Von Italien aus auf dem Weg über Spanien gelangt eine andere charakteristische Helmform nach Frankreich und Deutschland, die Sturmhaube (bourgignotte). Sie bildete sich zweifelsohne aus der italienischen Schallern heraus, mit der sie manche Ähnlichkeiten besitzt, vor der sie aber viele Vorteile voraushat.
Die Sturmhaube besteht im Wesentlichen aus dem Scheitelstück, welches, rückwärts stark eingezogen, einen ausgeschweiften steifen oder geschobenen Nackenschirm, vorn aber einen meist aufwärts gerichteten Sonnenschirm besitzt. Ursprünglich mit niederem Kamm, wird derselbe allmählich übertrieben hoch. An dem seitlich ausgeschnittenen Scheitelstück werden Backenstücke zum Schutz der Ohren befestigt, welche sich an Scharnieren bewegen. Zum Zweck des Hörens werden dieselben mit Löchern versehen, welche Gehörrosen heißen. Im Nacken unterhalb des Kammes befindet sich die Federhülse. Reichen diese Backenstücke nur bis an den Backenknochen, wo sie am Hals mittelst Riemen verbunden werden, dann benennt man die Haube eine offene. Schließen sie sich bis ans Kinn, dann bildet sich die geschlossene Sturmhaube. (Fig. 36.)
Italienische Sturmhauben unterscheiden sich von den deutschen im Allgemeinen dadurch, dass die ersteren mehr geschweifte Formen haben und dem antiken Helm der Römer ähnlich erscheinen. Sie erscheinen daselbst als Gegenstände des Luxus in phantasievoller Darstellung und reichster Ausstattung in Treibarbeit, Tausia und Vergoldung. Mailand, Florenz, später auch Bologna und Rom gelangen ihrer prachtvollen Sturmhauben wegen in allen Ländern zu ungemeinem Ruf. Aber auch in Deutschland, vornehmlich in Augsburg, werden reichgezierte Sturmhauben von künstlerischer Ausführung gefertigt. (Fig. 37.)
Fig. 36. Geschlossene Sturmhaube von einem Trabharnisch des Ritters Hans Fernberger von Auer (gest. 1584). Um 1550.
Fig. 37. Venetianische Sturmhaube, in Eisen getrieben, gebräunt und vergoldet. Die Backenstücke sind von alter, doch späterer Arbeit. Um 1560. Armeria Reale in Turin.
Die ältesten Sturmhauben der Zeit Karls V. besitzen drei niedere Kämme (Fig. 38); später bildet sich die deutsche Form heraus, die selbst in Spanien und Italien angetroffen wird. Anfänglich war die Sturmhaube nur eine Kopfbedeckung des Fußsöldners; bald aber wurde sie auch von den Befehlshabern der Landsknechttruppe getragen. Schon um 1530 wird sie ein Wechselstück zum Harnisch und hauptsächlich auf Märschen benutzt. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts tragen sie die leichten Reiter Italiens und Deutschlands wie der Niederlande. In der Reiterei wird um 1560 zur Sturmhaube ein Bart getragen, der, am Bruststück befestigt, die Form der Bärte von 1480 hatte, nur dass derselbe mehr vorwärtsgerichtet war (Fig. 39). Häufiger aber gewahrt man den Vorsteck- oder Anschnallbart, sogenannten Feldbart, der einem Visier ähnlich das Gesicht deckte, ein Verstärkungsstück, welches schon an geschlossenen Helmen des 15. Jahrhunderts in Anwendung gelangte (Fig. 40). Deutsche und niederländische Sturmhauben besitzen Feldbärte mit Halsreifen, die, angeschnallt oder mittelst Häkchen an den Backenstücken befestigt, der Haube ganz das Aussehen eines geschlossenen Helmes geben. (Fig. 41.)
Fig. 37. Sturmhaube mit drei Kämmen aus blankem Eisen. Aus dem Heer Kaisers Karls V. Spanisch. Um 1530.
