten Befestigung Brüssels allein übriggeblieben ist. Die Aufstellung in diesem Gebäude ist keine günstige, da die Räume durchweg des nötigen Lichtes entbehren.
Das Museum in Brüssel ist im Ganzen ähnlich dem Musée d’Artillerie in Paris organisiert; es enthält demnach außer einer ethnologischen Sammlung noch Musterstücke aus der Gegenwart. In der Sammlung älterer Waffen sind hochwertvolle Stücke zu verzeichnen, wie solche nur in den erlesensten Sammlungen angetroffen werden. Die orientalische Partie ist zwar klein, zählt aber zu den besten und wertvollsten und wird stets vermehrt.
Das Musée zählt, unter Abrechnung der nicht zu den Waffen gehörigen Stücke 2400 Nummern.
3. Das Königliche Historische Museum und die königliche Gewehrgalerie zu Dresden.
Der Gründer des Historischen Museums zu Dresden ist Kurfürst August I. von Sachsen, der während seiner mehr als dreißigjährigen Regierung (1553—1586) eine große Menge von Kunstwerken, Raritäten, alten Waffen und dergleichen sammelte und 1556 unter der Bezeichnung: „Kunst- und Raritätenkammer“ im kurfürstlichen Schloss aufstellen ließ. Unter seinem Nachfolger, Christian I., wurde die Sammlung in das prachtvolle Stallgebäude übersiedelt, das dieser Fürst 1586 erbauen ließ. Einen eifrigen Förderer fand sie später an Kurfürst August II. dem Starken, der ihre Übertragung in das 1711 von Pöppelmann erbaute Gebäude des Zwingers veranlasste. Dieser Fürst war auch der Gründer der königlichen Gewehrgalerie, die sich seit ihrer Entstehung im königlichen Schloss befindet. Ihre gegenwärtige Organisation erhielt die Sammlung unter der Regierung König Antons im Jahr 1833, wo sie in neun Sälen und langen Galerien ziemlich nach chronologischer Ordnung im Joanneum aufgestellt wurde. Seit dieser Zeit führt sie den Titel: „Historisches Museum“.
Das Museum enthält nicht allein Waffen und Jagdgeräte, sondern auch Gerätschaften, Möbel und Gefäße der italienischen und deutschen Renaissance und geschichtlich interessante Gegenstände, welche mit dem Waffenwesen nichts gemein haben.
In Ansehung der Waffen allein gehört das Historische Museum zu Dresden zu den kostbarsten und reichhaltigsten Europas. Der Zeit nach gehen die Gegenstände, wenige Stücke ausgenommen, nicht über das 16. Jahrhundert zurück, sie bezeugen aber durch ihre Pracht und ihre Schönheit den hohen Kunstsinn der sächsischen Herrscher jener Zeit. Die schönsten Erzeugnisse des 17. und dem Anfang des 18. Jahrhunderts verdankt das Museum dem Sammeleifer Augusts II.
Manche Stücke werden bestimmten Personen zugeschrieben. Von diesen Zuschreibungen sind viele durch Belege beglaubigt, andere beruhen zwar nur auf Traditionen, haben aber in Ansehung der ursprünglichen Zugehörigkeit der Stücke zu der kurfürstlichen Sammlung die Wahrscheinlichkeit für sich. Von großer Bedeutung ist die Sammlung türkischer und persischer Waffen und Kriegsgeräte, die größtenteils von August II. zusammengebracht wurde. Ihr reiht sich eine wertvolle ethnologische Sammlung an, die noch fortwährend vermehrt wird. An älteren, künstlerisch ausgestatteten Sätteln und Pferdezeugen ist das Museum eines der reichsten der Welt.
Die königliche Gewehrgalerie, 1730 gegründet1, enthält über 2000 Nummern, die am reichsten ausgestatteten Jagdgewehre sind vorwiegend französischer und deutscher Arbeit. Sie ist als die reichhaltigste und instruktivste Sammlung von Feuerwaffen des 18. Jahrhunderts zu betrachten.
Bei der Zusammensetzung des historischen Museums ist es schwierig, den quantitativen Gehalt desselben an speziell dem Waffengebiet angehörenden Gegenständen ziffernmäßig festzustellen. Der Gesamtstand beträgt rund 30000 Nummern. Einer übersichtlichen Schätzung nach dürfte die Zahl der Waffen kaum die Hälfte obiger Nummernzahl betragen.
4. Die Rüstkammer der Stadt Emden.
Die reichhaltige Waffensammlung der Stadt Emden in Ostfriesland ist nicht, wie es sonst der Fall zu sein pflegt, aus den verschiedensten Orten zusammengetragen, sondern bildet in ihrem weitaus größten Teil den Waffenbesitz, den die Stadt vom Ende des 16. bis in das vorige Jahrhundert angeschafft hatte. Darauf deutet auch die alte, noch übliche Bezeichnung: „Rüstkammer“. Den ursprünglichen Charakter hat sie indes, gleich der Wiener, Grazer etc., allgemach verloren und ist eine rein museale Anstalt geworden. Einzelne schöne Stücke sind im Laufe der Zeit als Geschenke hinzugekommen, doch stammen auch sie aus der Umgebung der Stadt.
Die Emdener Rüstkammer zählt kein Waffenstück, dessen Alter über das 16. Jahrhundert hinausreicht. Von diesem Zeitpunkt aber angefangen, bietet sie ein sehr lehrreiches Bild der lokalen Bewaffnung. Sehr reich ist sie an schönen und interessanten Feuerwaffen.
Die Sammlung ist noch gegenwärtig in den ursprünglich für sie bestimmten Räumen im oberen Stockwerk des 1576 erbauten Rathauses in einer langen Halle untergebracht und in neuerer Zeit aufgrund des ältesten Kataloges von 1839 inventiert und neu aufgestellt worden. Sie zählt an Waffenobjekten rund 2400 Nummern.
5. Die gräflich Erbachsche Sammlung im Schloss zu Erbach.
In den gräflich Erbachschen Sammlungen bilden die Kriegs- und Jagdwaffen besondere Abteilungen; diese genießen wegen ihres waffentechnischen und künstlerischen Wertes wie auch in Anbetracht der Zahl und Mannigfaltigkeit ihrer Gegenstände einen Weltruf.
