"Das ist eine lustige Geschichte. Hattet Ihr nichts davon gehört? Die von Beelitz zankten schon seit einem Jahre mit dem Schneider Wiedeband. Er war ein Gewandschneider, ein kleiner Mann nur,
aber er hatte es dick sitzen im Kopf. Sagte es laut bei allen Zechen: "Kleider machen Leute, also da der Schneider die Kleider macht, macht der Schneider auch die Stände." Schneiderte sich selbst
Kappen und Mäntel und Hosen, wie Ratsleute und Junker; sooft ihn auch der Rat darum strafte, er stolzierte darin um und sie brauchten ihn, denn keiner verstand besser mit der Schere umzugehen.
Sonst hätten sie ihn längst ins Elend geschickt, aber er sagte, seine Amme hätte es ihm an der Wiege prophezeit, dass er als Ritter sterben würde.
Nun hatte er den Ratsherren ihre Mäntel zugeschnitten. Aber ehe ein halbes Jahr um war, wurde das Tuch mürbe und riss. Die von Beelitz machten ein furchtbares Geschrei, aber er schrie zurück. Die
sagten, er hätte das Zeug mit dem Bügel verbrannt. Er sagte, sie hätten ihm verbranntes Tuch geliefert. Getagefahrtet ward von einem Schöppenstuhl zum anderen bis die Köpfe lichterloh brannten.
Die Zeugen schlugen sich schon, die von Treuenbrietzen, von Jüterbog, selbst die von Wittenberg mischten sich drein.
Endlich waren alle einig, die Itzigkeit könne das nicht abtun und Wiedeband sagte den Beelitzern ab. Das kam vielen damals kurios vor, dass ein Schneiderlein einer Stadt dürfe einen Fehdebrief
schicken. In Leipzig und Wittenberg haben sie darüber vor der Fakultät gestritten, ob es ging. Aber es ging.
Das Schneiderlein hatte seinen Anhang und mit seinen Gesellen von der Schere tat er ihnen manchen Schnitt, wo sie es nicht vermuteten. In Jüterbog hatte er ein festes Haus und saß wie ein Ritter
und, was wirklich eine Schande ist, die sächsischen Herren drüben, weil sie den Beelitzern Übles wollten, aus purer Scheelsucht, hielten ihn, als wäre er einer von ihnen. Er durfte in Sporen und
Federhut aus- und einreiten auf ihren Schlössern und sie liehen ihm manches Stück Ross und Zeug zum Schaden der von Beelitz.
Hätte er sich nur begnügt, ihnen aufzulauern und ihre Leute zu werfen, so hätte er es manches Jahr treiben können, aber der Kamm schwoll ihm an und eines morgens rückte er mit einem hellen Haufen
vor ihr Tor. Da rief der Schneiderritter: Als sie ihm hätten gebranntes Tuch geliefert und dadurch gebranntes Herzeleid gemacht, so wollte er ihnen auch nen Brand zu riechen geben, daran Kind und
Kindeskind denken sollten. Und gesagt, getan, vor ihren Augen steckt er ihnen ihre Heide an und ehe sie nur aus dem Schlaf im Hemd und Haube kriechen konnten, brannten zehn Morgen Land weg. Es
wäre noch mehr Unglück geschehen, wäre kein Regen gekommen.
Nun aber wurden die von Beelitz fuchswild und lauerten ihm auf, wo sie konnten. Sie bestachen eine fahrende Frau, zu der er hielt, in Jüterbog in der Vorstadt, die ließ nachts die Knechte der
Beelitzer ins Haus und am Morgen, als er aufsprang, griffen ihn die Knechte, steckten ihn in ein Betttuch und warfen ihn auf nen Heuwagen. Ehe seine Freunde es merkten, waren sie mit gestreckten
Zügeln über die Grenze und Ihr mögt Euch denken, was das für Luft gab, als sie ihn im Sack durchs Tor fuhren. Ein Loch hatten sie reingeschnitten, da steckte er den Kopf raus und hatte noch die
Frechheit die Zunge rauszustrecken. Solchen Spaß haben sie in Beelitz ihr Lebtag nicht gehabt.
Sie wollten ihn schnell indizieren, aber da gab es neuen Spektakel. Hatte die Frechheit, er wollte sich nicht hängen lassen als ein Dieb und Mordbrenner, da er in offener Fehde mit ihnen gewesen
war. Und von den sächsischen Herren kamen ihm einige zu Hilfe. Die zeigten eine Urkunde vor, dass sie ihm ein verfallenes Burgrecht geschenkt oder verkauft hätten, also wäre er ein freier Mann
von drüben und hätte Recht gehabt ihnen Fehde zu machen. Die Beelitzer, wie man sich denken kann, bestritten es, er sein ein Stadtkind gewesen und geblieben, also ihn ihrem Bann. Das gab ein
neues Geschrei und Geschubse.
Endlich kam man überein, er sollte judiziert werden als ein Stadtkind, aber gehenkt als ein Ritter und da gab er sich drein. So hat das Schneiderlein bis zum Schluss seinen Willen gehabt und hat
es durchgesetzt, der Kerl, wer sollt es glauben, dass sie ihn henken mussten mit Sporen und Federhut. Ja, wäre es nach ihm gegangen, er hätte noch den Degen an der Seite behalten. Dass war denn
doch zu viel, auch die sächsischen Herren wollten es nicht. Nun baumelt er so in der Heide, die er angesteckt hatte. Hats aber wohl nimmer gedacht, dass ihm noch im Tode die Ehre würde, dass
unser Herr von Lindenberg den Schneider Wiedeband für sich ansähe."
Quelle: Die Hosen des Herrn von Bredow, Band 2 von W. Häring, Berlin 1860.
Weiterlesen ähnlicher Artikel: