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Trachten des 15. Jahrhunderts Teil 5

Historische Zeichnung Bildnis von Till Eulenspiegel Mittelalter
Till Eulenspiegel in der Tracht des 15. Jahrhunderts, nach einer kolorierten Zeichnung aus einem Reisebuch.

 

Till Eulenspiegel in der Tracht des 15. Jahrhunderts, nach einer kolorierten Zeichnung aus einem Reisebuch, welches sich im Besitz des Verfassers befindet. Dieses Reisebuch ist von einem gewissen Friedrich Stadalmann, welcher Baumeister war und noch mehrere andere Ämter versah, geschrieben. Er begleitete den Gotthard Freiherrn zu Herberstein, Neuperg und Guttenberg auf einer Reise 1607 - 1610 durch mehrere Länder und verzeichnete dabei alles, was ihm merkwürdig schien. Zu Mölln im Lauenburgischen fand er auf dem Rathaus das Bildnis, welches er in genanntem Reisebuch abbildete, wie folgende Stelle aus demselben beweist:

 

„Auf dem Kirchhofs Lait Tyl Eulenspiegel, welches sein Contrafet hierbei zursach, welches der Rath zu Möllen mit großem Vleis sein Biltnus auf dem Rathhaus Behalten wegen seiner vielgetriebenen schalkheit, Und wehr Jme wil abmalen lassen muß bei dem Stattschreiber anhalten, dasz Jm sein rechte abcontraseung Jme nachzumalen von dem Rathhaus geliehen würtet, desgleich wier auch getan.“

 

Till Eulenspiegel, dessen lustige und mitunter boshafte Streiche durch viele Volkssagen und Bücher verbreitet sind, starb schon im Jahre 1350. Das oben erwähnte Bildnis aber wurde, wie seine Tracht durchaus beweist, erst im 15. Jahrhundert, wohl hundert Jahre nach seinem Tod gefertigt. Wir geben durch diese Figur keine Vorstellung von Eulenspiegels Person, sondern stellen sie hier nur als ein Trachtenbild aus der Mitte oder zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts auf.

 

Wiewohl man bei dem Gedanken an Eulenspiegel versucht ist, diese bizarre Tracht für die eines Gauklers oder Narren zu halten, so ist sie doch nichts anderes, als der ganz gewöhnliche Anzug eines jungen Mannes der genannten Zeit. Die anliegende Unterkleidung, der sehr kurze Mantel, die Schnabelschuhe und das mi-parti, in Schnitt wie Farbe, findet man im 15. Jahrhundert bis zur höchsten Übertreibung ausgeartet. Was dieses Bild als das des Eulenspiegels bezeichnet, sind allein die ihm beigegebenen Attribute, als: ein Korb und Becher mit Schalksnarren, der Hund mit der Schellenkappe und das Wappen Eulenspiegels, eine von hinten gesehene Narrenhaube mit Spiegel und einer Eule darauf. Dieses Wappen befindet sich auch auf Eulenspiegels Grabstein, welcher aber ebenfalls lange nach dessen Ableben gesetzt wurde.

 


Französische Trachten aus dem 15. Jahrhundert, gezeichnet von Karl Regnier nach einer Gruppe aus den gewirkten Tapeten.
Französische Trachten aus dem 15. Jahrhundert, gezeichnet von Karl Regnier nach einer Gruppe aus den gewirkten Tapeten.

 

Französische Trachten aus dem 15. Jahrhundert, gezeichnet von Karl Regnier nach einer Gruppe aus den gewirkten Tapeten, welche zu Nancy in der Tournelle (Kriminalkammer) sich befinden. Als Karl der Kühne, Herzog von Burgund, im Jahr 1477 in der Schlacht bei Nancy getötet wurde, fielen die bedeutenden Schätze, mit welchen sein Lager ausgeschmückt war, bestehend in einer Reihenfolge solcher gewirkten Teppiche und anderen in Gold und Edelsteinen hervorragenden Kunstschätzen als Kriegsbeute in die Hände der Schweizer. Ein großer Teil davon befindet sich noch jetzt in dem Erlacher Hof zu Bern.

 

Diese kostbaren Tapeten kamen in den Besitz der Herzöge von Lothringen und schmückten von Renatus II. an lange Zeit den herzoglichen Palast. Gegenwärtig befinden sie sich dem größeren Teil nach in den Verhörzimmern der Tournelle, wo sie drei Wände bedecken, ein kleineres Stück bildet eine Seite von dem Sitzungssaal derselben.

 

Die Tapeten gehören zu den berühmten alten flamländischen Arbeiten dieser Art, welche aus sehr feiner Wolle gewebt und mit Gold und Seide durchzogen sind.

