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Der Teufel als Mittel der Politik

Das Verhör bei einem Hexenprozess samt Folter

Betrachten wir jetzt das Unsinnige des Frevels etwas näher. Bis heute ist es dem Klerus nicht möglich gewesen, nur die Existenz des Teufels in glaubhafter Weise zu beweisen. Derselbe wurde schon sooft gerufen, erschien aber noch niemals. Ja, welch ein Triumph für die Kirche, wenn die Priester nur ein einziges Mal bei einer feierlichen Gelegenheit, etwa vor der Volksvertretung einer Nation, den ehrsamen Höllenfürsten präsentieren könnten. Wären sie dazu imstande, so hätten sie es ganz gewiss längst getan, das wäre doch endlich wenigstens ein greifbarer Beweis, dass ihr ganzes Fabrikat mehr sei als Gaukelei und Schwindel. Aber was die ganze Priesterschaft mit Papst und Bischöfen mit all ihrer Fertigkeit in „Beschwören“ nicht vermag, das soll das nächste beste alte Weib oder irgendein einzelner Mensch vermögen und tausendfach getan haben! Wie tief müssen die Schurken gesunken sein, die der Menschheit solchen Blödsinn vorzugaukeln fähig sind, wie tief aber auch ein Volk, welches sich so etwas als „göttliche Wahrheit“ bieten lässt!


Die Kirche lehrt, der Teufel sei ein Geist und ein Geist habe gar keinen Leib. Und nun kommt in der Hexenbulle plötzlich die päpstliche Weisheit und entdeckt, dass der Teufel nicht nur einen Leib habe, sondern auch sogar männliche und weibliche Geschlechtsteile, dass es unter den Teufeln männliche und weibliche Wesen gebe. Wer kann es an dieser interessanten Entdeckung nicht mit Händen greifen, welch ein „heiliger Geist“ das sein muss, der den „Statthalter Gottes auf Erden“ erleuchtet und auf welch solider Grundlage die erhabene päpstliche Unfehlbarkeit ruht.


Gerade für die Prüfung der letzteren ist die Sache von der höchsten Wichtigkeit. Die ganze Unfehlbarkeit steht und fällt mit der Hexenbulle. Denn offenbar ist die Frage, welche Gewalt und Eigenschaften den Teufel auszeichnen, ob die „Sünde“ des persönlichen Bündnisses und der fleischlichen Vermischung mit ihm möglich sei oder nicht, im hohen Grad ein Gegenstand des Glaubens und der Sitte. Da aber diese Frage ihrer Natur nach für die ganze Kirche die gleiche ist, so hat auch selbstverständlich ihre Beantwortung einen allgemeinen Charakter für die ganze Christenheit, denn was der Teufel in Deutschland kann, kann er auch in allen anderen Ländern. Es lässt sich nicht einmal behaupten, dass darin irgendein Unterschied vernünftig denkbar sei und dass das, was die Hexenbulle in die Gewalt des Teufels und die Möglichkeit menschlicher Beziehung zu ihm legt, irgendwelcher Trennung nach Nationen fähig sei. Der Teufel ist ja doch für die ganze Christenheit der gleiche „Teufel“. Folglich war auch die Hexenbulle schon ihrer Natur nach eine Entscheidung für die ganze Kirche.


Wir laden daher die Erzbischöfe und Bischöfe ein, die Behauptungen dieser Bulle gegenüber dem Unglauben der Gegenwart zu verteidigen. Die bevorstehenden Hirtenbriefe der Fastenzeit bieten ja eine so gute Gelegenheit dazu. Am Schluss dieses Werkes werden deshalb einige Fragen folgen, auf welche wir die Bischöfe und die klerikale Presse zur offenen und unzweideutigen Antwort herausfordern, falls sie nicht zu unehrlich und zu feige dazu sind und selber wissen und stillschweigend zugeben wollen, dass ihr ganzer Schwindelkram so viel Licht gar nicht ertragen könnte. Die gleiche Herausforderung ergeht hiermit selbstverständlich an die Herren Mucker, denn das Muckerpack mit seinen Anhängseln hat bezüglich des Hexenwesens noch viel mehr an der Menschheit gesündigt, als seine römischen Brüder. Weiter unten wird dieses ausführlich nachgewiesen und mit Tatsachen belegt werden, wir weisen hier nur deshalb schon darauf hin, damit löblicher Muckerquark nicht zu sehr von Schadenfreude über die Blamage seiner schwarzen Geschäftskonkurrenten erfüllt werde.


Die Kirche lehrt ferner, dass alles was auf der Welt geschehe, nach dem Willen Gottes so komme, dass ohne letzteren auch nicht einmal ein Haar vom Haupt des Menschen falle, dass eine göttliche Fürsehung alles leite und dass dieser Gott ein Gott der Liebe und Gerechtigkeit sei. Ganz unbedingt unvereinbar mit dieser christlichen Lehre sind die Behauptungen der Hexenbulle, welche Wind und Wetter, Blitz und Hagel, das Gedeihen von Menschen und Vieh, Zeugung und Unfruchtbarkeit, Leben und Tod in die Gewalt des Teufels und alter Weiber legte. Wenn die Hexenbulle recht hätte, wäre es ja Unsinn zu einem Gott zu beten, der so mächtige Nebenbuhler hat, welche seine ganze Schöpfung auf den Kopf stellen könnte. Vielmehr käme man viel kürzer zum Ziel, wenn man zur Erfüllung beliebiger Wünsche sich einfach mit der nächsten Hexe abfindet. Die kann ja nach der durch die päpstliche Unfehlbarkeit garantierten Hexenbulle so ziemlich alles bewirken, was der Mensch auf Erden braucht.


Ist also der ganze Hexenwahn schon nach den Lehren des Evangeliums selbst als offenbarer Blödsinn handgreiflich erkennbar, was soll man dann erst dazu sagen, wenn man ihn mit den Gesetzen der Naturwissenschaft und der gesunden Vernunft vergleicht. Die Naturwissenschaft kennt die Ursachen, aus welchen jede der Erscheinungen fließen, welche der Aberglaube auf Rechnung der Hexen schreibt, Gewitter und Hagel, Krankheiten, Ungeziefer und Misswuchs. Die Naturwissenschaft ist auch fast in jedem Fall imstande, die Beziehungen zwischen Ursachen und Wirkungen klar nachzuweisen. Vor ihrem Richterstuhl erscheint daher der ganze Hexenwahn mit allen seinen Gaukeleien als ein so schamloser Betrug, dass jeder zu der weiteren Frage gedrängt wird, ob wohl bei den Leuten, die sich ein solches Verbrechen gegen die Menschheit erlaubt und sie so hintergangen haben, bezüglich ihrer übrigen „Lehren“ und übernatürlichen Vorspiegelungen mehr Wahrheit und Ehrlichkeit anzunehmen sei.

 

Weiterlesen: Die Macht der Geistlichen im 13. Jahrhundert

Wasserfolter, Hexenverbrennung, Hexenverfolgung im Deutschen Reich

Quelle Bilder: "Die Folter in der deutschen Rechtspflege sonst und jetzt" von Quanter, Rudolf, 1900.

Textquelle: Geschichte der Hexen und Hexenprozesse, ISBN: 978-3746786117


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