Der Gründer der Sammlungen ist der Urgroßvater des jetzigen Besitzers, Graf Franz zu Erbach-Erbach, der die Waffensammlung um 1820 aus einer kleinen Rüstkammer bildete, die er im Schloss vorgefunden hatte. Diese ist in dem sogenannten Rittersaal, in der Gewehrkammer und in der Hirschgalerie aufgestellt. Die Sammlungen zählen rund 1100 Gegenstände, wovon allein 650 Stück auf Jagdwaffen entfallen.
6. Das Landeszeughaus in Graz.
Ein Zeughaus mit allem seinem Inhalt und seiner unversehrten Einrichtung aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts ist eine Erscheinung, die einzig dasteht in der Welt. Schon um deswillen muss das Landeszeughaus in Graz das höchste Interesse des Waffenfreundes in Anspruch nehmen.
Wenngleich anzunehmen ist, dass das Land in seinem schon seit dem 14. Jahrhundert und bis zur Stunde an demselben Ort bestehenden Landhaus eine Rüstkammer besaß, so erfahren wir doch erst 1547 etwas von den darin untergebrachten Waffen. Das gegenwärtige Zeughaus mit seinen vier Stockwerken stammt aus dem Jahr 1642 und sein Waffeninhalt wie seine Lagerungseinrichtungen haben sich seit dem 17. Jahrhundert wunderbar erhalten. Mit Ausnahme von wenigen Gegenständen, die noch dem 15. Jahrhundert angehören, besteht der Inhalt aus gemeinen, knechtischen Waffen vom Ende des 16. und aus dem 17. Jahrhundert, aber in ungemein großer Zahl, in einer Reichhaltigkeit und einer relativen Vollständigkeit, die Staunen erregt. Für das Studium des Waffenwesens vom rein waffentechnischen und historischen Gesichtspunkt ist das Grazer Zeughaus von hoher Wichtigkeit. Der Bestand ist ungemein groß; er beziffert sich mit 26000 Stücken, worunter freilich massenhaft Stücke gleicher Form sich befinden. So zählt es nicht weniger als 1000 Fußangeln von einerlei Gestalt und dergleichen, aber anderseits auch Formen, die nur hier allein angetroffen werden.
7. Die historische Waffensammlung in Kopenhagen.
Die historische Waffensammlung des Zeughauses geht in ihren Anfängen bis 1604 zurück, in welchem Jahr König Christian IV. die noch aus der Zeit Friedrichs II. stammenden Waffen in dem Gebäude der königlichen Bibliothek vereinte und dazu auch die in einzelnen Städten noch vorhandenen Waffenbestände heranzog. Im vorigen Jahrhundert wurde die Sammlung an ihren heutigen Ort im Zeughaus übertragen, wo die Geschütze im Hof, die übrigen Stücke in zwei Stockwerken untergebracht sind. Die historische Waffensammlung entspricht auch hier nur teilweise ihrer Bezeichnung, da sie in ihrer Zusammensetzung und Anordnung mehr eine kriegsgeschichtliche Sammlung Dänemarks ist, insofern die Waffe nicht um ihrer selbst willen, sondern als geschichtlicher Zeuge erscheint und auf deren Entwicklungsgang erst in zweiter Linie Rücksicht genommen ist. Dessen ungeachtet gehört diese museale Anstalt auch in Beziehung auf das Waffenwesen zu den wertvollsten und lehrreichsten der Welt. Sie besteht aus der Geschützsammlung, der Sammlung der Handfeuerwaffen, der blanken Waffen, der Schutzwaffen, endlich aus der Sammlung von verschiedenen Ausrüstungsgegenständen, Fahnen, Feldspiel etc. Die Sammlung zählt rund 3000 Nummern.
8. Die Sammlung von Waffen im Tower zu London.
Die ansehnliche, ebenso kostbare wie seltene Gegenstände enthaltende Waffensammlung im Tower zu London diente ursprünglich rein praktischen Zwecken. Sie ging aus einer Rüstkammer der Könige und ihrer Dienstleute hervor. Als solche mag sie schon unter Wilhelm dem Eroberer entstanden sein, der 1078 den ältesten Teil des Tower, den „White Tower“, erbaute. Freilich reicht kein Stück der heutigen Sammlung mehr in diese Periode hinan. Die früheste Erwähnung einer königlichen Rüstkammer finden wir erst unter der Regierung Eduards VI. 1547.
Diesen Charakter als eine der königlichen Stallmeisterei unterstehende Rüstkammer behielt sie bis ans Ende des 17. Jahrhunderts und erst Karl II. bildete sie zu einem mehr musealen Institut aus, indem er den Inhalt in dem alten, an den Weißen Tower angebauten Hors Armory neu aufstellen ließ, die Gewehrsammlung in dem Small Armory mit ihr organisch vereinigte und sie dem Publikum eröffnete. Im Jahr 1841 verbrannte die Gewehrsammlung, wobei nicht weniger als 150000 alter Gewehre zugrunde gingen. In den Jahren 1882 und 1883 wurde das alte Hors Armory an der Südseite abgebrochen und damit der alte Turm freigelegt, die Waffen aber wurden in den 3. Stock des White Tower übertragen, wo sie nun in dem sogenannten „Council Chamber“ und einem anstoßenden Zimmer aufgestellt sind. Im Jahr 1885 fand an der von der St. Johannes-Kapelle zur Waffensammlung führenden Treppe die bekannte Dynamitexplosion statt, welche aber der Sammlung nur geringen Schaden zufügte.
Die Waffensammlung des Towers gehört, wie erwähnt, zu den reichhaltigsten und wertvollsten, die es gibt. Als museale Anstalt hat sie durch Llelewin Meyrik ihre Würdigung gefunden, ihre Aufstellung aber ist noch nach romantischen Anschauungen erfolgt, wie denn auch nicht hierher gehörige kulturgeschichtliche Objekte, als Folterwerkzeuge und dergleichen, darin aufgenommen sind. Eine große Bedeutung besitzt die Sammlung wegen ihrer zahlreichen Harnische und Waffen aus dem 15. Jahrhundert; aber auch das 16. Jahrhundert ist in schönen und interessanten Gegenständen vertreten. Nicht minder erwähnenswert sind die orientalischen Waffen, eine Spezialsammlung, die nur von der kaiserlichen Sammlung in Tsarskoe-Selo übertroffen wird; ferner die Sammlung alter Geschütze, die außerhalb des Weißen Towers aufgestellt ist.
