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Das Erdbeben bei Basel 1356

Farbzeichnung von Basel 19. Jahrhundert

Der Lahme Reisende
Herzog Albrecht II., der Weise, gelangte im Jahr 1330 zur Regierung der österreichischen Länder und hatte bald danach, wie sein Vater Kaiser Albrecht I., das Unglück, bei der Tafel vergiftet zu werden. Da er in Folge dessen am ganzen Körper gelähmt und krüppelhaft wurde, erhielt er den zweiten Beinamen, der Lahme.


Für ihn war schon die Wegstrecke einer einzigen Meile ein weite und höchst beschwerliche Reise. Nichtsdestotrotz hat der für das Wohl seiner Völker so väterlich gesinnte Fürst in seinem gepolsterten Wagen liegend oder in einer Sänfte tragend, einige Reisen unternommen, welche damals selbst für den Gesunden mit großen Beschwerden verbunden waren.


Die von der treuherzigen Vaterlandsliebe beseelten Kärntner bestürmten den geliebten Landesfürsten mit wiederholten bitten, er wolle sie mit einem Besuch beglücken und ihre Huldigung persönlich nach altkärntnerischer Sitte empfangen.


Obgleich diese Reise in das Alpenland für den lahmen Herzog eine riesige und nicht ungefährliche Aufgabe war, entschloss er sich endlich doch im Sommer 1342, den so dringlichen Bittstellern huldreich zu willfahren und sich in ihrer Mitte tragen zu lassen.


Noch ungleich denkwürdiger ist die Reise oder vielmehr der Herrzug dieses lahmen, fast schon sechzigjährigen Fürsten in die österreichischen Vorlanden, gegen die Schweizerischen Eidgenossen, welche immer mehr habsburgische Gebiete an sich rissen.


Da die Stadt Zürich vor allen die derbste Züchtigung verdiente, lagerte sich der Herzog unter ihren festen Mauern, begann die Belagerung und entsendete seinen tapfersten Kriegsführer Walter Stadion mit einer Heeresabteilung gegen Basel, welches mit Zürich hochverräterische Verbindungen enggeknüpft hatte und ihn im Rücken bedrohte.


Da übernahm es am 18. Oktober 1356 der erzürnte Himmel, die treulose Stadt Basel durch ein Erdbeben der schrecklichsten Art furchtbar zu züchtigen. Nach zehn gewaltigen Stößen wurde die Rheinstadt in der kürzesten Zeit vom Grund aus zerstört, während nicht weniger als 84 Schlösser und Burgen ringsum in Schutt und Trümmer sanken.


Als man dem Herzog Albrecht II. die Botschaft von Basels Schicksal nach Zürich brachte und seine Heerführer äußerten, er möge diese günstige Gelegenheit der Rache nutzen, antwortete der hochherzige Habsburger: "Da sei Gott für, dass ich die schwer Heimgesuchten noch mehr betrübe und die vollends zerschmettere, welche Gottes Arm so schwer getroffen hat. Wir wollen ihnen vielmehr die Stadt wieder aufbauen helfen und sie mit Korn und Geld unterstützen!"

Undank ist der Weltlohn
Es ist bereits erzählt worden, dass die Stadt Basel hochverräterische Verbindungen mit Zürich unterhielt, während dieses vom Herzog Albrecht II. 1356 belagert wurde, wie es dann der erzürnte Himmel auf sich genommen hat, die treulose Rheinstadt dadurch Strenge zu züchtigen, dass er sie durch ein furchtbares Erdbeben zerstörte. Da rächte sich der hochherzige Habsburger an der unglücklichen Stadt dadurch, dass er 400 Arbeiter auf eigene Kosten dahin schickte, außerdem noch eine ansehnliche Summe Geldes und sogar Korn und viele andere Geschenke, um eine möglich ausgiebige Hilfe zu leisten.


Und welchen Dank hat neunzehn Jahre nachher das gelabte und wieder erstandene Basel dem würdigen Sohn des Herzogs Albrecht II. erstattet, dem Herzog Leopold III. dem Biedern oder Frommen genannt? Es war nämlich zwischen dem Bischof dieser Stadt und einem großen Teil ihrer Bewohner ein Zerwürfnis entstanden und endlich in eine blutige Fehde ausgeartet. Da kam der Herzog Leopold III., der edelste und tapferste Ritter seiner Zeit herbei, um das Recht des Kirchenfürsten zu verteidigen und ihm den Sieg zu verschaffen. Nachdem der Streit beigelegt und der Friede angebahnt zu sein schien, wurde nahe am Ufer des Rheins ein glänzendes Turnier gehalten.


Dies war für die geheimen Feinde des Bischofs und seines Verteidigers, der Herzogs von Österreich, die günstigste Gelegenheit, an dem letzteren blutige Reche zu nehmen. Sie bestachen und wiegelten den Pöbel der Stadt auf und erregten einen so tumultartigen Aufruhr, dass Herzog Leopold im dichtesten Gedränge und von allen Seiten feindlich angefallen in die äußerste Todesgefahr geriet.


Er war zu Pferde und sah zuletzt keinen anderen Ausweg der Rettung mehr, als dass er sich in vollem Harnisch mit seinem gleichfalls schwer gerüsteten Schlachtross kühn in den Rhein stürzte und durch Schwimmen das jenseitige Gestade zu erreichen suchte.


Der rohe, mordlustige Pöbel jubelte in dem Wahn, dass der Schwergepanzerte sicher sein Grab in den Wellen finden werde, sah sich aber bald darauf arg enttäuscht, als er sah, dass der durch die Gnade des Himmels wunderbar beschützte Fürst wohlbehalten an das jenseitige Ufer gelangte.

Textquelle: Zeitspiegel: Eine chronologische Ährenlese aus der österreichischen Völker- und Staaten-Geschichte. Zur Belehrung und Erheiterung für die reifere Jugend von Joseph Alois Moshamer 1866


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