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Die Explosion in der Apotheke

Explosion in der Apotheke

Der Unglücksfall

"Am Abend des 24. März 1832 nach 21 Uhr wurden die Bewohner der Vorstadt Neugarten bei Danzig durch eine Explosion erschreckt, die einem starken Kanonenschlag ähnlich war. Ein dicker Qualm, der gleich darauf aus der dort befindlichen Apotheke hervorbrach, bezeichnete diese bald als den Ort eines sich ereigneten Unglücks, dessen Opfer der Besitzer dieser Apotheke, Herr F. R. Weiß, ein berühmter Botaniker und Chemiker, gewesen war. Zur vorgenannten Stunde war derselbe aus der Ressource zurückgekehrt und hatte sich in seinem, dicht neben dem Laboratorium befindlichen Geschäfts- und Studierzimmer noch mit der Zermalmung eines halben Pfundes chlorsauren Kali zu Zündhölzchen, beschäftigt. Mutmaßlich hatte sich dieses gefährliche Salz durch ein zu starkes Reiben oder dergleichen entzündet und die Ursache des Unglücks herbeigeführt. Die Explosion erschütterte das ganze Gebäude, zertrümmerte die Fenster nach allen Seiten und zerbrach selbst die starken Eisenstangen, welche sich vor den Fenstern befanden. Die darüber befindlichen Gardinen aber waren zur Flamme entzündet.


Wackere Pioniere eilten sogleich zur Rettung herbei und stiegen mutig, von Qualm umhüllt und Flammen über den Köpfen, durch die Eisenbreche. Der erste Gegenstand, den sie innerhalb des Fenstergerüstes berührten, war der Unglückliche selbst. Sie fanden ihn, dem Anschein nach, leblos in eine Ecke des Zimmers geschleudert und in einem schrecklichen Zustand. Das Gesicht des Leidenden war völlig entstellt und zerrissen; eines Auges, der Nase und der Ohren beraubt. Eben so war der linke Arm vom Körper getrennt und wurde erst am anderen Morgen vorgefunden. Leider kehrte derUnglückliche noch einmal zum Leben und mit ihm zu Empfindung der schrecklichen Schmerzen zurück.


Die Pioniere legten ihn auf ein Kanapee, bedeckten ihn mit einem Bettzeug und trugen ihn eiligst nach dem Stadtlazarett, wo ihn, bei der dort vorherrschenden vortrefflichen Einrichtung, die schleunigste Hilfe und etwa mögliche Rettung werden konnte. Hier wurde nun, zur Vermeidung des Brandes, der Stummel des zerschmetterten Arms amputiert. Doch die körperliche Zerstörung war zu groß. Nach 23 Uhr hatte der Leidende vollendet.


Herr Apotheker Weiß war Mitglied mehrerer gelehrten Gesellschaften und Lehrer an der Kunst- und Handwerksschule zu Danzig. Er war ein Botaniker und Chemiker ersten Ranges, der sich nicht allein durch Bildung der Tugend, sondern auch durch Entdeckung und Beschreibung mehrere, in der nächsten Umgebung der Stadt wachsenden, seltenen Kräuter und Pflanzen bleibende Verdienste um Danzig erworben hat. Als Chemiker hatte er nicht nur eifrig die Meisterwerke im Gebiet dieser herrlichen Wissenschaft sich gänzlich zu eigen gemacht. Sein schaffender Geist drang auch mit unermüdlicher Tätigkeit vorwärts zu neuen Entdeckungen. Er war gleichsam ein Mann, der mit Leib und Seele der Geisterwelt angehörte, der, so weit es Menschen vergönnt ist, den Schleier der geheimnisvollen Natur gelüftet hatte und neue Lichtblicke in ihren Zauberkreis wagte.


Die reichen praktischen und theoretischen Erfahrungen, welche Weiß während einer Reihe von Jahren in seinem Kunstfach gesammelt hatte, lassen wohl kaum vermuten, dass er bei der Bereitung eines so gefährlichen chemischen Präparats nicht jede mögliche Vorsicht benutzt haben sollte. Zwar kann die Form auch in der Hand des Meisters zerbrechen, ein Funke des Zufalls kann die Lawine des Unglücks auf unser Haupt schleudern. Es ist auch möglich, dass sein Geist bei der Bearbeitung des genannten Präparats zu einer neuen Idee überschweifte und er versuchte es vielleicht, durch Hinzufügung einer neuen Ingredienz dieses Präparat zu vervollkommnen, wobei die Explosion erfolgte."

 

Textquelle: Westphalia, ein Unterhaltungsblatt vom 16. Juni 1832

Bildquelle oben: The history of Detroit and Michigan or, the metropolis illustrated", 1884


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