Über die Anzahl der Stücke sind keine Daten bekannt geworden, doch dürfte sie sich auf nicht ganz 6000 belaufen, wobei freilich manches unzugehörige mit unterläuft und auch moderne Waffen inbegriffen sind. Der Organisator war bemüht, ein Bild der Kriegstrachten von der Zeit Eduards I. (1272) bis auf Jacob II. (1688) vor Augen zu stellen, eine Idee, die schlechterdings Nachbildungen nötig machen und zu mancherlei gewaltsamen Zusammenstellungen führen musste. Die Zuschreibungen an bestimmte Personen sind nur von äußeren Merkmalen hergeleitet und deshalb, von dem waffenwissenschaftlichen und künstlerischen Wert abgesehen, nicht immer über jeden Zweifel erhaben. Dem Studium bietet die Sammlung im Tower ein weites und sehr wenig bebautes Feld, der sorgfältigen Betrachtung des Liebhabers sollte sie nicht entgehen.
9. Die Armeria Real zu Madrid.
Die Armeria Real ist, gleich der Hof-Waffensammlung zu Wien, nicht aus einer gewöhnlichen Zeugkammer, sondern aus den Waffenkammern habsburgischer Fürsten erwachsen. Ihren Grundstock bilden die Harnische und Waffen Karls V., von denen ein Teil in Simancas, ein anderer zu Valladolid bewahrt wurde. Vierzehn der schönsten Leibharnische mit anderen auserlesenen Waffenstücken hatte der kranke Kaiser mit sich in das Kloster zu San Yuste genommen.
Im Jahr 1565 ordnete König Philipp II. die Übertragung der sämtlichen Waffen aus den genannten Orten nach Madrid an und ließ zu deren Unterbringung gegenüber dem königlichen Palast, an der Stelle des alten Alcazars durch Gasparo de Vega ein großes Gebäude, die Stallmeisterei (las caballerizas) errichten. In der Folge vergrößerte sich die Armeria durch Waffenstücke der folgenden Herrscher und nach und nach wandelte sich die für Kriegszwecke angelegte Waffenkammer in ein Museum um.
Wenn wir von der Beraubung, die die Armeria in den Napoleonischen Kriegen erlitten hat, absehen, erhielt sich ihr alter Bestand bis auf den heutigen Tag. Als ein ehrwürdiges Denkmal der ruhmvollen Geschichte Spaniens bildete sie zu allen Zeiten den Stolz der Nation und alle Parteien trugen die äußerste Sorge, dass die kostbare Sammlung selbst mitten revolutionärer Aufstände nicht geschädigt wurde.
Ungeachtet aller dieser für ihre Erhaltung günstigen Umstände fiel sie dennoch vor einigen Jahren einer Katastrophe zum Opfer, die sie der völligen Vernichtung nahebrachte. Am 9. Juli 1884 entstand in dem Gebäude Feuer, das sich mit ungemeiner Schnelligkeit nach allen Seiten verbreitete. Nur der Geistesgegenwart des verewigten Königs Alphons XII. war es zu danken, dass wenigstens ein erheblicher Teil des Inhaltes gerettet wurde. Er drang in das brennende Gebäude, rettete das nächstbeste Stück und forderte die zahlreiche Umgebung auf, das Gleiche zu tun. Mit Enthusiasmus und Kühnheit folgten die Anwesenden dem königlichen Beispiel.
Die Armeria war und ist noch heute die kostbarste Waffensammlung in Europa. Sie enthält eine unschätzbare Menge von Waffen maurischer wie christlicher Herkunft vom 13. bis ins 15. Jahrhundert, wie eine solche nirgends angetroffen wird. An den Harnischen und Waffen Karls V. und Philipps II. haben die berühmtesten Kunstarbeiter Spaniens, Deutschlands und Italiens das Erlesenste zu schaffen sich bemüht. Der Gesamtbestand hat einen ungemeinen historischen Wert und wenn auch viele der historischen Daten, die an einzelnen Stücken geknüpft werden, nur auf Tradition beruhen, so dürfte doch eine nähere Durchforschung der Archive von Simancas eine Fülle von interessanten und wichtigen Belegen zur Geschichte derselben ans Licht bringen. Einen wichtigen, ja unschätzbaren Beleg hierzu, eine Grundlage zum Studium bildet ein vorhandener Bildkodex aus dem Beginn der Regierungszeit Philipp II.
Vor dem Brand 1884 zählte die Armeria nicht ganz 2700 Nummern, über ihren gegenwärtigen etwas verminderten Bestand sind dem Verfasser bisher noch keine authentischen Nachrichten zugekommen.
10. Das bayrische Nationalmuseum in München.
Wenn auch der Bestand des bayrischen Nationalmuseums an Waffen infolge der getroffenen Aufstellung nicht so im Zusammenhang vorgeführt wird, wie dies zu wünschen wäre, so ist er doch an älteren und wertvollen Stücken reich genug, um der Besichtigung und dem Studium jedes Geschichtsfreundes angelegentlich empfohlen zu werden.
Das bayrische Nationalmuseum entstand im November 1853 auf Anregung des Freiherrn von Aretin. Der Bau des Gebäudes, nach Plänen Ed. Riedels ausgeführt, wurde zum größten Teil aus den Privatmitteln Königs Maximilian II. bestritten. Der Grundstock der reichen Sammlungen wurde dadurch gebildet, dass die ehemaligen „Vereinigten Sammlungen“ zur Bildung des Nationalmuseums aufgelöst und dass aus den königlichen Schlössern alles Dienliche herangezogen wurde. Ansehnliche Beiträge erhielt das Nationalmuseum durch persönliche Geschenke König Ludwigs I. Außerdem wurde das Museum noch durch Ankäufe von anderen Sammlungen, wie Ainmiller, Martinengo, Reider, auch durch Geschenke z. B. von der Universität Erlangen etc. bedeutend vermehrt. Die Waffen sind zwischen verschiedenem Hausrat gruppiert, im zweiten Stockwerk die Stücke vom 13. bis zum 16. Jahrhundert und im dritten die vom 16. Jahrhundert bis zur Neuzeit. Einzelne ganz interessante Stücke sind auch dekorativ im Stiegenhaus aufgestellt.