 

Auf diesen Tapeten werden in einer Reihe von allegorischen Bildern das Wohlleben und die üblen Folgen desselben dargestellt. Zuerst erscheint die „gute Gesellschaft“ beim „Mittagsessen“, dann bei dem „Abendessen“, hierauf das „Bankett“ (alles dieses durch Personen versinnbildlicht). Darauf folgen die daraus entstehenden „Krankheiten“, gleichfalls durch Personen dargestellt; diese fallen über die „gute Gesellschaft“ und ihr Gefolge her und töten viele. Die Übriggebliebenen führen Klage vor dem Richter, welcher „Bankett“ und „Abendessen“ verurteilt.

 

Die auf allen diesen Bildern vorkommenden Trachten, Zimmereinrichtungen und Gerätschaften tragen genau das Gepräge der Periode von der Mitte bis gegen das Ende des 15. Jahrhunderts. Wir bezeichnen diese Trachten als Französisch, insofern man die Kostüme wegen einzelner Eigentümlichkeiten einem besonderen Land zuzuschreiben vermag. Ein wesentlicher Unterschied aber findet im Mittelalter in den christlichen Ländern nicht statt, wie wir schon mehrfach betonten und durch Zusammenstellung von Trachten verschiedener Völker werden wir immer mehr die Überzeugung gewinnen, dass in allen kultivierten Ländern des Mittelalters die Trachten ziemlich gleich waren, also mehr die Zeit als die Länder den Unterschied der Kleidung bildeten.

 

Unter dem Wenigen, was der französischen Tracht besonders eigen war, müssen wir bei diesen Teppichen wieder die Kopfputze der Frauen hervorheben, wiewohl auch diese nicht ganz ohne Nachahmung in anderen Ländern geblieben sind (vergl. Tafel 323 und 324).

 

Die Kostüme dieser Teppich-Figuren sind, wie man sich durch Vergleichung leicht überzeugen kann, ganz getreu dem Zeitalter, aus welchem die Teppiche stammen, mit Ausnahme derjenigen Figuren, welche die Folgen der „Unmäßigkeit“, die „Krankheiten“ vorstellen und der Wachen, welche die Gefangenen ab- und zuführen, deren Tracht mehr oder weniger fantastisch erscheinen, die der Letzteren besonders darin, dass man einzelne Teile, z. B. Helme usw., dem Römischen entlehnte und mit dem Mittelalterlichen vermischte.

 

Fantasien dieser Art in Bildern anzubringen, beginnt in Deutschland erst im Laufe des 16. Jahrhunderts, in Italien aber früher, da man sich dort in der Kunst überhaupt früher zur Wiederaufnahme des Antiken hinneigte.

 

Unsere hier aus der Reihenfolge genommene Darstellung zeigt in einer auf dem Thron sitzenden Fürstin die „Erfahrung“. Die Frauen, welche dieselben umgeben, sind gleichfalls allegorische Personen, welche die Hilfe, Nüchternheit, Diät usw. vorstellen. Die vor ihr knienden Personen sind die bisherigen Anhänger der Unmäßigkeit, welche aber, von den üblen Folgen belehrt, hier als Ankläger der Gelage erscheinen.

 

Das Kostüm der Fürstin zeichnet sich nur durch größere Pracht vor dem der anderen Frauen aus. In diesem Bild sind fast alle Hauptformen der französischen Damenkopfputze jener Periode repräsentiert. Bezeichnend für die französische Frauentracht ist der Lendner (anliegendes Kleid), welcher auf beiden Seiten unter den Armen bis auf die Hüften ausgeschnitten ist und daselbst das Unterkleid sehen lässt. Wir sehen ihn bei der Dame vor dem Schachbrett. Einige Damen tragen in dem Halsschmuck Schellen von länglich gewundener Form, welche um diese Zeit ebenso oft als die runden vorkommen.

 


Bischof aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, gezeichnet nach einem Ölgemälde jener Zeit von dessen Besitzerin Susanna Hoffstadt.
Bischof aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, gezeichnet nach einem Ölgemälde jener Zeit von dessen Besitzerin Susanna Hoffstadt.

 

Die Tracht dieses Bischofs weicht wesentlich von der jener Bischöfe ab, die wir aus früheren Jahrhunderten darstellten. Die Insul ist viel höher und die beiden Spitzen neigen sich oben etwas gegeneinander.

 

Die ehemalige Form der Casula ist ganz verschwunden; er trägt dafür einen Mantel (Pluviale), welcher aus einem viereckigen Stück geschnitten und auf der Brust durch eine Agraffe zusammengehalten ist. Der zierliche Bischofsstab ist rein im gotischen Stil, wie auch die originellen Verzierungen des Mantels ganz den Geschmack des 15. Jahrhunderts zeigen. Zur größeren Auswahl für Maler fügen wir aus beiden Seiten des Bischofs noch Ornamente bei, Fragmente von Kirchenornaten aus derselben Periode.

 



Trachten des 15. Jahrhunderts Teil 4 Bd. 5

Trachten des 15. Jahrhunderts Teil 2 Bd. 5

Trachten des 15. Jahrhunderts Teil 1 Bd. 5