Sie sind gewöhnlich drei bis viermal abwärts geschoben, um sie nach Bedarf teilweise oder ganz öffnen zu können. Deutsche Sturmhauben werden bis ins 17. Jahrhundert in allen Heeren, selbst den italienischen getragen. Schon um die Mitte des 16. Jahrhunderts erscheinen geschlossene Helme, welche die alte Helmform mit jener der Sturmhauben vereinigen. Die Varianten darin sind ungemein zahlreich. Am Ende des 16. Jahrhunderts erscheint die deutsche Sturmhaube häufig unter der Bezeichnung Pickelhaube, Beckelhaube, die sich ohne Zweifel von dem Wort Becken herleitet und nur unter den vielsprachigen Söldnern korrumpiert wurde. (Fig. 42.) Von etwa 1650 an wird in allen Heeren Europas eine Sturmhaube angenommen, welche von orientalischen, zunächst ungarischen Formen sich ableitet, weil sie aber in dieser Form zuerst im österreichischen Heer getragen wurde, auch österreichische Sturmhaube genannt wurde. Es ist interessant, die Wandlungen, welche dieselbe auf ihrem Weg vom Orient her erfahren hatte, zu verfolgen. Den Orientalen war von ältesten Zeiten an ein Helm ohne Gesichts-1 und anfänglich auch ohne Nackenschirm eigen, der in leichter konvex-konkaver Schweifung spitzig zulief. (Fig. 43.)
1 Der Mohamedaner sollte nie eine Kopfbedeckung tragen, welche ihn daran hindert, im Gebet mit der Stirn den Boden zu berühren. Aus diesem Grund wird man viele orientalische Helme ohne Gesichtsschirme antreffen. Man hat sich aber nicht immer an diese Vorschriften gehalten, wie zahllose Beispiele erweisen.
Fig. 39. Deutsche Sturmhaube mit an dem Bruststück befestigten sogenannten „fürfallendem“ Bart von einem Landsknechtharnisch des Lazarus Schwendi (1522—1584). Um 1560.
Diesen türkischen Helmen (kulâh) war vorn ein kürzeres, rückwärts ein längeres, tief in den Nacken fallendes Stück Panzerzeug angeheftet (eine Art Helmbrünne), von welchen das vordere, über das Gesicht fallend, nach altarabischer Art zugleich das Visier ersetzte. Mit solchen Helmen waren die Tschebelis oder Panzerreiter und die Tartaren bis ins vorige Jahrhundert ausgerüstet. Daneben erscheint im türkischen Heer eine andere Art Helme, welche, was die Glockenform betrifft, den oben erwähnten gleichen und nur einige besondere Zutaten aufweisen. Man benennt dieselben türkische Sturmhauben. Sie charakterisieren sich zunächst durch den gerade vorstehenden, spitz geschnittenen Augenschirm und das durch selben gesteckte Naseneisen, welches, beweglich, nach auf- oder abwärts geschoben und in jeder Stellung mittelst einer Schraube festgestellt werden konnte. Der rückwärtige Teil wurde durch einen Nackenschirm geschützt, der im 16. Jahrhundert noch mittelst kurzen Kettchens an der Haube hing, später aber mittelst Folgenriemen mit selber in Verbindung stand. (Fig. 44.) Derlei Sturmhauben finden sich auch bei Janitscharen, solchen ist gemeiniglich an der Vorderseite eine lange Hülse beigegeben, in welcher der hohe Federbusch, zuweilen aber auch das Attribut der Truppe, der „Löffel“, steckte. Vornehme Türken und Befehlshaber pflegten im Felde, um den Janitscharen zu gefallen, häufig derlei Sturmhauben zu tragen.
Fig. 40. Sturmhaube zu einem halben Harnisch des Franz von Castelalto (gest. 1550). Der einmal abschlächtige Bart ist selbständig an den Harnischkragen zu befestigen und läuft rings um denselben. Darüber ist die Sturmhaube gesetzt. Arbeit um 1525.
Fig. 41. Geschlossene deutsche Sturmhaube mit Absteckvisier. Die oberste Folge des Visiers ist herabgeschlagen gezeichnet. Vom Harnisch Kaiser Ferdinands I., genannt „mit den Rosenblättern“, um 1560. Vermutlich Arbeit des Hans Rosenberger in Dresden.