11. Das königlich bayrische Armeemuseum in München.
Als Schöpfer des heutigen Armeemuseums ist eigentlich Herzog Maximilian anzusehen, der hinter der Neuen Feste ein Zeughaus erbauen ließ. Ein Teil desselben diente schon damals zur Aufbewahrung von Trophäen. Im Jahr 1864 nach dem Abbruch des Zeughauses wurden die Zeugen des Ruhmes des bayrischen Heeres in das neue, von Gläser erbaute Hauptzeughaus an der Staatsstraße nach Dachau übertragen. In dieser Zeit kamen bedeutende Mengen an Waffen in andere Museen des Landes. Um nun die noch vorhandene Sammlung in ihrem Bestand und in ihrem historischen Charakter zu bewahren, fasste der damalige Kriegsminister den Entschluss, die in den verschiedenen Zeughäusern und bei Militäranstalten noch vorhandenen alten Stücke mit der genannten zu vereinigen und aus dem gewonnenen Ganzen ein historisches Museum des bayrischen Heeres zu bilden. Im Jahr 1879 wurde mit dessen Bildung begonnen und am 25. August 1881 konnte es eröffnet werden.
Das bayrische Armeemuseum ist keine Waffensammlung im gewöhnlichen Sinn, sondern umfasst auch andere Gedenkstücke, Gemälde etc. Nichtsdestoweniger bietet es Kennern und Freunden der Waffenkunde reiche Gelegenheit zum Studium der Entwicklung des Waffenwesens, insbesondere für die Zeit des 17. und 18. Jahrhunderts. Das Museum zählt, alle Gegenstände eingerechnet, rund 7000 Nummern2.
12. Die Waffensammlung des germanischen Museums zu Nürnberg.
Die Waffensammlung bildet nur einen kleinen Teil dieses in seiner Großartigkeit und Vielseitigkeit bewundernswerten kunst- und kulturhistorischen Museums. Dem ungeachtet zählt sie, auch an sich betrachtet, dank neuerer namhafter Erwerbungen zu den beträchtlichsten und wertvollsten Europas und enthält Unika von unberechenbarem Wert.
Die Gründung dieses Museums erfolgte auf der zu Dresden im Jahr 1852 abgehaltenen Versammlung deutscher Geschichts- und Altertumsforscher. Der Grundstock bestand aus der Privatsammlung des Freiherrn Hans von und zu Aufsess, welcher auch als erster Direktor dem neuerrichteten Institut vorstand. Die Mittel zur Erhaltung und Vermehrung werden durch freiwillige Beiträge sowohl vonseiten der Regierungen, wie von den Fürsten und dem Volk gewonnen. Als Sitz des Museums war von vornherein Nürnberg bestimmt, wo es in den ersten Jahren im Turm des Tiergärtnertores aufgestellt wurde. Im Jahr 1856 wurde durch käufliche Erwerbung des Karthäuserklosters dem Museum ein vergrößertes Heim geschaffen, das sich jedoch bald wieder als zu beschränkt darstellte, sodass an eine Erweiterung gedacht werden musste. Diese erfolgte durch Erwerbung und Abtragung des alten gotischen Augustinerklosters, welches in gleicher Form im Anschluss an die Karthause wieder aufgebaut wurde. Gegenwärtig sind auch die so gewonnenen weiten Räume für die rasch sich mehrenden Sammlungen zu eng geworden; es wird darum in nächster Zeit im Anschluss an den bisherigen Komplex zu einem Neubau geschritten werden, für den die erforderliche Bodenfläche in genügendem Maß vorhanden ist.
Der Grundstock der Waffenabteilung stammt aus der Sammlung Aufsess, die 1864 angekauft wurde. Einen bedeutenden Zuwachs erhielt sie durch eine andere Sammlung, die der Verein der deutschen Standesherrn für das Museum käuflich erworben hatte. Seit dieser Zeit vermehrte sie sich durch zum Teil hochwertvolle Einzelstücke. Die letzte außergewöhnlich glückliche Bereicherung wurde der Sammlung im Jahr 1889 durch Ankauf des wertvollsten Teiles der reichen und unschätzbaren Waffensammlung des Fürsten Sulkowsky auf Schloss Feistritz in Niederösterreich zu teil, die am Ende des vorigen Jahrhunderts durch den Bankier Josef Freiherrn von Dietrich in Wien gegründet wurde. Mit dieser bedeutenden Erwerbung, wodurch namentlich die Sammlung von Turnierwaffen wesentlich gewann, ist die Waffensammlung auf rund 2000 Nummern angewachsen.
13. Das Musée d’Artillerie in Paris.
Das unter den großen Waffensammlungen durch Zahl und Wert seiner Stücke hervorragende Musée d’Artillerie verdankt seine Entstehung dem Großmeister der Artillerie, Marschall Duc d’Humières 1684. Diese erste Sammlung alter Waffen und Kriegsmodelle, die zur Belehrung junger Artillerieoffiziere dienen sollte, wurde in den Sälen des Magasin royal in der Bastille aufgestellt. Im Jahr 1755 vermehrte der Generalleutnant de Vallière die Sammlung durch einige ältere Waffenstücke, die aus verschiedenen Arsenalen in der Provinz nach Paris geschafft wurden, und ordnete die Aufstellung eines Inventars an, das noch vorhanden ist.
Auf Veranlassung des berühmten Generals Gribeauval wurde die Sammlung 1788 in das neuerbaute Musée d’Artillerie in weite und schöne Säle übertragen. Ihre anfängliche frische Entwicklung wurde durch die Revolution jäh unterbrochen. Das Gebäude wurde am 14. Juli 1789 vernichtet, die Sammlung aber verschleppt.
