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Der Soldat in der deutschen Vergangenheit Teil 13

So begann man die Mauer durch angeschüttete Erde zu verstärken und vorgeschobene hölzerne Bollwerke anzulegen, denen später Steinbauten folgten; der Übergang zur Befestigung durch Wall und Bastionen war gegeben. Größere Städte wiesen bereits am Schluss des 14. Jahrhunderts eine ansehnliche Armierung auf; der Büchsenmeister war der erste ständig besoldete Kriegsmann.


Die scharf ausgeprägten Besonderheiten des neuen Standes und seine Erfolge erzeugten früh ein starkes Standesbewusstsein. Noch wirkte die mittelalterliche Gebundenheit, die den Einzelnen nur im Verband einer Genossenschaft Geltung gewinnen ließ, und dass viele der Landsknechte dem Zunftverband entstammten, wird nicht ohne Einfluss auf die neue Berufsbildung geblieben sein. Es ist dieselbe strenge Beobachtung von Formen und Bräuchen, dieselbe missgünstige Monopolisierung. Diese machte sich geltend gegenüber den Versuchen von Fürsten und Städten, sich von den teuren und unzuverlässigen Söldnertum unabhängig zu machen, indem man die alte Kriegstüchtigkeit der eigenen Untertanen wiederbelebte. Auf das eifrigste warnen die Söldnerführer, die schriftstellerisch tätig gewesen sind, vor der Verwendung ungeübten Landvolks, und der oben erwähnten ungenannte Wormser Kriegsmann schreibt: „Wenn man vor einer Stadt liegt, so soll ein Rat in einer Stadt nicht ohne fremde Leute oder Söldner sein um dreierlei Ursach willen. Die erste ist, wenn man vor einer Stadt liegt und darein schießt, so ist die Bürgerschaft weichherzig und sehen, dass ihre Weiber und Kinder erschrecken vor dem gräulichen Schießen, auch mangeln sie der Speis, und wenn sie dann selchen Schrecken an ihren Weibern und Kindern sehen, so begehren sie einen Vertrag, Gott gebe, er sei löblich oder unlöblich.

 

Die ander Ursach ist, dass man Leite soll haben zu solchen Nöten, die sich in Kriegsläufen etwas gebraucht und erfahren haben und mit solchen Dingen wissen umzugehen. Die dritte Ursach ist, so man geschickt Volk in einer Stadt hat, so ziehen sie etwa vor die Stadt und schädigen das Heer. So schlichen zu Hulft in Flandern (1488) 600 Knechte also aus der Stadt und fielen ungewahrt in das Heer aus dem Felde und schlugen viel zu Tode und brachten viel mehr gefangen mit sich in die Stadt denn Knechte aus der Stadt gezogen waren. Darum so soll eine Stadt zu solchen Nöten nit ohne Leute sein, die in solchen Dingen geübt sind.“ Mehr zunftmäßiger Abgunst als nationaler Empfindungen entsprang wohl auch die traditionelle Feindschaft zwischen Schweizern und Landsknechten. Der Ruf der Unbesiegbarkeit hatte den ersteren das Reisläufertum zu einem gewinnbringenden Erwerb gemacht, den sie sich ungern schmälern ließen. Um so größer war der Jubel der deutschen Knechte über die in der blutigen Arena Oberitaliens erstrittene zweifelosen Siege, den sie mit grimmigen Hohn würzten:

 

Wie ging es zu Mailande,
Da gab man ihnen den Lohn,
Die Landsknecht han sie funden,
Ihnen den Mesffübel bunden
Und schlugen´s aus dem Land,
Ist ihnen eine große Schand.

Belagerungsmaschinen und Schutzschirme im 15. Jhd. Handzeichnung im Germanischen Museum zu Nürnberg.
Belagerungsmaschinen und Schutzschirme im 15. Jhd. Handzeichnung im Germanischen Museum zu Nürnberg.

Die Schlacht – bei Bicocca – glich dem Zweikampf persönlicher Feinde. Im wilden Kriegsmut, mit Verachtung aller taktischen Vorsichtsmaßregeln stürmten die Schweizer, von einem Arnold Wintelried geführt, gegen die Stellung ihrer alten Feinde. In deren erstes Glied war, eine Hellebarde in der Faust, Fronsperg selbst getreten. Ihn, den einstiegen Kampfgenossen, erblickend rief der Schweizer Anführer: „Ha, treff ich dich hier, alter Gesell, du musst von meiner Hand sterben“ – Will´s Gott, du von der meinen“, war die Antwort. Der Spieß des Schweizers traf Fronsperg in den Schenkel, jener fiel durch eine Kugel. Ein Spiegelbild des altvererbten Hasses ist die volkstümliche Erzählung, wie nach der Schlacht von Marignano (1515) die erschlagenen Landsknechte nicht bei den Schweizern auf der gleichen Wallstatt liegen bleiben mögen. Vom Himmeltor weist sie Petrus ab, die Höllenpforte wird vor den wilden Gesellen geschlossen. Endlich weist Petrus sie nach einer Stätte, die da heißt Warteinweil, wo ihrer noch immer mehr werden sollen. Wie jeder Zunft bei selbstsüchtigem Abschluss nach außen die Ehrenpflicht möglichst guter Leistungen oblag, so galt es auch beim Kriegshandwerk.

Übersteigen der Stadtmauer. Holzschnitt aus Livius. Mainz 1523.
Übersteigen der Stadtmauer. Holzschnitt aus Livius. Mainz 1523.
Belagerung und Aufschütten von Dämmen. Holzschnitt aus Livius. Mainz 1523.
Belagerung und Aufschütten von Dämmen. Holzschnitt aus Livius. Mainz 1523.

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Quelle Bild und Text: "Der Soldat in der deutschen Vergangenheit" miteinhunertdreiundachtzig Abbildungen und Beilagen nach den Originalen aus dem 15. - 18. Jahrhundert, von Georg Liebe; Leipzig, 1899.