So erscheinen die türkischen Helme schon am Anfang des 16. Jahrhunderts und bleiben in dieser Form, wie wir an zahlreichen Trophäenstücken ersehen, bis an das Ende des 17. Jahrhunderts, ja noch länger, nur merkt man später die Hinneigung, die Glocke niederer und halbkugelförmig zu gestalten. Die Russen, Polen und Ungarn, welche die türkische Sturmhaube angenommen hatten, bildeten dieselbe nach ihrem nationalen Geschmack um. Die Unterschiede in den Formen sind in den verschiedenen Nationen gering, doch werden sie in der Regel deutlich als moskowitische, polnische und hussarische Sturmhauben unterschieden. Um 1590 erscheinen alle derlei orientalische Sturmhauben unter der Benennung „Zischägge“, welche sie vereinzelt noch bis ins 17. Jahrhundert beibehalten.
Fig. 42. Offene Sturmhaube mit geschobenem Nackenschirm, aufschlächtigem Sonnenschirm und geschobenem Sturmband. Arbeit des Nürnberger Plattners Mert. Rotschmid (gest. 1597). Ende 16. Jahrhundert. Landeszeughaus in Graz.
Fig. 43. Gemeine tartarische Sturmhaube mit aus zwei Stücken roh zusammengenieteter Glocke und Gesichtsschirm. 16. Jahrhundert. Museo Poldi-Pezzoli in Mailand.
Von Polen aus gelangen die Zischäggen nach Sachsen, von Ungarn nach Österreich und Bayern, und von da in alle Heere, nicht ohne in selben Umbildungen zu erfahren. So erhalten sie in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts, als die Allongeperücken Mode wurden, diesen großen Frisuren entsprechende umfangreiche Nackenschirme. Die polnischen Reiter fügten auch zu dieser Sturmhaube ein Zierstück, wie ein ähnliches sie schon auf Helmen des 15. Jahrhunderts getragen hatten: die Flügel aus Eisenblech, welche an beiden Seiten der Haube angenietet wurden. (Fig. 45.)
So entstand die neue Sturmhaube, die in kurzer Zeit in allen Heeren getragen wurde. Sie findet sich ebensowohl bei dem Fußvolk, namentlich bei den Pickenieren, als bei den leichten Reitern, Arkebusieren, Jägern u. dgl. und verschwindet erst am Ende des 17. Jahrhunderts. (Fig. 46.)
Fig. 44. Türkische Sturmhaube (Zischägge) des Großveziers Mehmed Sokolowitsch (ermordet 1579) aus Eisen mit reichen Verzierungen in Goldtausia. Gesichts- und Nackenschirm sind mittelst Drehstiften abzustecken. Um 1560.
Fig. 45. Polnische Sturmhaube mit Verzierungen in vergoldeter Ätzung. 16. Jahrhundert, 2. Hälfte. Museum zu Zarskoë-Selo.
Es ist nach dem Gang der Entwicklung des Helmes und seiner Formenwandlungen kaum zu betonen, dass die türkische Sturmhaube kein Waffenstück ist, welches diesem orientalischen Volk allein angehört. Es erweist sich dies schon genügend dadurch, dass die Zischäggenform in ihren charakteristischsten Teilen ebensowohl bei den Persern, als den Indern, Tscherkessen usw. auftritt. Zweifelsohne hat sie in Persien ihre Urheimat. (Fig. 47 und 48.)
In den Sammlungen finden sich ziemlich häufig Helme verschiedener Formen der 2. Hälfte des 16. und des 17. Jahrhunderts und auch Sturmhauben von ungemeiner Schwere. Dieselben dienten nicht für den Gebrauch in offener Schlacht, sondern zum Schutz in den Laufgräben beim Angriff von Festungen. Im 17. Jahrhundert, der Periode der Entwicklung des methodischen Angriffes der Festungen, fand es jeder Befehlshaber für unausweichlich, neben seinen Feldharnischen noch einen Tranchéeharnisch oder wenigstens eine sogenannte schwere Tranchéehaube zu besitzen. In Frankreich wurden letztere noch bis 1840 von den Genietruppen benutzt.