Verschiedene Versuche (1791—1794), eine ähnliche Sammlung wiederherzustellen, scheiterten anfänglich, doch gelang es nach und nach bei den wiederholten Waffenrequisitionen, alte Waffen auszuscheiden und mit diesen den Grund zu einem neuen Waffenmuseum zu legen. Mit Senatsdekret vom 4. Frimaire 1796 wurde die Heranziehung aller der Bewahrung wert scheinenden Waffen im Reich angeordnet. Nicht ohne Widerstand gelang die Ausführung dieses Dekretes. So lieferte Straßburg seine älteren Waffen erst 1799 aus und Bonaparte vermochte der Stadt Sedan gegenüber erst 1804 das Dekret durchzusetzen. Eine beträchtliche Zahl von Waffen erhielt das Museum aus dem Schloss Chantilly. Im Jahr 1814 wurde die Sammlung in der Bibliothek des ancien convent aufgestellt und neu organisiert. Von 1815—1830 erhielt das Musée bedeutende Vermehrungen, um die vorhandenen Lücken auszufüllen. Während der Julirevolution wurde es trotz des heftigsten Widerstandes der Schweizer und des Konservators Carpegna am 28. Juli 1830 ausgeleert, indes sorgte die Pariser Bevölkerung dafür, dass schon vom folgenden Tag an ein großer Teil des Verschleppten zurückgebracht wurde. Das Fehlende wurde durch Erwerbung der Sammlung des Duc de Reggio teilweise wieder ergänzt. Im Jahr 1848 und auch 1871 erlitt das Musée keine Verluste. Napoleon III. schuf 1852 das Musée des Souverains im Louvre, infolgedessen wurden alle auf die Herrscher sich beziehenden Waffenstücke, darunter 5 Harnische, dahin abgegeben, 1872 nach Auflösung dieses Museums aber wieder eingereiht. Im Jahr 1879 wurde dem Staat die reiche Waffensammlung Napoleons III. zu Pierrefonds als Eigentum rechtlich zugesprochen und mit dem
Musée d’Artillerie vereinigt3. Gegenwärtig ist das Musée im vorderen Trakt des Hôtels des Invalides gegen die Esplanade zu im Erdgeschoss und ersten Stockwerk in ziemlich dichter Anordnung aufgestellt.
Wie schon aus der Art des Zustandekommens und den Schicksalen dieses Museums zu entnehmen ist, leidet es an dem Übelstand, dass viele Gegenstände, die es besitzt, unvollständig sind. Es verwahrt Waffen aus allen Ländern und dennoch ist keine Nation, am allerwenigsten Frankreich, derart vertreten, dass man sich ein Bild von der Eigentümlichkeit ihrer Leistungen verschaffen kann. Die fast willkürliche Aufstellung trägt auch nicht dazu bei, das Studium zu erleichtern. Immerhin besitzt es eine der auserlesensten Sammlungen antiker Waffen und nächst der Wiener und Nürnberger die reichste an Turnierwaffen. Das 16. Jahrhundert ist in jeder Hinsicht am besten vertreten. Bedeutend ist die Sammlung von Feuerwaffen zu nennen und zahlreiche Unika bilden die Glanzpunkte der Sammlung. Für die Zuschreibungen an bestimmte Personen hat man zumeist kein anderes Beweismittel als äußerliche Anzeichen, Wappen, Devisen etc. und die Tradition.
Das Musée d’Artillerie ist keine eigentliche Waffensammlung nach unseren Begriffen, es enthält außer Waffen noch ethnographische Gegenstände, Andenken an den Kriegsruhm Frankreichs, Ehrenzeichen, Trophäen, moderne Waffen und Modelle, aber auch Darstellungen der Kriegertracht in Frankreich und dergleichen. Sie ist somit mehr eine kulturgeschichtliche Sammlung auf militärischem Gebiet. Nach Ausscheidung aller derjenigen Stücke, welche für das historische Waffenwesen keine Bedeutung haben, zählt das Museum nach dem Katalog von Penguilly l’Haridon mit Zurechnung bekannt gewordener Neuerwerbungen an 5000 Nummern. An Geschützen und Artilleriegeräten verzeichnet der oben erwähnte Katalog ungefähr 1419 Stücke.
14. Das Musée Cluny in Paris.
Das alte Hotel Cluny in Paris, 1340 an der Stelle der antiken Kaiserthermen der alten Lutetia erbaut, enthält eine reiche Sammlung von Gegenständen der Vergangenheit und wiewohl die hier bewahrten Waffen an Zahl nur gering sind und kaum 100 Stück übersteigen, so sind sie dennoch so bedeutend an historischem und künstlerischem Wert, dass wir diese wichtige Anstalt hier nicht übergehen dürfen. Die Sammlung ist im Jahr 1833 durch den als Altertumsforscher hervorragenden Alexander Du Sommerard (1779—1842) ins Leben gerufen, der die Baulichkeiten des seit der Revolution in Privathände übergegangenen Konventes käuflich an sich brachte und deren Räume mit den Resten alten Kunstfleißes füllte. Nach dessen Tod wurde das ausgedehnte Gebäude mit den Sammlungen 1843 von dem Staat angekauft und führt seitdem den offiziellen Titel: „Musée des thermes et de l’hôtel de Cluny“. Seit jener Zeit wurde die Sammlung teils durch Ankäufe des Staates, teils durch reiche Legate und Geschenke Privater erheblich vermehrt4.
15. Fürstlich-Hohenzollernsches Museum in Sigmaringen.
Das berühmte Hohenzollernsche Museum, das sich auf alle Gebiete der Kunst und des Kunstgewerbes erstreckt, stammt aus dem alten Familienbesitz des fürstlichen Hauses. Seine gegenwärtige Organisation in sechzehn Abteilungen hat es durch den Fürsten Karl Anton von Hohenzollern erhalten, durch dessen Kunstliebe und Sammeleifer es zu einem der wertvollsten Museen gediehen ist. Es wurde im Jahr 1867 in einem eigens für den Zweck errichteten Gebäude eröffnet. Die 11. Abteilung enthält die Waffensammlung. Sie enthält die seltensten und kunstreichsten Stücke. Bei ihrem hohen Wert für die Kulturgeschichte und besonders für die Waffenwissenschaft ist es sehr zu bedauern, dass sie noch nicht katalogisiert ist. Die Sammlung der Waffen enthält rund 2500 Nummern.
16. Das Museum der Waffen und historischen Kostüme in Stockholm.
Die ältesten Waffenstücke dieses reichen Museums reichen bis in die Zeit der ersten Könige aus dem Hause Wasa zurück; die königliche Garderobe aus jener Zeit wurde leider zerstreut. Erst unter der Königin Christine wurde mit der Bildung eines Museums historischer Waffen begonnen. Der Großkanzler Axel Oxenstierna fasste 1633 den Plan zu einem großen Museum nach heutiger Art, worin die Gedenkstücke an die Siege der schwedischen Herrscher vor Augen geführt werden sollten. Die Absicht blieb unausgeführt und die alten Waffenstücke und Trophäen, die Reste der alten Waffenkammern, blieben im königlichen Palast, wo sie einen Bestandteil des Arsenals bildeten. Seit Mitte des 17. Jahrhunderts wurden die vorhandenen Schätze dem Volk zugänglich gemacht und seit die Gedenkstücke Gustav Adolfs hinzukamen, bildete das Kabinett für Schweden einen Gegenstand besonderer Verehrung. Im Jahr 1691 wurde die Sammlung, wenn auch immer dem Arsenal angehörig, in ein Palais übertragen, das ehemals dem Grafen Magnus Gabriel de la Gardie gehörte, und blieb dort bis 1793, wo dieses in ein Theater umgewandelt wurde. Von da gelangte sie ins Schloss Fredrikshof und zehn Jahre später in eine alte Orangerie des königlichen Gartens. Wenige Jahre darnach wurde der Inhalt der Sammlung auf sonderbare Weise zerstreut, die historischen Stücke gelangten 1817 in die Kirche zu Riddarholmen, die kostbareren Waffen ins königliche Palais, die Waffen, die bei den Karussells Gustavs III. dienten, ins Schloss zu Gripsholm, anderes in die Magazine des Theaters etc. Erst 1850 wurde alles wieder in Stockholm gesammelt und im Palais des Kronprinzen aufgestellt. Seit 1856 war die Sammlung solange in einem gemieteten Privathaus untergebracht, bis sie 1865 ins Nationalmuseum übertragen werden konnte. Als dieses den industriellen Künsten gewidmet wurde, verfügte König Oskar II. 1884 deren Aufstellung im königlichen Palais in dessen Nordwesttrakte, wo sie im ersten Stock die Räume der alten königlichen Bibliothek und eine Galerie, im Zwischenstock eine andere Galerie und einen Saal einnimmt, der ehemals das Skulpturenmuseum enthielt. In dieser Aufstellung wurde das Museum am 31. Juli 1885 eröffnet.
Seit Mitte unseres Jahrhunderts wurde die Sammlung durch namhafte Legate und Ankäufe vergrößert, so durch Spenden des Kämmerers J. O. de Blomstedt 1858, das Legat des Baron E. M. Willebrand 1859, durch den Ankauf der Sammlung des Barons G. Fleetwood 1862, ferner durch das Legat Karls XV. 1872, zumeist aus der Sammlung M. A. L. Soldins bestehend, die der König an sich brachte, durch das Legat des Grafen Axel Bielke u. a.
Das Museum, zu den größeren Europas zählend, ist reich an Harnischen und Waffen von kunstvoller und prächtiger Ausführung. Für die ältere Waffenindustrie Schwedens und Dänemarks ist es eine reiche Quelle des Studiums. Unerreicht aber steht es in seinen historischen Kostümen da, die, wenn sie auch nicht speziell in unser Gebiet fallen, doch ihres ungemeinen Wertes halber hier einer Erwähnung verdienen. Das Museum zählt rund 5700 Nummern5.
17. Die kaiserliche Waffensammlung zu Zarskoë-Selo.
Die kaiserliche Waffensammlung ist in einem schlossähnlichen, in modern gotischem Stil gehaltenen Gebäude im Garten des kaiserlichen Lustschlosses Zarskoë-Selo aufgestellt. Vor dem stand auf der Stelle ein Jagdschlösschen der Kaiserin Katharina II. in der Art des Trianon. Kaiser Alexander I. ließ es um 1801 abbrechen und dafür das gegenwärtige Gebäude zur Unterbringung der zahlreichen, von ihm selbst in allen Ländern erkauften und sonst erworbenen Waffen errichten. Schon unter Alexander I. nahm der Sammeltrieb die Richtung auf orientalische Gegenstände, später erweiterte sich das Programm und ging auch auf indische und altrussische aus den jetzigen Gebieten des Reiches aus. Die Sammlung ist den vorhandenen Räumlichkeiten entsprechend in sechs Abteilungen aufgestellt. Sie verteilt sich in das Erdgeschoss, die Gewehrkammer, den großen Saal, das türkische Kabinett, das indo-musulmanische und in das russische Kabinett. Außerdem enthält noch das Stiegenhaus zahlreiche Waffenstücke. Die Sammlung bewahrt fast durchgängig in ihrer künstlerischen Ausführung auserlesene Stücke; bei der Art der Erwerbung sind aber auch viele Stücke hinzugekommen, die aus anderen großen Sammlungen stammen; so aus Paris, aus Wien etc. Viele der kostbarsten Stücke erwarb Kaiser Alexander in Paris und Florenz. Die orientalische Abteilung ist die reichste und vollständigste der Welt und sie wird noch heute nach systematischem Plan vermehrt. Die Sammlung zählt an 5000 Nummern.
18. Die Armeria Reale zu Turin.
Der Gründer der kostbaren Armeria Reale zu Turin ist Karl Emanuel I. von Savoyen. Gleich Wilhelm V. von Bayern, August I. von Sachsen, Erzherzog Ferdinand von Tirol war auch dieser kunstliebende Fürst bestrebt, hervorragende Kunstwerke und Andenken berühmter Helden zu sammeln. Das Gebäude, worin die Sammlung früher aufgestellt war, wurde durch Brand zerstört. Dies war die Veranlassung, dass sie in das Arsenal übertragen und von dem Grafen Vittorio di Seissel d’Aix neu geordnet wurde. Ihre Wiedereröffnung fand im Frühjahr 1837 statt. Nach Demolierung des alten Arsenales ordnete König Viktor Emanuel ihre Überführung in den königlichen Palast an, wo sie in dem östlichen Flügel gegenüber dem Palazzo Madama in einem großen galerieartigen und einem etwas kleineren Saal untergebracht wurde. Die königliche Armeria enthält viele Stücke, welche nicht streng ins Waffenfach gehören; so u. a. zahlreiche Geschenke von Fürsten, Kommunen und dergleichen. Der Hauptteil der Armeria besteht aus so auserlesenen, teils historisch wichtigen, teils kunstvoll gearbeiteten Waffenstücken, dass die Sammlung ungeachtet ihrer geringeren Ausdehnung zu den wertvollsten zu zählen ist. Sehr reich ist sie an Zierwaffen des 16. Jahrhunderts, doch kann sie sich auch, was ihren Besitz an Stücken aus dem 15. Jahrhundert anlangt, mit manch größerer Sammlung messen. Die Zuschreibungen an bestimmte Personen begründen sich auf äußere Merkmale an den Gegenständen selbst. Gegenwärtig wird sie unter der Leitung ihres Direktors, des Generalleutnants und Senators Conte Raffaele Cadorna, einer Neuaufstellung unterzogen. Die Armeria dürfte an Waffenstücken etwa 2500 Nummern zählen.