Fig. 46. Zischägge des Herzogs Karl III. von Lothringen (1540—1608), gekehlt, graviert, geätzt, vergoldet und mit Halbedelsteinen besetzt. Ungarische Arbeit um 1580.
Im 17. Jahrhundert, als die Brustharnische bei vielen Truppen in Abnahme kamen, suchte man mit dem Helm zugleich auch den Hals vor dem Hieb zu decken, wozu man, von den Unterrändern ausgehend, Spangen anwendete, welche bis an die Schultern herabreichten. Es finden sich sowohl Sturmhauben als Eisenhüte mit derlei Vorrichtungen, die ihrem Zweck wenig entsprachen und darum auch bald wieder verschwanden. (Fig. 49.)
Neben der Sturmhaube kommt um 1520 eine andere kriegerische Kopfbedeckung auf, deren Heimat, wie es scheint, Spanien ist, später aber im Fußvolk aller westlichen Nationen zu finden, ja selbst in der Ritterschaft für den täglichen Gebrauch nicht unbeliebt war, der Morion, im Spanischen morrion. Woher die Bezeichnung stammt, ist unbekannt, möglich, dass er sich von einer unter den Mauren üblichen Form oder von dem spanischen morro herleitet, welches so viel wie cranium, Schädeldach, bedeutet. Der Name, vermutlich für eine andere Helmform, kommt schon im 14. Jahrhundert im Manuskript des Froissart vor, doch ist nicht zu verschweigen, dass Fronsperger in seinem Kriegsbuch die maurischen Fußsoldaten „Morianische Fußknecht“ benennt1. Der Morion des 16. Jahrhunderts ist eine hohe, etwas spitz getriebene Haube mit über die Mitte laufendem Grat oder auch eine halbkugelförmige Haube mit verschieden hohem Kamm, deren Krempen nach vorn und rückwärts derart aufgebogen sind, dass sie beiderseits in gleich gestalteten Spitzen enden. (Fig. 50.) Der Morion ist ersichtlich weniger aus der Kriegserfahrung erwachsen, als ein Ergebnis einer soldatischen Phantasie; er wird in den Heeren Karls V. anfänglich im Fußvolk allgemein getragen, später legten ihn die Schützen ab, da er sich für sie als nicht praktisch erwies. In manchen Ländern, wie in Italien, werden ihm kurze, geschobene Backenstücke beigegeben. Der Morion, dessen Kamm allmählich höher bis zur Übertreibung gefertigt wird, erhält sich bis in die ersten Jahrzehnte des 17. Jahrhunderts. Das Passauer Kriegsvolk war noch 1603 damit ausgerüstet. (Fig. 51.)
1 Fronsperger, Leonhard, Kriegsbuch, III. Teil. 1573, fol. CXXXIX.
Fig. 47. Indische Sturmhaube mit durchbrochenen Metallverzierungen auf rotem Grund. Museum zu Zarskoë-Selo.
Fig. 48. Tscherkessische Sturmhaube mit tauschierten Verzierungen und mit Seidenstoff überzogenem Kettengehänge. Museum zu Zarskoë-Selo.