19. Die Sammlung des Arsenales zu Venedig.
Die Sammlung ist im ersten Stockwerk eines nach vorn gelegenen Traktes in dem im Jahr 1304 begonnenen Arsenale untergebracht und nimmt einen einzigen aber sehr ausgedehnten Saal ein. Für den Bedarf des Staates wurden schon im 14. Jahrhundert bedeutende Vorräte im Arsenal aufgestapelt. Historische Gedenkstücke aber wurden bis ins 18. Jahrhundert im Dogenpalast gesammelt. Somit ist die Sammlung aus einem Zeughaus entstanden, dessen Inhalt freilich im Lauf der Jahrhunderte zum größten Teil verloren ging, denn, abgesehen von einigen wenigen anderen, gehören die ältesten Stücke der Sammlung erst der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, ein nicht geringer Teil der späteren aber dem 16. Jahrhundert an. Wenngleich die Bewaffnung der Venezianer von 16. Jahrhundert an vorzugsweise hier studiert werden kann, so ist die Sammlung gleichwohl an Gedenkstücken der reichen Geschichte der Republik verhältnismäßig arm. Der größte Teil wurde im Taumel der Revolution 1797 geraubt. Zudem gerieten die historischen Traditionen, die an den Gegenständen haften, unter der militärischen Leitung in Vergessenheit, weshalb die an sich gewiss sehr wertvolle Sammlung mehr von waffenwissenschaftlicher als von historischer Bedeutung ist. In künstlerischer und kunsttechnischer Beziehung sind nur einige, aber erlesene Stücke hervorzuheben. Ein Katalog existiert nicht. Nach oberflächlicher Schätzung dürfte die Sammlung an 2000 Nummern zählen.
20. Die Waffensammlung des kaiserlichen Hauses in Wien.
Den Grundstock der Waffensammlung des kaiserlichen Hauses bilden gewissermaßen die Hinterlassenschaften Maximilians I. (gest. 1519) und Ferdinands I. (gest. 1564.) Nach dem Ableben dieses Herrschers wurde der gesamte Nachlass an Waffen unter dessen drei Söhne geteilt. Der Teil Maximilians II. verblieb in Wien im sogenannten Salzburger Hof, der später umgebaut und zum kaiserlichen Zeughaus bestimmt wurde, jener Ferdinands von Tirol gelangte nach Prag und später nach Innsbruck, bez. ins Schloss Ambras, jener Karls von Steiermark nach Graz. Nach Karls Tod, 1599, fiel dessen Teil wieder an die Hauptlinie zurück, wurde aber erst 1765 nach Wien übertragen. Der ererbte Besitz Ferdinands wurde von diesem in bedeutendem Maß durch Sammlung von Waffen berühmter Personen der vergangenen Zeit und seiner eigenen Zeit vermehrt und damit eine an historischem und künstlerischem Wert einzig dastehende Waffensammlung geschaffen. Nach dem Hintritt ihres genialen Gründers, 1595, gelangte die Sammlung an dessen ältesten Sohn, Karl von Burgau, von dem sie durch Kauf in kaiserlichen Privatbesitz kam. Die Sammlung blieb bis 1806 im Schloss Ambras, in welchem Jahr sie der Kriegsereignisse halber nach Wien übergeführt wurde. Obgleich nun beide Sammlungen sich in Wien befanden, blieben sie doch bis jetzt räumlich getrennt. Die vorher erwähnte kaiserliche Waffensammlung gelangte vom alten Zeughaus 1856 in das neuerbaute Artilleriearsenal. Der frühere Besitz des Erzherzogs Ferdinand wurde mit der Bezeichnung Ambraser Sammlung mit den übrigen Kunstgegenständen dieser Sammlung im unteren Belvedere aufgestellt.
Im Augenblick ist der ganze museale Kunstbesitz des kaiserlichen Hauses in das neuerbaute kunsthistorische Hofmuseum am Burgring übertragen. Dadurch ist die Vereinigung beider Waffensammlungen, jener des Arsenales mit jener der Ambraser Sammlung, herbeigeführt worden und man ist soeben daran, den Gesamtbestand zu ordnen, eine Aufgabe, die, was die Abteilung der Waffen anbelangt, bereits durchgeführt ist.
Der hohe Wert dieser zu den hervorragendsten der Welt zählenden Sammlung besteht nicht allein in ihrem reichen Inhalt an künstlerisch hervorragenden Gegenständen, nicht in den, waffenwissenschaftlich betrachtet, hochinteressanten Formen derselben, sondern in ihrer historischen Bedeutung insofern, als in ihr eine ungemein große Zahl von Harnischen und Waffen berühmter Personen bewahrt werden. Die Richtigkeit der betreffenden Zuschreibungen ist durch zahlreiche Inventare, die bis in das Jahr 1580 hinaufreichen und nicht minder durch Bildwerke des 16. Jahrhunderts bis zur Evidenz erwiesen.
Die Sammlung enthält hauptsächlich Waffen vom Mittelalter bis zum Beginn des Dreißigjährigen Krieges; nur die Jagdwaffen reichen bis zum Anfang unseres Jahrhunderts. Ihr Gesamtstand ist etwas über 5000 Nummern. Einzig in ihrer Art erscheint sie in Bezug auf Turnierwaffen, darunter zahlreiche Unika; auf diesem kulturwissenschaftlichen Gebiet ist sie von einer Reichhaltigkeit und einem Formenreichtum, der unübertroffen dasteht.
Als eine wichtige Ergänzung dieser einzigen Sammlung ist die Bibliothek der kunsthistorischen Sammlungen des kaiserlichen Hauses anzusehen, die kulturhistorisch wichtige Bildhandschriften und Druckwerke über das Kriegs- und Turnierwesen, die Fecht- und Reitkunst etc. enthält.
21. Die Waffensammlung der Stadt Wien.
Die Waffensammlung der Stadt Wien ging aus der schon seit dem 15. Jahrhundert bestandenen städtischen Rüstkammer hervor, die sich um 1445 am alten Fleischmarkt bei St. Laurenz befand. Im Jahr 1562 erbaute die Stadt ein neues Zeughaus am Hof, das 1732 umgeändert und nach den Plänen Anton Ospels mit einer neuen Fassade versehen wurde. Im Jahr 1873 wurde die Sammlung anlässlich der Weltausstellung durch Kustos Leitner chronologisch geordnet. In den Jahren 1885 und 1886 veranlasste die Gemeinde deren Übertragung in das neuerbaute Rathaus und deren organische Einfügung in das historische Museum der Stadt, dessen IV. Abteilung sie bildet.
Die Sammlung besitzt außer einer sehr bedeutenden Anzahl von Setztartschen nicht viele Waffen aus dem 15. und dem Anfang des 16. Jahrhunderts. Ungemein reichhaltig ist sie aber an Stücken aus der Zeit nach 1540, die zwar von gemeiner Art, aber doch kulturgeschichtlich äußerst interessant sind. Bemerkenswert ist der Bestand an türkischen Waffen, Trophäen von 1683, nicht minder die Abteilung, die die Bewaffnung der Bürgerwehr vom 18. Jahrhundert bis zum Jahr 1848 enthält. Die Sammlung umfasst etwa 1500 Nummern.
Außer den vorerwähnten bedeutenderen öffentlichen Waffensammlungen in Europa zählen wir eine geradezu ungeheure Zahl von solchen, die sich im Privatbesitz befinden. In Frankreich sind die Sammlungen Arosa, Spitzer und W. H. Riggs zu den wertvollsten zu rechnen; sie genießen wegen ihrer unschätzbaren Kunstwaffen einen Weltruf. In England zählte schon Leber6 um 1840 an 20 Privatsammlungen von größerer Bedeutung, so jene von Cristy zu London, jene im Schloss Warwick und die Sammlung Neville in Andley-End u. v. a. Eine der bedeutendsten ist die Waffensammlung der Königin zu Windsor. In Belgien und den Niederlanden sind die Sammlungen M. Nuyt, Delpier und Van Zuylen in Brüssel und die Sammlung J. P. Six in Amsterdam hervorzuheben. In Italien bezeichnen wir das Museo Filangieri im Palazzo Como zu Neapel. Die Sammlung Poldi-Pezzoli und Carlo Bazzero in Mailand und die Sammlung Raoul Richards in Rom, welche leider vor kurzem unter den Hammer gekommen ist. In Spanien dürfte die Sammlung des Marquis von Villa-Secca in Madrid als die hervorragendste anzusehen sein.
Nicht minder ist Deutschland reich an bedeutenden Privatsammlungen. Wir nennen die des Fürsten Fugger-Babenhausen und von Soeter in Augsburg, des Franz Lipperheide in Berlin, des Baron Rothschild in Frankfurt a. M., Renné in Konstanz, Spengel und Hefner-Alteneck in München, Töchtermann in Freiburg, Wittmann in Geisenheim, Fleischhauer in Colmar, Forscher in Hautzenbücher und Lilienthal in Elberfeld. Die Sammlung im Schloss Monbijou in Berlin und im Schloss Löwenburg auf der Wilhelmshöhe bei Kassel und Klemm in Dresden u. v. a. In Schweden ist die durch den Feldmarschall Gustav Wrangel gegründete Sammlung im Schloss Skokloster am Mälarsee zu verzeichnen; sie ist gegenwärtig im Besitz des Grafen von Brahe. Ferner gedenken wir des Museums von Christiania, jenes K. Karls XV. in Stockholm, ferner die Sammlung Hammer ebendaselbst.
In der Schweiz hat fast jede der Kantonhauptstädte seine kleine aber wertvolle Waffensammlung, namentlich Genf, Luzern, Solothurn, Schaffhausen und das Gymnasium zu Murten. In Russland haben wir noch das Waffenmuseum in Moskau hervor.
In der österreich-ungarischen Monarchie hat sich noch aus alter Zeit ein ansehnlicher Besitz an alten Waffen erhalten. Besonders finden sich noch in einzelnen Schlössern Tirols namhafte Sammlungen als Reste alter Rüstkammern; zu den wertvollsten zählen die des Grafen Trapp in Churburg und des Grafen Enzenberg in Schloss Tratzberg im Unterinntal. Aber auch in Böhmen, Österreich und Steiermark finden sich sehr bemerkenswerte Sammlungen, wie die der Stadt Eger, die des Grafen Breuner in Grafenegg, und des Grafen H. Wilczek in Seebarn in Niederösterreich, Az in Linz, Fürst Lobkowitz in Raudnitz u. v. a. Nicht minder wertvoll sind die Sammlungen des Fürsten Johann Liechtenstein in Sebenstein und Feldsberg, jene zu Frauenberg in Böhmen, dem Fürsten Adolf Schwarzenberg gehörig, des Grafen Attems zu Graz u. a. Unvergleichlich schöne und kunstreich gearbeitete Waffen besitzt Baron Nathanael Rothschild in Wien. Einzig in ihrer Art und reich an kostbaren italienischen Prunkwaffen ist die Sammlung Modena in Wien, gegenwärtig im Besitz des Erzherzogs Franz von Österreich-Este. In Ungarn, wo übrigens ein reicher Besitz von Waffen, meist aus den Türkenkriegen herrührend, auf zahlreichen Schlössern verstreut sich findet, ist die fürstliche Essterhazysche Sammlung in Forchtenstein zu den ausgedehntesten und interessantesten zu zählen.
1Seit 1733 ist sie in der königl. Stallgalerie aufgestellt.
2Würdinger, J., Das königl. bayr. Armeemuseum etc. 1882.
3Die Sammlung vom Schloss Pierrefonds wurde von Napoleon III. 1861 gegründet. Sie bestand zum größten Teil aus der angekauften Sammlung des Fürsten Soltikoff, dann aus gelegentlichen Erwerbungen des Kaisers, endlich aus Objekten, die dem Musée du Louvre gehörten, das eine Domäne des Staates ist. Der Katalog von Penguilly l’Haridon 1867 ist nicht im Buchhandel erschienen.
4E. du Sommerard, Catalogue du Musée de Cluny. Paris 1877.
5Nach dem sehr tüchtig gearbeiteten Guide des Conservatorsca. A. Ossbahr. Stockholm 1889. Nach dem sehr tüchtig gearbeiteten Guide des Conservatorsca. A. Ossbahr. Stockholm 1889.
6Leber, Fr. v., Wiens kais. Zeughaus, 1844.
Textquelle: Wendelin Boeheim "Handbuch der Waffenkunde"
Bildquelle: Album hervorragender Gegenstände aus der Waffensammlung des allerhöchsten Kaiserhauses