Besonders häufig treffen wir ihn als Kopfbedeckung der Helmbardiere und Trabanten an den Höfen, aber auch vieler deutscher Bürgermilizen. Der Schutz des Kopfes mittelst eines eisernen Helmes erschien als eine allgemeine Notwendigkeit, dem Schützen aber, der sein Feuerrohr an die Backe anlegen musste, wurde der Morion, noch mehr aber die Sturmhaube, unbequem. Das war die Ursache, dass dieselben um 1550 eine eigene leichte Art Helme erhielten, die man sonderbarerweise gleichfalls Gugeln, auch Schützenhauben oder Häubel nannte, wiewohl dieselben in der Form und Tragart mit den alten Gugeln wenig gemein haben. Die Gugel besteht aus einer spitzen Haube mit darüber laufenden flachen Grat und sehr schmalen, meist gerade vorstehenden, seltener vorn und rückwärts etwas aufgebogenen Krempen. Zuweilen besitzen dieselben schmale, geschobene Backenstücke, die unter dem Kinn gebunden werden, und selbst Nackenschirme. (Fig. 52.) Letztere bezeichnete man um 1580 als „Gugeln mit Biberschwänzen“. Läuft die Haube oberhalb in einen Stiel aus, der nach rückwärts abgebogen ist, so erscheint sie auch unter dem Namen Birnenhelm. Die Gugeln der späteren Periode verschwinden um 1640. Im 16. Jahrhundert wurden sie vielfach auch von Vornehmen getragen. Karl V. trug einen Birnenhelm, König Franz I., Herzog Philipp Emanuel von Savoyen u. a. Gugeln, besonders in italienischen und französischen Heeren treten sie häufig auf. Endlich sei hier noch der sogenannten Hirnhauben Erwähnung gemacht, welche von der Reiterei zum Schutz des Kopfes unter den Filzhüten getragen wurden. Sie erscheinen allgemein um 1640 und besitzen die Form einer Halbkugel mit seichten Ausschnitten anstelle der Ohren. (Fig. 53.)
Fig. 49. Eisenkappe für leichte Reiter in blankem Eisen mit in Scharnieren haftenden, nach abwärts reichenden Spangen. 17. Jahrhundert. Museum zu Zarskoë-Selo.
Die ersten Nachrichten über die Hirnhaube gelangen schon im 16. Jahrhundert aus Italien zu uns, wo sie unter dem Namen cervelliera, aber auch segretta in testa auftritt. In den italienischen Städten wurde es nämlich Sitte, unter den Hüten und Baretten Blechstücke zu tragen, welche nach der Form des Scheitels getrieben und nicht selten auch mit 5 bis 7 eisernen Spitzen versehen waren. Eine derlei segretta findet sich in der k. k. Hof-Waffensammlung zu Wien. (Fig. 54.)
Fig. 50. Morion mit geätzten und vergoldeten Verzierungen, mit dem Wappen der venetianischen Patrizierfamilie Da Mula. 16. Jahrhundert, Mitte. Italienisch.
Die dekorative Ausstattung der Helme wird schon im 8. Jahrhundert Sitte. Bis ins 15. Jahrhundert, in welchem der Helm ein Bestandteil des Plattenharnisches zu werden beginnt, tritt dieselbe unabhängig von den übrigen Schutzwaffen auf, von da an steht sie in den meisten Fällen im Einklang mit selben.
Die Verzierung der ältesten Helme besteht zumeist in Beschlägen aus Gold oder stark zinnhaltiger Bronze, die auch in durchbrochener Arbeit auftritt. Ornamente und figurale Ausschmückungen werden in noch ziemlich roher Punzentechnik, aber mit vielem Gefühl für Wirksamkeit ausgeführt. Derlei Darstellungen sehen sich wie flache Reliefs an und der Zeitstil der Kunst ist in diesen rohen Produkten deutlich ausgedrückt. Das Streben, den Wert des Gegenstandes, wie dessen Eindruck durch Beigabe von Edelsteinen zu erhöhen, ist schon in der Zeit der Karolinger bemerkbar. Getriebene Arbeit im Relief scheint anfänglich nur in Kupfer geübt worden zu sein, in Eisen tritt sie erst am Ende des Mittelalters auf. Im 14. Jahrhundert begegnet man häufig Verzierungen in gehauener Technik, die in Messing oder Gold eingelegt sind; es ist dies die älteste Tausia im Abendland, die als eine ungelenke Nachahmung orientalischer Technik anzusehen ist. Die Vergoldung wird im 13. Jahrhundert vorwiegend in Italien und Spanien geübt, sie gilt bis ans Ende des Mittelalters als eine geheime Kunst. Um die Mitte des 15. Jahrhunderts beginnt man die Verzierungen mittelst des Grabstichels darzustellen. Erst am Ende desselben werden Versuche merkbar, dieselben in Ätzung wiederzugeben. Die Kunsthistoriker setzen den Beginn dieser Technik zu spät an, eine Vertiefung der Grabstichelschnitte mittelst Ätzwasser ist schon an Helmen und anderen Schutzwaffen um 1460 nachzuweisen. Von ungefähr 1500 datiert der Rundschild Maximilians I. in der k. k. Waffensammlung zu Wien, welcher eine Hochätzung zeigt, welche die äußerste Gewandtheit in dieser Technik voraussetzt.
Fig. 51. Morion geschwärzt mit blankem Kamm und getriebenen blanken Verzierungen. Kopfbedeckung eines Weibels im Passauer Kriegsheer des Erzherzogs Leopold V. Um 1603. Deutsch.
Fig. 52. Gemeine Schützenhaube. Ende 16. Jahrhundert. Zeughaus zu Graz.
Wenn sich auch keine Proben aus ältester Zeit mehr erhalten haben, so ist doch anzunehmen, dass das Bemalen der Helme schon um die Mitte des 12. Jahrhunderts üblich war. Bildliche Beispiele haben sich namentlich an Turnierhelmen vom 15. Jahrhundert an erhalten. Die Motive sind zumeist heraldisch. Es finden sich aber in den Sammlungen auch Schallern vom Ende des 15. und Helme des 16. Jahrhunderts mit charakteristischen Malereien ausgestattet. Über das Schwärzen und Bläuen der Harnische und über die Ursache desselben werden wir an einem anderen Ort nähere Erklärungen anfügen, aber über eine andere spezielle Ausstattung, die lediglich nur den Helm betrifft, ist es nötig, uns näher auszusprechen. Schon im 14. Jahrhundert treten, zuerst in Italien, mit Stoff überzogene Eisenhüte und Helme auf, wie wir aus Gemälden ersehen. Die italische Sonne erhitzte das Metall in so hohem Grad, dass eine derartige ausgiebige Vorsorge selbst dann begreiflich erscheint, wenn man, wie doch anzunehmen, jeden Helm mit einer dicken Fütterung, dem Helmfutter (harnaschhaube), ausgestattet sich vorstellt. Diese Neuerung fand ein umso regeres Entgegenkommen in den italienischen Städten, als durch selbe erzielt wurde, dem Helm den Anschein eines bürgerlichen Kleidungsstückes zu geben. So sehen wir in den Sammlungen italienische Schallern und später Sturmhauben, welche entweder noch den originalen Überzug aus Samt oder Seide besitzen oder doch durch die an den Rändern befindlichen kleinen Löcher erkennen lassen, dass sie einst überzogen waren. Diese praktische Einrichtung fand auch im 16. Jahrhundert Eingang in die Truppenkörper namentlich der italienischen und spanischen, aber auch die leichte Reiterei in Deutschland war mit solchen überzogenen Helmen um 1570 ausgerüstet.
Fig. 53. Gemeine Hirnhaube eines deutschen Reiters um 1640. K. k. Heeresmuseum im Wien.
Fig. 54. Hirnhaube (segretta in testa) mit fünf Spitzen, geschwärzt und mit geschobenen kleinen Backenstücken. Italienisch. 16. Jahrhundert, zweite Hälfte.
Die große Schwierigkeit der Fertigung der Helme brachte schon im frühesten Mittelalter die Helmschmiede zu hohem Ansehen. Die Technik des Austreibens der Glocke entwickelte sich vom Anfang des 16. Jahrhunderts in solchem Grad, dass die Arbeiter nicht nur die Scheitelstücke, sondern aus diesen auch 10 bis 12 cm hohe Kämme heraustrieben. Erst im 16. Jahrhundert lässt diese Fertigkeit nach, der große Bedarf an Helmen, die Zunahme des Wertes der menschlichen Arbeit, beide Faktoren trieben die Preise der getriebenen Helme zu unerschwinglicher Höhe hinauf. Man suchte sich zu helfen und fertigte die Helme, Sturmhauben, Morions und Gugeln, aus zwei Hälften, die dann zu einem Ganzen zusammengenietet und verschweisst wurden. Derlei Stücke haben natürlich auch für den Sammler einen minderen Wert, da sie nicht aus dem Stück, sondern aus vorbereitetem Schlagblech getrieben sind.
Bevor wir diesen Abschnitt schließen, mögen noch einige Worte über die Sitte hier angeführt werden, die Helme und hier besonders jene zum Turniergebrauch mit Federn oder federartig gestalteten Aufsätzen zu zieren. Bis ans Ende des 15. Jahrhunderts begegnet man und besonders an Turnierzeugen den plastischen Zimieren. Mit diesen aber kommen schon häufig kleinere und größere Federbüsche (pennacchio, penacho) in Verbindung. Im Krieg wurden, als die Söldnerheere sich mehr entwickelten, nur kleine Federbüsche oder auch nur Laubwerk auf den Helmen und Hauben getragen. Die Befestigung erfolgte bei Helmen, Sturmhauben, Morions und Gugeln, rückwärts, bei Eisenhüten und Kappen gewöhnlich seitwärts, wozu eigene Federhülsen angebracht waren. Letztere bestehen bei deutschen Helmen und Hauben aus verzierten Hülsen aus Messing, bei italienischen zuweilen auch aus schildförmigen, ornamentierten, stark ausgebauchten Plättchen, die den italienischen Kartouchen ähnlich geformt sind. In der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts wurde es in Italien Mode, bei festlichen Aufzügen, Turnieren und dergl. auf den Helmen riesige Federbüsche von Meterhöhe, ganze Systeme auf den Helmen zu tragen, die in seltensten Fällen aus wirklichen Federn, sondern aus Imitationen von Seide oder Schafwolle bestanden. Diese etwas barocke Sitte verbreitete sich auch an die deutschen Höfe. Zur Befestigung dieser monströsen und schweren Verzierungen mussten die Helme eigene Vorrichtungen auf den Kämmen besitzen. Von diesen mechanischen Vorrichtungen haben sich noch einige in den Sammlungen erhalten, bei vielen Helmen finden sich aber noch die Spuren ihrer einstigen Existenz. Mit dem Beginn des Dreißigjährigen Krieges verschwindet auch diese Mode. (Fig. 55.)
Fig. 55. Vorrichtung für die Befestigung eines Helmschmuckes an einem geschlossenen Helm. Italienisch. 16. Jahrhundert, zweite Hälfte. Sammlung C. Bazzero in Mailand.
Nebst diesen Vorrichtungen zum Feststellen des Helmschmuckes finden sich auch zuweilen bei Helmen und Sturmhauben, namentlich älteren bis etwa 1520 andere Eigentümlichkeiten, welche eine Erwähnung verdienen. Solche sind zunächst die Schnürlöcher für die Helmhaube. Unterhalb des Helmes wurden nämlich anfänglich stark gefütterte Hauben aus Zwilch oder Leder getragen. Um diese nun bequem zurechtschieben, Falten ausgleichen zu können etc., waren rückwärts an den Seiten derselben Lederriemchen genäht, welche durch entsprechende Löcher im Helm gezogen und außerhalb gebunden wurden. Diese stets paarweise auftretenden, häufig mit Messing gefütterten Schnürlöcher finden sich an späteren Stechhelmen, wie auch an geschlossenen Helmen fürs Feld und selbst an Sturmhauben vom Anfang des 16. Jahrhunderts. Das Streben, dem Kopf unter dem Helm Luft zuzuführen und die Qual der Hitze im Sonnenbrand zu mäßigen, führte am Beginn des 16. Jahrhunderts dahin, das Scheitelstück siebartig zu durchlöchern. Solche Helme kommen uns schon um 1510 vor Augen, man findet aber auch solche durchlöcherte Helme für das Fußturnier bis 1570.
Fortsetzung Die Schutzwaffen: Der Harnischkragen
Quelle: Wendelin Boeheims "Handbuch der Waffenkunde" von 1890.